Die Internetzeitung Mainz& ist am Donnerstagabend zu einer Parteiveranstaltung der Mainzer Grünen zur Europawahl nicht zugelassen worden. Im Alten Postlager sollten um 20.00 Uhr am Abend Parteichefin Riccarda Lang und Außenministerin Annalena Baerbock auftreten – ein Toptermin. Doch Mainz&-Chefredakteurin Gisela Kirschstein wurde der Zutritt zu der Veranstaltung verwehrt – trotz Anmeldung und trotz Presseausweis. Scharfe Kritik daran üben nun die Freien Wähler: Ausgerechnet am Geburtstag des Grundgesetzes werde „die Pressefreiheit mit Füßen getreten.“ Die Grünen sprachen am Freitag von einem „Missverständnis“ und bestätigten: Eine Anmeldung von Mainz& lag vor.
Eine Bemerkung vorweg: Dies ist ein persönlicher Erlebnisbericht, der selbstverständlich und aus nachvollziehbaren Gründen nicht vollständig objektiv sein kann. Dennoch ist es durchaus auch im Journalismus üblich, Beiträge zu veröffentlichen, die ein persönliches Erleben beinhalten. Dies ist KEIN Kommentar, weil hier nicht gewertet wird – ich kenne die Hintergründe nicht und müsste spekulieren. Das werde ich nicht tun.
Gerade vor dem Hintergrund, dass kritische Journalisten immer öfter Repressalien gegen sich erleben – und da ist Mainz& beileibe kein Einzelfall – muss über genau solche Vorfälle die Öffentlichkeit informiert werden. Egal, von welcher Partei sie ausgeht. Ich habe heute noch ein wenig weiter recherchiert und erfahren: Natürlich wäre es möglich gewesen, einer Pressevertreterin vor Ort noch Zugang zu verschaffen – zumal ich ja in Mainz alles andere als eine Unbekannte bin. Dieser Text soll deshalb der Transparenz dienen, er ist bewusst sachlich und – so weit möglich – neutral gehalten.
Grüne verweigern Mainz&-Chefredakteurin Zutritt zu Veranstaltung
Was ist passiert? Am Donnerstagabend sollten um 20.00 Uhr im Alten Postlager von Mainz die Grünen-Bundeschefin Riccarda Lang sowie Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei einer Parteiveranstaltung auftreten. Thema war die Europawahl am 9. Juni, Lang und Baerbock sollten in Mainz im Rahmen ihrer Europawahltour auftreten. Für Journalisten ist so etwas ein Toptermin: Gerade die Bundesaußenministerin einmal live zu erleben, eine solche Chance haben Journalisten außerhalb von Berlin eher selten.
Für die Internetzeitung Mainz& wäre es zudem die perfekte Gelegenheit gewesen, über den Europawahlkampf der Grünen zu berichten: Wegen der zeitgleich stattfindenden Stadtratswahl am 9. Juni richtet Mainz& seine Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Kommunalwahl – über die Europawahl können wir aus Personalgründen leider nur eingeschränkt berichten. Der Grünen-Termin wäre da perfekt gewesen – wäre.
Denn als Mainz&-Chefredakteurin Gisela Kirschstein gegen 19.20 Uhr vor dem Alten Postlager eintraf – also gut 40 Minuten vor der Veranstaltung – wurde ihr am Einlass der Zutritt verwehrt. Man finde weder den Namen noch das Medium auf der Liste, hieß es zunächst. Daraufhin wurde die Security freundlich darauf hingewiesen: Es gab eine Anmelde-Email an die Grünen in Mainz sowie eine Anmeldung über die Webseite der Grünen auf Bundesebene. Die Mainz&-Chefredakteurin zeigte ihren Personalausweis vor, ihren Presseausweis, sowie eine Visitenkarte mit dem Logo von Mainz&.
