An diesem Sonntag jährt sich zum 80. Mal die Zerstörung von Mainz-Kastel im Zweiten Weltkrieg – ausgerechnet am Tag des Offenen Denkmals. Denn auch der Brückenkopf von Mainz auf der rechten Rheinseite wurde Opfer eines Bombenangriffs der Alliierten: Am 8. September 1944 wurde Mainz-Kastel stark zerstört, auch Teile von Mainz-Kostheim wurden getroffen. Im Museum Castellum in der Reduit erinnert ab dem 8. September eine Ausstellung an das Ereignis – und am Sonntag ruft die Unsichtbare Römergarde dazu auf, ein Zeichen der Erinnerung setzen: Mit hupendem Gedenken auf der Theodor-Heuss-Brücke.

Blick über die Theodor-Heuss-Brücke nach Mainz-Kastel,. das bis 1945 ein Stadtteil von Mainz war und von den Römern als Brückenkopf auf dem feindlichen Ufer gegründet wurde. - Foto: gik
Blick über die Theodor-Heuss-Brücke nach Mainz-Kastel,. das bis 1945 ein Stadtteil von Mainz war und von den Römern als Brückenkopf auf dem feindlichen Ufer gegründet wurde. – Foto: gik

Mainz war als Eisenbahnknotenpunkt und als Hafen am Rhein für die Alliierten im Zweiten Weltkrieg ein nicht ganz unwichtiges strategisches Ziel, das auch im „Bomber’s Baedecker“, einer Liste von Angriffszielen des britischen Ministeriums für Kriegsführung, mehrfach Erwähnung fand. Als Kriegsrelevant galten nicht nur Bahnhof und Hafen, sondern auch die Rheinbrücken sowie die chemischen Werke von Degussa und Werner & Mertz sowie das MAN Werk in Gustavsburg und die Waggonfabrik in Mainz-Mombach.

Die Folge: Ab 1942 wurde Mainz mehrfach Ziel von alliierten Bomberangriffen, die am 27. Februar 1945 im „Inferno von Mainz“ mit der großflächigen Zerstörung der Stadt mündeten. Doch nicht nur die Innenstadt von Mainz war betroffen, auch rechts des Rheins war damals noch Mainz: Die rechtsrheinischen Stadtteile Kastel und Kostheim gehörten bis 1945 zu Mainz, dann zogen die Amerikaner mitten im Rhein neue Stadtgrenzen – seither gehört „AKK“ zu Wiesbaden.

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Inferno von Kastel: Am 8. September 1944 schwer getroffen

Am 8. September 1944 rauschten alliierte Bomber auf Mainz an, und dieses Mal wurden Kastel und Teile von Kostheim schwer getroffen. 34 Minuten lang dauerte der Angriff, bei dem rund 90 Prozent des alten Kasteler Ortskerns zerstört wurden. In dem Bombenhagel starben mehr als 300 Menschen, die meisten davon Zivilisten, weitere 115 Tote waren in angrenzenden Teilen von Mainz-Kostheim zu beklagen.

Das nach dem Bombenhagel zerstörte Kastel: 90 Prozent des alten Ortskerns lagen danach in Trümmern. - Foto: AKK Kulturtage
Das nach dem Bombenhagel zerstörte Kastel: 90 Prozent des alten Ortskerns lagen danach in Trümmern. – Foto: AKK Kulturtage

Zum Gedenken an den dunklen Tag vor genau 80 Jahren wird am Sonntag im „Museum Castellum“ in der Reduit eine Ausstellung „Bombardierung und Zerstörung von Kastel“ der Gesellschaft für Heimatgeschichte Kastel eröffnet. Am Abend findet dann um 18.00 Uhr eine Gedenkveranstaltung auf dem Friedhof in Mainz-Kastel statt.

