Die Bilder sind heute wieder präsent wie nie: Häuser, von denen nur noch die Ruinen ihre Finger in die Luft strecken, ausgebombte Straßen, verwüstete Städte – es sind Bilder aus Mariupol und Marinka in der Ukraine, und aus Gaza. Doch genau solche Bilder gab es auch vor genau 79 Jahren in Mainz: Am 27. Februar 1945 legten Bomber der britischen Luftwaffe binnen nur 13 Minuten das goldene Mainz am Rhein in Schutt und Asche. Am Dienstag gedachte die Stadt der Zerstörung, am Nachmittag läuteten deshalb die Glocken in der Stadt – genau in den Minuten des Todes.

Blick vom Dom über das zerstörte Brandzentrum zum Rhein mit der ebenfalls zerstörten Rheinbrücke. - Foto: Stadtarchiv Mainz
Blick vom Dom 1945 über das zerstörte Brandzentrum zum Rhein mit der ebenfalls zerstörten Rheinbrücke. – Foto: Stadtarchiv Mainz

Es waren nur 13 Minuten, aber danach war nichts mehr wie zuvor: Am Nachmittag des 27. Februar 1945 flogen Bomber der Alliierten über Nazi-Deutschland, es waren die letzten Wochen des Kampfes gegen das Hitler-Regime und um die Freiheit Europas. Um 16.29 erreichten 435 Bomber der Royal Airforce Mainz am Rhein, bis 16.45 Uhr waren sie rund 1.500 Tonnen Bomben ab – es wurde ein Inferno: Mainz stand in Flammen, 80 Prozent der Innenstadt wurden zerstört, 1.209 Menschen starben in der Gluthölle.

Über Jahrhunderte hinweg war Mainz am Rhein die „goldene Stadt“ gewesen, eine selbstbewusste Metropole, Sitz von Erzbischöfen und Reichskanzlern, Krönungsort von Kaisern und Königen, Handelsmetropole am Rhein. Seine wunderbaren Gebäude spiegelten die Bedeutung und den Reichtum der Stadt – binnen 20 Minuten war das einstmals so schöne Mainz nur noch eine Trümmerwüste. Am Dienstag gedachte die Stadt Mainz der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg, der durch den Wahnsinn der Nationalsozialisten und ihrem Streben nach der Weltherrschaft ausgelöst worden war.

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Kirchenruine St. Christoph Gedenkort für Schrecken des Krieges

Gedenkort für die Gräuel des Krieges ist in Mainz die Kirchenruine von St. Christoph, die am Schreckenstag zerstört wurde und ausbrannte. Die Kirche, in der einst Johannes Gutenberg getauft wurde, steht seither als Ruine in der Mainzer Innenstadt, ihre zentrale Aufgabe ist heute das Gedenken an die Schrecken des Krieges. „Den Toten zum Gedenken/ Den Lebenden zur Mahnung“, lautet die zentrale Tafel, ein Gedenkpfad erinnert an die Zerstörung von Mainz und die Schrecken des Krieges.

Erinnerungspfad an die Zerstörung von Mainz in der Kirchenruine von St.- Christoph. - Foto: gik
Erinnerungspfad an die Zerstörung von Mainz in der Kirchenruine von St.- Christoph. – Foto: gik

„In nur 13 Minuten fielen mehr als 1.500 Bomben aus dem Himmel über unsere Stadt. 13 Minuten verwandelten das über 2.000 Jahre alte Mainz in eine Hölle aus Feuer, Qualm und Trümmern. Sie machten aus Lebenden Überlebende – und aus mehr als 1.200 von ihnen Tote“, sagte Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) bei einer Gedenkstunde mit Kranzniederlegung am Vormittag in der Kirchenruine. Um 16.00 Uhr wollte zudem der Ortsbeirat Altstadt an der Gedenkplatte zur Erinnerung an die Zerstörung der Mainzer Altstadt in der Emmeranstraße zum Gedenken einen weiteren Kranz niederlegen.

Und genau zur Uhrzeit der damaligen Bombardierung, also von 16.30 Uhr bis 16.46 Uhr, erinnerten am Dienstag die Innenstadtkirchen an den Beginn und die Dauer der Bombardierung mit einem Stadtgeläut. Für den Anlass wurde ein differenzierter Läuteplan ausgearbeitet: Erklingen sollte eine Auswahl der tiefsten Glocken eines Geläutes, um den Trauercharakter zu betonen.

80 Prozent des „Goldenen Mainz“ wurden in Schutt und Asche gelegt

„Das war das Ende von Mainz“, sagte später Anton Maria Keim, langjähriger Bürgermeister und Kulturdezernent von Mainz, der das „Inferno von Mainz“ mit eindringlichen Worten beschrieben hat. Keim war damals 16 Jahre alt und entkam mit viel Glück mit seinem Fahrrad aus dem brennenden Mainz. Von der Hechtsheimer Höhe aus sah er die brennende Stadt, „wie eine einzige Fackel, die sich nach oben zusammenschloss.“ Einzig der Mainzer Dom blieb stehen, und wurde für die Bevölkerung zu dem Symbol für Beständigkeit schlechthin.

Gedenken an die Zerstörung von Mainz am 237. Februar 1945 im Jahr 2024 in der Kirchenruine von St. Christoph. - Foto: Stadt Mainz
Gedenken an die Zerstörung von Mainz am 237. Februar 1945 im Jahr 2024 in der Kirchenruine von St. Christoph. – Foto: Stadt Mainz

Der 27. Februar war bereits der zweite große Luftangriff auf Mainz, beim ersten Angriff am 12. August 1942 hatte ebenfalls ein britischer Bomberverband mehr als 300 Tonnen Brand- und Sprengbomben über der Altstadt entladen. Schon da wurden komplette Stadtviertel in Schutt und Asche gelegt, ein kaum zu löschender Feuersturm durchzog die Innenstadt. Zerstört wurden bei den beiden Bombardements insgesamt 781 Wohnhäuser, fünf Kirchen, vier Schulen, ein Krankenhaus, 23 öffentliche Gebäude und 40 Geschäfte.

An jenem 27. Februar 1945 gab es zu den Toten auch 344 Vermisste und etwa 4.000 Verletzte, 33.000 Menschen wurden obdachlos. Als am 21. März 1945 die Amerikaner Mainz erreichten, fanden sie mehr Trümmerhaufen als Gebäude vor. Der 27. Februar 1945, er veränderte für immer das Gesicht dieser einstmals so schönen Stadt.

Info& auf Mainz&: Mehr zum „Inferno von Mainz“ lest Ihr auch hier in unserem Bericht zum 70. Jahrestag des Bombardements aus dem Jahr 2015.