Rheinland-Pfalz kehrt Stück für Stück zur Normalität zurück, ab dem 3. Mai sind nun auch Gottesdienste in den Kirchen wieder erlaubt. Möglich werden die Andachten in den Gotteshäusern allerdings nur unter strengen Hygiene- und Sicherheitsauflagen: Die Zahl der Gläubigen wird begrenzt, auch hier muss 1,50 Meter Abstand gehalten werden, Teilnahme ist nur nach Voranmeldung möglich. Dazu gelten Maskenpflicht und Einbahn-Regelungen, eine gemeinsame Kommunion ist ebenso untersagt wie Taufen oder Hochzeiten oder gemeinsames Singen. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bekannte deshalb, er sei zwiegespalten: Eine Rückkehr zu vollwertigen Gottesdiensten sei das noch lange nicht.
Mit dem Shutdown von Schulen, Kitas und Geschäften ab dem 16. März hatte die Politik auch Gottesdienste in geschlossenen Räumen untersagt – aus gutem Grund: Religiöse Versammlungen auf engstem Raum erwiesen sich quasi als Brandbeschleuniger in der Corona-Pandemie, ein Gottesdienst mit mehreren Hundert Gläubigen im Süden des Elsass hatte in der französischen Region eine Katastrophe mit Tausenden Toten ausgelöst. Das Bistum Mainz untersagte deshalb sehr frühzeitig Gottesdienste, was auch für Kritik sorgte – die Sensibilität war in Mainz vielleicht deshalb besonders groß, weil Bischof Kohlgraf selbst zwei Wochen in Corona-Quarantäne musste.
Seither fanden Gottesdienste nur virtuell via soziale Medien statt, Kohlgraf selbst feierte die Osternacht beinahe allein in der Gotthard-Kapelle des Mainzer Doms, der Gottesdienst wurde live im ZDF übertragen, Es wurde eine bewegende Übertragung und ein Highlight in Sachen Fernsehgottesdienste, doch ein Ersatz für eine große gemeinsame Messe im Mainzer Dom konnte der digitale Gottesdienst natürlich nicht sein. Eine große Messe im Dom wird es aber auch noch eine ganze Weile nicht geben, denn die Coronapandemie ist nicht vorbei. Am Mittwoch stieg die Zahl der mit dem neuen Coronavirus-Infizierten in Deutschland auf über 160.000, 6.374 Menschen starben inzwischen an der Lungenkrankheit Covid-19.
Am Mittwoch kündigte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) nun in einer Regierungserklärung im Mainzer Landtag an, ab dem 3. Mai seien Gottesdienste wieder möglich. Für Hessen gilt das bereits ab dem 1. Mai, doch beide große Kirchen äußerten sich zurückhaltend: Ein Neuanfang unter den Bedingungen der Epidemie solle „gut überlegt und bewusst gestaltet werden“, mahnte die Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), zum Einstieg könnten verkürzte Gottesdienste in kompakter Form helfen. Mediale Gottesdienstformate in Rundfunk, Fernsehen und auch im Internet blieben weiter wichtig, in den vergangenen Wochen entstandene neue Formate sollten weitergeführt werden.
„Es kann auch eine geistlich gut verantwortete Entscheidung sein, noch eine Zeit lang auf die gottesdienstliche Versammlung zu verzichten“, mahnte EKHN-Kirchenpräsident Volker Jung: „Abstand halten war und ist für mich in dieser Zeit ein Akt der Nächstenliebe.“ Jung empfahl seinen Gemeinden, sich ausreichend Vorbereitungszeit für einen Neuanfang zu nehmen, vielerorts würden erst am 10. Mai oder auch später wieder in den Kirchen Gottesdienste gefeiert. „Ausdrücklich betone ich, dass mit der Möglichkeit, Gottesdienste in den Kirchen zu feiern, keine Verpflichtung dazu besteht“, sagte Jung. Schließlich sei das Ziel des Gottesdienstverbotes, ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen besonders zu schützen, weiter aktuell.