Doch obwohl Kastel damals noch ein Stadtteil von Mainz war, sei aus dem Mainzer Rathaus zu dem Termin nichts zu vernehmen, kritisiert Christian Vahl, Chef der „Unsichtbaren Römergarde“: „Der Tag der Bombardierung jährt sich zum 80. Mal, aber in Mainz scheint es niemanden zu interessieren, das empfindet bei uns keiner als richtig“, sagte Vahl im Gespräch mit Mainz&. Die „Unsichtbare Römergarde“ ruft deshalb bereits seit Tagen zu einer besonderen Aktion auf: „Wir rufen auf, zwischen 12.00 Uhr und 13.00 Uhr mit dem Auto über die Theodor-Heuss-Brücke zu fahren, und dabei zu hupen.“

Unsichtbare Römergarde: Hupen auf Brücke zum Gedenken

Die Mittagsstunde sei genau der Zeitpunkt des Bombenangriffs gewesen, erklärt Vahl, deshalb wolle man „ein Zeichen der Solidarität“ setzen. Er wisse von rund 20 Fahrzeugen – Oldtimern und anderen – die zu unterschiedlichen Zeitpunkten über die Brücke fahren und dabei mit Hupen auf das Gedenken aufmerksam machen wollten.  „Wir sind gegen diese Kultur des Vergessens“, betont Vahl, „wir als Garde fühlen uns verspflichtet, unserer Solidarität zu bekunden, und auf den Tag der Bombardierung hinzuweisen.“

An die dunkle Stunde vor 80 Jahren erinnert ab Sonntag eine Sonderausstellung im Museum Castellum in der Reduit in Mainz-Kastel. - Foto: Verein für Heimatgeschichte Kastel
An die dunkle Stunde vor 80 Jahren erinnert ab Sonntag eine Sonderausstellung im Museum Castellum in der Reduit in Mainz-Kastel. – Foto: Verein für Heimatgeschichte Kastel

Die „Unsichtbare Römergarde“ hatte kürzlich ihr Hauptquartier von der „Taberna Academica“ in der Römerpassage in die Reduit nach Mainz-Kastel verlegt, und ist nun unmittelbarer Nachbar des Museums Castellum, das auch die antike Geschichte des einstigen römischen Brückenkopfes auf dem Gebiet der Kelten dokumentiert. Vahl hätte sich sogar vorstellen können, den Tag des Offenen Denkmals in Mainz auf das Geschehen vor 80 Jahren auszurichten.

„Ich hätte mir gewünscht, dass man sagt: Wir leben wieder in Kriegszeiten, wieder werden Unschuldige bombardiert, dieses Mal in der Ukraine“, sagte Vahl – auch Kastel sei am helllichten Tag zerstört worden. „Was hätte nähergelegen, als so einen Denkmaltag auch auf so ein Ereignis hin auszurichten?“ Deswegen wolle die Garde des Tages auf dem verbindenden Denkmal zwischen den beiden Orten, der Theodor-Heuss-Brücke gedenken – und rufe jeden Mainzer, der zwischen 12.00 Uhr und 13.00 Uhr über die Brücke fahre auf, mitzumachen: „Jeder kann mitmachen, einfach die Hupe drücken“, sagte Vahl, „und damit sein Gedenken ausdrücken an das, was hier vor 80 Jahren Schreckliches passiert ist.“

Info& auf Mainz&: Mehr zum Museum Castellum in der Reduit, der Ausstellung und ihrer Öffnungszeiten findet Ihr hier im Internet. Die Ausstellung „80 JHahre Bombardierung und Zerstörung von Kastel“ wird am Sonntag, den 8. September 2024 um 10.30 Uhr eröffnet und ist an diesem Sonntag bis 17.00 Uhr geöffnet. Die Ausstellung ist danach noch bis zum 17. November 2024 zu sehen. Mehr zu dem, was am Tag des Offenen Denkmals in Mainz zu sehen ist, lest Ihr hier bei Mainz&.