Die Lebensmittel-Tafeln in Rheinland-Pfalz stehen vor einem schwierigen Winter: Die galoppierende Inflation macht vielen ärmeren Menschen zu schaffen, dazu kommt die gestiegene zahl an Flüchtlingen, vor allem durch den Ukraine-Krieg – und jetzt auch noch eine nachlassende Spendenbereitschaft und steigende Energiekosten. Am Samstag sammelte der unabhängige OB-Kandidat Nino Haase in der Mainzer Altstadt Spenden für die Mainzer Tafel – rund 250 Stoffbeutel wurden von Mainzern mit Spenden gefüllt. Wir haben mit Nino Haase über die Aktion gesprochen.
Die Tafeln in Rheinland-Pfalz stehen vor einem schweren Winter: Seit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine kommen mehr und mehr Flüchtlinge, die galoppierende Inflation bringt viele ärmere Menschen an ihr Existenzlimit. „Die Tafeln stoßen an ihre Grenzen, nie kamen so viele bedürftige Menschen zu ihnen wie zurzeit“, sagte CDU-Landeschef Christian Baldauf Mitte November. Die Energiekrise und die hohen Preise, etwa für Benzin, machten den Organisationen jetzt noch zusätzlich schwer zu schaffen.
Baldauf hatte von der Landesregierung deshalb ein Hilfspaket für die rund 55 Tafeln in Rheinland-Pfalz gefordert: „Jetzt brauchen jene unsere Hilfe, die unermüdlich anderen helfen“, sagte Baldauf. Viele Tafeln im Land hätten bereits einen Aufnahmestopp verhängen müssen, weil sie die zunehmenden Anfragen nicht mehr meistern könnten – auch in Mainz war das bereits im Sommer der Fall. Baldauf hatte auch die Landesregierung kritisiert, den Tafeln nicht genügend zu helfen, und auf einen Hilferuf nicht zu reagieren – allein die Benzinkosten für die Abholung von Lebensmitteln seien um 150.000 Euro gestiegen.
Rheinland-Pfalz: 125.000 Euro für Tafeln, Hessen: 2,2 Millionen
Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD) hatte daraufhin mitgeteilt: Rheinland-Pfalz habe eine Sonderförderung von bis zu 75.000 Euro für Ausgaben beschlossen, die den Tafeln durch die derzeit hohen Energiekosten entstünden. „Insgesamt werden die Tafeln in Rheinland-Pfalz im Winter damit mit rund 125.000 Euro gefördert“, sagte Schweitzer laut SWR online, das seien 115.000 Euro mehr als noch 2021.
Die Überlastung der Tafeln ist ein bundesweites Thema, das Nachbarland Hessen hatte Anfang November bereits angekündigt, den hessischen Tafeln allein in diesem Jahr mit weiteren 2,2 Millionen Euro unter die Arme zu greifen. „Mit unserer erneuten Unterstützung sichern wir den Bestand der Tafeln auch in schwierigen Zeiten“, betonte der hessische Sozialminister Kai Klose (Grüne). An den hessischen Tafeln seien seit Jahresbeginn 35.333 Personen neu aufgenommen worden, der weitaus größte Teil, rund 25.000 Menschen, seien geflüchtete Menschen aus der Ukraine.
In Mainz werden die Tafeln nun auch Gegenstand des OB-Wahlkampfes: Der grüne OB-Kandidat Christian Viering hatte bei seiner Nominierung Ende Oktober angekündigt, er wolle die Armutsbekämpfung zu einem Schwerpunkt machen, und gerade auch den Kunden der Mainzer Tafel zuhören: „Ich will diesen Menschen zuhören, mit Mitarbeitern und Kunden der ‚Tafeln‘ reden und ihnen das Gefühl geben: Ihr werdet gesehen“, hatte Viering angekündigt. Eine Stadtgesellschaft könne „nur dann stark sein, wenn wir die Schwächsten in unserer Stadt nicht zurück lassen.“
Stadt Mainz unterstützt Tafeln bisher nicht
Die Stadt Mainz unterstützt die Lebensmittelausgaben der Mainzer Tafel oder auch der entsprechenden Caritas-Brotkörbe bisher übrigens nicht: „Sowohl die Brotkörbe der Caritas als auch die Mainzer Tafel finanzieren sich selbständig und erhalten keine kommunale finanzielle Unterstützung“, hatte Sozialdezernent Eckart Lensch (SPD) noch am 21. September im Mainzer Stadtrat auf Anfrage der AfD mitgeteilt. Eine Unterstützung sei „bisher nicht geplant und wurde von den Institutionen auch nicht thematisiert“, fügte der Sozialdezernent hinzu.
Am Samstag nun veranstaltete der unabhängige OB-Kandidat für Mainz, Nino Haase, eine Spendenaktion zugunsten der Mainzer Tafel: Von 9.00 Uhr an wurden in der Augustinerstraße Spendenbeutel ausgegeben, die von den Mitmachwilligen dann mit Einkäufen auf dem Mainzer Markt gefüllt wurden. Die Aktion stand unter dem Motto „Mainz teilt gemeinsam“, bis zum frühen Nachmittag kamen fast 250 Beutel mit gespendeten Lebensmitteln zusammen. Mainz& hat mit Nino Haase, der von den Freien Wählern unterstützt wird, über die Aktion gesprochen:
Spendenaktion Haase für Tafel: Mainz teilt gemeinsam
Frage Mainz&: Hallo Herr Haase, was ist das hier für eine Aktion?
