Beinahe hätte es für die Sensation am Mittelrhein gereicht: Nach Jahrzehnten stand mit Julia Lambrich aus Dellhofen bei Oberwesel endlich wieder einmal eine höchst vielversprechende Kandidatin im Finale zur Wahl der Deutschen Weinkönigin. Doch es sollte nicht sein: Jury und vor allem die Zuschauer kürten am Freitagabend in der live übertragenen Wahlgala Charlotte Weihl aus der Pfalz zur 76. Deutsche Weinkönigin. Julia Lambrich wurde gemeinsam mit Katharina Gräff von der Nahe Deutsche Weinprinzessin. Benachteiligt das neue Online-Voting die kleinen Weinanbaugebiete?

Schade: Die rheinhessische Weinkönigin Annalena Baum konnte sich am Freitagabend trotz guter Performance im Finale nicht durchsetzen. - Screenshot: gik
Schade: Die rheinhessische Weinkönigin Annalena Baum konnte sich am Freitagabend trotz guter Performance im Finale nicht durchsetzen. – Screenshot: gik

Zur Wahl waren insgesamt 12 Gebietsweinköniginnen der 13 deutschen Weinanbaugebiete angetreten, allein der Rheingau hatte in diesem Jahr keine Vertreterin zur Wahl nach Neustadt an der Weinstraße geschickt. Fünf der jungen Weinfachfrauen hatten sich vergangenen Samstag in der Fachbefragung für das große Finale am Freitagabend qualifiziert, darunter war auch Annalena Baum aus Rheinhessen. Die 25 Jahre alte Mainzerin, gebürtig aus Bingen, und als Oenologin bei der Sektkellerei Rotkäppchen-Mumm tätig hatte ein starke Fachbefragung hingelegt.

Am Freitagabend allerdings konnte Baum auf der großen Bühne bei der live übertragenen Wahlgala nicht so richtig glänzen. Erst erkannte sie als einzige der fünf Finalistinnen den Wein in der Blindweinprobe nicht, dann spielten andere viel lockerer und spritziger in den Spielen auf – es lief nicht recht für Annalena. Die Konsequenz: Als gegen 22.00 Uhr die erste Entscheidung über das künftige Majestätinnen-Trio fiel, war Baum nicht dabei.

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Bilderrätsel, Limmericks und ein ganzer Wein Escape Room

Ebenfalls aus dem Rennen war zu diesem Zeitpunkt dann auch Marie-Sophie Schwarz von der Mosel, damit war klar. Die Kandidatinnen von der Nahe und dem Mittelrhein, sowie aus der Pfalz würden die drei Kronen der höchsten deutschen Weinmajestätinnen unter sich verteilen. Die Vorwahlen hatte ein rund 70-köpfige Jury mit Vertretern aus Politik, Weinwirtschaft und Journalismus getroffen, Mainz& war übrigens in diesem Jahr nicht dabei – wir haben stattdessen vor zwei Wochen Levin McKenzie, den ersten Weinkönig von Rheinhessen mitgewählt.

Toller Auftritt, hohe Fachkompetenz: Am Ende wurde Katharina Gräff von der Nahe Deutsche Weinprinzessin. - Screenshot: gik
Toller Auftritt, hohe Fachkompetenz: Am Ende wurde Katharina Gräff von der Nahe Deutsche Weinprinzessin. – Screenshot: gik

In der Wahlgala mussten die Kandidatinnen erneut ihr Weinwissen beweisen, aber vor allem auch mit einem gelungenen öffentlichen Auftritt überzeugen. In amüsanten Spielen und kurzweiligen Gesprächen mit Moderator Holger Wienpahl ging es darum, Schlagfertigkeit, Charme und Teamfähigkeit zu beweisen. Da gab es Bilderrätsel und Limmerick-Reime zu entschlüsseln, einen ganzen Escape Room zum Thema Wein zu knacken und mit individuellen Reden Charme, Schlagfertigkeit und rhetorisches Geschick zu beweisen.

Und gerade bei Letzerem glänzten die drei Damen von Nahe, Mittelrhein und Pfalz ganz besonders: Katharina Gräff von der Nahe, Winzerin im Familienweingut in Mandel, und vor allem auch die 26 Jahre alte Julia Lambrich vom Mittelrhein, die in Geisenheim Internationale Weinwirtschaft studiert hat, überzeugten mit Charme und starken persönlichen Auftritten. Die Spannung war am Ende riesig, der Ausgang völlig ungewiss – denn erneut durfte das Publikum am Ende die Entscheidung treffen, wer die 76. Deutsche Weinkönigin werden würde. Und da galt dann: Welches Weinanbaugebiet kann die meisten Fans zur Online-Abstimmung motivieren?