Grüne bestätigen: Anmeldedaten lagen vor
Daraufhin entschwand ein Security-Mitarbeiter mit dem Personalausweis in der Halle und blieb mehrere Minuten fort. Zurück kam offenbar ein Vorgesetzter, dessen Aussage lautete: „Wir können Ihnen den Zugang leider nicht gewähren.“ Auf meine Nachfrage, warum nicht, kam immer nur diese eine Antwort: „Wir können Ihnen den Zutritt leider nicht gewähren.“ Ein Grund wurde nicht angegeben, auch nicht bei der dritten Nachfrage. Auch auf den expliziten Hinweis hin, dass hier einer Pressevertreterin und einem journalistischen Medium der Zugang verweigert wird, änderte sich nichts.
Auch auf den Hinweis, man könne ja die zu dem Zeitpunkt gerade in der Warteschlange anwesenden Vertreter von Grünen aus Stadt und Land befragen, wer die Journalistin sei, wurde nicht reagiert. Dabei hatte die Mainz&-Chefredakteurin sich schriftlich bei den Mainzer Grünen für den Termin via Email angemeldet und auch noch eine zweite Anmeldung via Internetportal der Bundespartei ausgefüllt und abgeschickt. Die Mainzer Grünen bestätigten am Freitag ausdrücklich, dass „die Anmeldung sowohl uns als auch dem Bundesverband vorlag.“
Grünen-Kreischef Jonas König entschuldigte sich am Freitag Nachmittag bei Mainz&: „Leider scheint es gestern Abend zu einem Missverständnis gekommen zu sein“, sagte König: „Wie der Sicherheitsdienst zu dieser Entscheidung kam, ist für uns nicht nachvollziehbar und wir hätten Sie selbstverständlich gerne begrüßt. Dass dies so schief gelaufen ist, tut uns leid und dies bitte ich zu entschuldigen. Wir haben dies leider erst heute wahrgenommen.“
Freie Wähler: „Pressefreiheit mit Füßen getreten“
Tatsache ist: Mainz& konnte über die Veranstaltung nicht berichten. Ärgerlich ist zudem: Hätten wir dies gewusst, hätten wir an fast zeitgleich stattfindenden anderen Partei-Wahlveranstaltungen teilnehmen können, die aber früher begonnen hatten. Dass Anmeldungen von Journalisten zu Terminen kurzfristig erfolgen, ist im Übrigen absolut üblich und gängig. Bei 99 Prozent aller Veranstaltungen ist es zudem möglich, Journalisten selbst vor Ort noch zu akkreditieren und Zutritt zu gewähren – das habe ich in 25 Jahren professionellen Journalismus selbst erlebt. Sogar beim Bundeskriminalamt und bei Reisen mit dem Bundeskanzler (der damals Gerhard Schröder hieß).
Für Empörung sorgte der Vorgang indes nicht nur auf Facebook, sondern auch bei den Freien Wählern: „Der 23. Mai ist auch der Geburtstag unseres Grundgesetzes, welches an diesem Tag 75 Jahre alt geworden ist. Dass man diesen Grundpfeiler unserer Gesellschaft auf diesem Wege mit Füßen tritt, ist inakzeptabel und sollte mindestens eine öffentliche Entschuldigung nach sich ziehen“, kritisierte der Kreisvorsitzende Christian Weiskopf am Freitag in einer Pressemitteilung.
Die Chefredakteurin von Mainz& sei „eine angesehene und ausgewiesene Journalistin“, dass man ihr „den Zugang zu einer Parteiveranstaltung verwehrt, erschließt sich mir nicht und es stößt auch bei mir auf wenig Verständnis“, sagte Weiskopf weiter: „Ich muss die Kollegen von den Grünen wirklich fragen: Ist das Euer Verständnis von Pressefreiheit? Die Pressefreiheit sei schließlich im Artikel 5 des Grundgesetzes verankert, unterstriche die stellvertretende Kreisvorsitzender der Freien Wähler, Victoria Wruuck, und betonte: „Für uns Freie Wähler steht fest: Wenn wir Bürger zu einer Veranstaltung einladen, dann ist uns auch die Presse stets willkommen – denn wir verstehen diese als Partner und nicht als Störfaktor.“
Info& auf Mainz&: Den Ausgangspost von Mainz& zu dem Vorgang samt ausführlicher Reaktionen findet Ihr hier auf Facabook.