Nino Haase: Wir hatten 250 Beutel ausgegeben, und ungefähr diese Größenordnung müsste zurückgekommen sein, plus einige zusätzliche Taschen. Es ging von Anfang an direkt kräftig los: Die Leute haben von 9.00 Uhr an viele Spenden vorbeigebracht, auch viele Geldspenden. Und es war sehr, sehr beeindruckend zu sehen, wie die Menschen zusammenstehen, wenn man ihnen eine kleine Hilfestellung gibt, und sie aufmerksam macht auf Problemstellungen – und das hat hier heute sehr, sehr gut funktioniert.
Frage Mainz&: Also man muss es den Menschen nur leicht machen, damit sie helfen?
Haase: So ist es. Ich glaube, die Bereitschaft zu helfen, ist an vielen Stellen gegeben. Die Menschen wollen helfen, viele können auch noch helfen, auch wenn die Zeit relativ unsicher, relativ hart ist. Ich denke, in Mainz sollten wir generell daran arbeiten, mehr bürgerschaftliches Engagement zu fördern, dafür braucht es aber auch eine Stadt, die mit den Menschen spricht. Dieser Zweiklang, dieses gegenseitige Befruchten ist ganz, ganz wichtig, damit Vertrauen geschaffen wird. Und ich glaube, diese Aktion hier ist ein tolles Zeichen, dafür, wie das in Mainz laufen kann.
Mainz&-Chefredakteurin Gisela Kirschstein: Ich hatte in der letzten Zeit eher das Gefühl, dass der Zusammenhalt abgenommen hat…
Haase: Das denke ich nicht: Ich denke, es ist für die Menschen immer noch wichtig, füreinander einzustehen und sich zu helfen. Aber manchmal, über all dem Alltag, all das Negative, was man so liest, da fällt es einem schwer, einen klaren Kopf zu behalten: Wo kann ich denn helfen, wie kann ich es denn effizient machen, was wird denn gebraucht? Und wenn man diese Vorarbeit den Menschen abnimmt, das sieht man ja heute, dann ist die Hilfsbereitschaft ungebrochen. Aber es braucht eben Leute, die das vorleben, und das haben wir heute getan.
Mainz&: Das heißt, das Prinzip war: Ihr habt die Stoffbeutel vorher gefertigt und mitgebracht – und wer hat sie dann befüllt?
Haase: Die Menschen kamen hier vorbei, haben sich einen Stoffbeutel abgeholt, sind damit auf den Markt, haben ihn vollgemacht und wieder zurückgebracht.
Mainz&: Die Menschen sind dann also für die Tafel einkaufen gegangen?
Haase: Richtig. Wir hatten eine Bedarfsliste mitgegeben, und das haben die Leute dann gebracht. Teilweise haben die Leute auch vorher schon was von Zuhause mitgebracht, das lief sehr, sehr gut. Ich vermute auch, dass der Großteil der Beutel auch wieder zurückkam – und da sieht man eben: Man kann den Menschen vertrauen, die meisten wollen helfen, und das ist toll.
Mainz&: Und das geht jetzt wohin?
Haase: Wir fahren das jetzt heute Nachmittag raus zu zwei Standorten: Einmal zur Tafel in der Heidelbergerfassgasse, und einmal zum Brotkorb in Mainz-Laubenheim. Wir haben nur Sachen reingenommen, die lagerfähig sind, haltbare Sachen, Hartkäse Reis, Nudeln, Konserven, aber auch Hygieneartikel, ganz viel Kaffee und Tee – das sind Sachen, die brauchen die Menschen.
Mainz&: Und warum diese ganze Aktion?
Haase: Wir stehen vor einem sehr, sehr herausfordernden Winter, da geht es eigentlich um Krisenvorsorge. Die Frage ist doch: Haben wir dafür auf Seiten der Verwaltung alles getan, auf den verschiedenen Ebenen? Ich wollte eben heute ein Zeichen setzen, gerade weil die Tafeln mit den Mehrbelastungen etwa durch die Ukraine-Flüchtlinge kämpfen, aber auch durch die zurückgehende Spendenbereitschaft leerlaufen – darauf wollte ich hinweisen. Und darauf, dass wir jetzt durch die ganzen Winter auch in Mainz immer daran denken, wenn es möglich ist, Lebensmittelspenden zu leisten, die werden aktuell immer benötigt, genauso wie Helferinnen und Helfer.
Dafür wollte ich ein Zeichen setzen: Mainz steht zusammen. Und wenn wir eine engagierte Bürgerschaft haben, und wenn wir eine Gemeinschaft hinbekommen zwischen Stadtspitze und Bürgerschaft in der Zukunft, dass hier sehr viel Potenzial und Energie schlummert, die man nutzen sollte – und das möchte ich auch als Zeichen senden: Das wäre für mich ein wichtiger Fokus an der Stadtspitze in meiner Amtszeit.
Mainz&: Herr Haase, wir danken für das Gespräch!
Info& auf Mainz&: Mehr zum OB-Kandidaten Nino Haase findet Ihr auch hier auf Mainz&, alle Infos und Hintergründe zur Mainzer OB-Wahl und zu allen Kandidaten findet Ihr hier in unserem Mainz&-OB-Wahl-Dossier. Wir arbeiten uns Stück für Stück durch die Programme und Ideen der einzelnen Kandidaten, also schaut immer mal wieder vorbei!