Benachteiligt das Online-Voting kleine Weinanbaugebiete?

Die Gefahr bei dem Online-Voting: Große Weinanbaugebiete können hier bei gleicher Qualifikation einen Vorteil haben, weil sie schlicht mehr Fans organisieren können – kleinere Weinanbaugebiete können dabei das Nachsehen haben. So ging es dann auch tatsächlich aus: Um 22.30 Uhr verkündete Steffen Schindler vom Deutschen Weininstitut, die Krone geht an die Pfalz. Charlotte Weihs tritt nun die Nachfolge der Fränkin Eva Brockmann an und wurde von ihrer Vorgängerin gekrönt.

Beinahe hätte der Mittelrhein nach Jahrzehnten erstmals wieder eine Deutsche Weinkönigin gehabt - nun ist Julia Lambrich Deutsche Weinprinzessin. - Screenshot: gik
Beinahe hätte der Mittelrhein nach Jahrzehnten erstmals wieder eine Deutsche Weinkönigin gehabt – nun ist Julia Lambrich Deutsche Weinprinzessin. – Screenshot: gik

Das Gute dabei: Die drei höchsten Repräsentantinnen des Deutschen Weins verstehen sich heutzutage immer mehr als Team, die Deutschen Weinprinzessinnen stehen der Deutschen Weinkönigin inzwischen fast schon gleichberechtigt zur Seite. Ein Jahr lang werden nun also die 76. Deutsche Weinkönig9in Charlotte mit ihren Weinprinzessinnen Katharina und Julia im Dienste des deutschen Weins im In- und Ausland für die guten Tropfen aus deutschen Anbaugebieten werben.

Dass das auch im Jahr 2024 noch höchst zeitgemäß ist, gerade auch mit einer Krone auf dem Kopf, machte die scheidende Deutsche Weinkönigin Eva Brockmann zu Beginn der Sendung klar: „Die Frage, ob es noch notwendig ist, ob es die Krönchen noch braucht, die ist uns nicht nur einmal begegnet“, sagte Brockmann vor beginn der Livesendung: „Es ist eine Frage, bei der wir alle drei die gleiche Meinung vertreten – die Antwort wäre ein einfaches: Ja.“

Weinkönigin samt Krone: Zeitgemäß! Nächstes Jahr ein Weinkönig?

Denn jede Weinkönigin der Vergangenheit und vor allem im Heute präge ihr Amt auf ihre ganz besondere Weise – und der jeweiligen Zeit entsprechend, betonte Brockmnann: „Wir sind unendlich dankbar, was von starken Frauen in der Vergangenheit geleistet wurde, dass wir heute hier so stehen können.“ Im kommenden Jahr wird dann erstmals mit Levin aus Rheinhessen ein Mann zur Wahl der Deutschen Weinkönigin antreten, die Damen sehen es gelassen: „Gleichberechtigung muss auch in beide Richtungen funktionieren“, sagte Brockmann – und forderte gleich auch ein: Dafür müsse es künftig auch mehr Frauen in höchsten Weinämtern geben.

Das ist das neue Trio der deutschen Weinmajestätinnen: Die 76. Deutsche Weinkönigin Charlotte Weihs aus der Pfalz (Mitte) mit den Deutschen Weinprinzessinnen Katharina Gräff von der Nahe (links) und Julia Lambrich vom Mittelrhein (rechts). - Foto: DWI
Das ist das neue Trio der deutschen Weinmajestätinnen: Die 76. Deutsche Weinkönigin Charlotte Weihs aus der Pfalz (Mitte) mit den Deutschen Weinprinzessinnen Katharina Gräff von der Nahe (links) und Julia Lambrich vom Mittelrhein (rechts). – Foto: DWI

Und deshalb müsse auch eine deutsche Weinmajestät manchmal ein Stück weit politisch werden, betonte die scheidende Deutsche Weinprinzessin Jessica: „Unsere Weinbaulandschaft zeichnet sich durch Tradition, Innovation und Leidenschaft aller Winzer aus“, betonte sie: „Es war uns eine Ehre, ein Jahr lang ein Teil dieser Weinbaulandschaft zu sein.“ Und wenn es „um die Zukunft der deutschen Weinbranche geht, wird es uns immer am Herzen liegen, uns bestmöglich für diese Branche einzusetzen – als Weinkönigin, als Weinprinzessin – als eine von Euch, als Winzerin.“

Info& auf Mainz&: Mehr Fotos zur Wahlgala folgen gleich. Wer die Sendung noch einmal nachschauen will, findet hier den Livestream unter SWR.de/weinkoenigin.