Bei der EKHN hat man ebenso wie in den katholischen Bistümern umfangreiche Schutzkonzepte entwickelt, für beide Kirchen gilt: Auch in den Kirchenräumen muss unbedingt auf Abstand geachtet werden, auch zwischen den Gläubigen muss beim Sitzen ein Abstand von 1,50 Metern herrschen. Nebeneinander dürfen nur Personen sitzen, die in einem Hausstand leben, im Bistum Mainz gilt zudem eine Maskenpflicht beim Vertreten und Verlassen der Kirche. Gemeinsames Singen ist ebenso verboten wie der Einsatz von Chören oder Orchestern – während der Coronapandemie hatten sich mehrere Chöre als Infektionsherde erwiesen, weil hier natürlich die Luft mit besonderem Schwung ausgestoßen wird und so das Virus besonders gut übertragen wird. Mehr zuum Thema Singen, Aerosole und Übertragungsweg des Virus lest Ihr hier in diesem Text.
Taufen, Trauungen und Kommunionen sind auch deshalb weiter nicht möglich, ebensowenig eine gemeinsame Kommunion, Wallfahrten bleiben ausgesetzt. Wer Symptome einer Atemwegserkrankung oder Fieber hat, darf nicht teilnehmen. Das Betreten und Verlassen der Kirchen soll durch Einbahn-Regelungen geleitet werden, die Anzahl der Gläubigen wird durch die Abstandsregeln stark begrenzt – und sie müssen sich anmelden und Name und Anschrift in Listen hinterlassen, um eine Nachverfolgung bei möglichen Ansteckungen zu gewährleisten.
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sprach deshalb auch von einer „Notlösung“: Die Gottesdienste könnten „ein kleiner Schritt sein, der hoffentlich sensibel gestaltet wird, damit es nicht zu einer erneuten Verschärfung kommen muss“, mahnte er: „Mit der Möglichkeit, künftig wieder Gottesdienste mit einer erweiterten Öffentlichkeit zu
feiern, sind wir noch lange nicht in der Normalität angekommen.“ Und Kohlgraf bekannte auch: „Meine persönliche Gefühlslage ist zwiespältig.“ Zwar freue er sich auf gemeinsame Gottesdienste, eine echte Feier der Gemeinschaft in den Gemeinden sei das aber noch nicht.
„Eine Heilige Messe ist ja immer mehr als die Gültigkeit der Abläufe und die nur individuelle Christusbegegnung in der Eucharistie, sie ist eine Feier der Kirche, die sich in der örtlichen Gemeinde versammelt“, sagte Kohlgraf. Er lade deshalb je nach örtlichen Möglichkeiten dazu ein, „in kleineren Gruppen unter den genannten Bedingungen auch andere Gottesdienstformen zu pflegen, und so eine betende Gemeinschaft der Kirche zu
bleiben.“
Das Bistum Mainz ermutigt denn auch ausdrücklich die Gemeinden dazu, von der Möglichkeit, Gottesdienste im Freien durchzuführen, in den kommenden Sommermonaten „großzügig Gebrauch zu machen.“ Weihbischof Udo Bentz empfahl den Gemeinden des Bistums Mainz denn auch, frühestens ab Montag, dem 4. Mai, wieder Gottesdienste
zu feiern: Die strengen Auflagen ließen sich bei kleineren Werktagsgottesdiensten mit ihrer
normalerweise geringeren Besucherzahl zunächst einfacher umsetzen. Die Entscheidung, ob Gottesdienste stattfinden und ob eine Kirche dafür geeignet ist, sollen die Pfarrer vor Ort treffen.
Info& auf Mainz&: Das ganze Schreiben des Bistums Mainz sowie das gesamte, ausführliche Schutzkonzept findet Ihr hier im Internet, das Schutzkonzept der EKHN gibt es genau hier. Alle Informationen über die Corona-Pandemie mit allen Entwicklungen findet Ihr weiter hier auf Mainz& – am Ende der Seite könnt Ihr Euch durch die ganzen Artikel zurückblättern, dort findet Ihr den Button dazu.