Joe Biden wird der 46. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Der Sender CNN sowie die Nachrichtenagentur AP erklärten nach ihren Hochrechnungen Biden um kurz nach 17.30 Uhr unserer Zeit zum Sieger in Pennsylvania. Mit den 20 Wahlmännerstimmen des Staates kommt Biden nun auf 273 Stimmen in dem Electoral College – und liegt damit uneinholbar vor Noch-Amtsinhaber Donald Trump. Kommentatoren sprechen von einem „historischen Tag“ für die USA – und das aus gleich mehreren Gründen.

Der entscheidende Moment: CNN verkündet den Sieg Joe Bidens bei der US-Präsidentenwahl. - Screenshot: gik
Der entscheidende Moment: CNN verkündet den Sieg Joe Bidens bei der US-Präsidentenwahl. – Screenshot: gik

Nach tagelanger Zitterpartie in dem Auszählungsmarathon in verschiedenen US-Staaten, war es am Vormittag amerikanischer Zeit so weit: Der Staat Pennsylvania erreichte das Ende seiner Auszählung – am Ende lag Biden nach einer furiosen Aufholjagd mit rund 34.000 Stimmen vor Donald Trump. Die 20 Wahlmännerstimmen des Staates hoben Biden über die notwendige Schwelle von 270 Wahlmännerstimmen im Electoral Kollege, das den Präsidenten der USA wählt. Der Sender CNN sowie die Nachrichtenagentur AP erklärten daraufhin Biden zum neu-gewählten Präsidenten der USA.

Es ist ein historischer Moment: Noch nie hatte es eine Wahl während einer Pandemie gegeben, und noch nie waren so viele Amerikaner zur Wahl gegangen: knapp 145 Millionen Amerikaner gaben ihre Stimme ab. Für Biden entschieden sich rund 74,4 Millionen Wähler, für Trump hingegen rund 70 Millionen – Biden gewinnt damit mit dem größten Vorsprung, den je ein amerikanischer Präsident hatte, wie CNN erklärt. Am Abend der US-Wahl hatte das noch anders ausgesehen: Trump schien Staat um Staat in Führung zu gehen, die Wahlkarte der USA färbte sich rot, die Demokraten waren im Schock – der ersehnte Sieg schien ausgeblieben zu sein.

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Der entscheidende Move: Joe Biden überholte Donald Trump bei den Stimmen in Pennsylvania. - Screenshot: gik
Der entscheidende Move: Joe Biden überholte Donald Trump bei den Stimmen in Pennsylvania. – Screenshot: gik

Doch die erste Karte täuschte, denn sie reflektierte vor allem die Stimmen der Wähler, die am Wahltag selbst zur Urne gegangen waren – und das waren in großer Mehrheit republikanische Wähler gewesen. Donald Trump selbst hatte wochenlang seine Anhänger dazu aufgerufen, direkt zur Wahl zu gehen und die Briefwahl zu vermeiden – seit Wochen schürt der Noch-Präsident völlig unbegründete Zweifel an der Sicherheit der Briefwahl. So ging offenbar die Mehrheit von Trumps Wähler zum Wahllokal – die große Mehrheit der Demokraten aber nutzte die Briefwahl, auch weil diese Wählergruppe im Gegensatz zu den Trump-Anhängern die Corona-Pandemie sehr ernst nimmt.

Und so entwickelte sich ein wahrer Wahlkrimi: Bei der Auszählung der Briefwahlstimmen holte Biden auf einmal Stück um Stück auf, in manchen Staaten – wie etwa Pennsylvania – lag der Anteil der Biden-Wähler bei den Briefwahlstimmen teilweise bei mehr als 80 Prozent. Und so verschob sich das Bild sukzessive, je länger die Auszählung dauerte, Biden holte in Staat um Staat auf, bis er schließlich Trump in den wichtigen Staaten Georgia und Pennsylvania überholt. Zuvor war schon klar gewesen: Biden würde die wichtigen Staaten Michigan und Wisconsin an den großen Seen von Trump zurückerobern, auch das bereits ein Meilenstein, denn genau diese Staaten hatte Hillary Clinton vor vier Jahren an Trump verloren.

Vorsprung in vier Staaten: Mit den Briefwählern färbte Biden die US-Landkarte am Ende blau. - Screenshot: gik
Vorsprung in vier Staaten: Mit den Briefwählern färbte Biden die US-Landkarte am Ende blau. – Screenshot: gik

Nun schaffte Biden es auch noch, zwei Staaten im Westen für sich zu gewinnen: Nevada und Arizona. Auch hier liegt der Demokrat weiter mit 20.000 (Arizona) und 30.000 Stimmen (Nevada) vorne. Auch in Georgia, einem klassischen Südstaatenland könnte der Boden Trump besiegen – es wäre das erste Mal seit 1992, dass ein Demokrat diesen Staat wieder gewinnt. In allen diesen drei Staaten werden noch immer die letzten Stimmen gezählt, holt Biden sie alle, käme er auf 306 Wahlmännerstimmen – damit wäre der von den Demokraten erhoffte Erdrutschsieg für Biden eben doch noch Wirklichkeit geworden, wenn auch in Zeitlupe.

Den Ausschlag gab am Samstag erwartungsgemäß Pennsylvania mit seinen 20 Stimmen. Nun liegt Biden uneinholbar vorne – die Nachricht löste umgehend Jubelfeiern in vielen amerikanischen Städten aus und dürfte auch in Deutschland mit enormer Erleichterung gesehen werden: Viele Mainzer fieberten mit dem Wahldrama mit, in Deutschland wünschen sich mindestens 80 Prozent einen Präsidenten Biden.

Zu Tränen gerührt von dem historischen Wechsel im Weißen Haus: CNN-Korrespondent Jones. - Screenshot: gik
Zu Tränen gerührt von dem historischen Wechsel im Weißen Haus: CNN-Korrespondent Jones. – Screenshot: gik

Für die Amerikaner ist es ein historischer Wechsel, denn mit Bidens „Running Mate“ Kamala Harris zieht erstmals eine Schwarze und Frau als Vizepräsidentin ins Weiße Haus ein. CNN-Korrespondent Van Jones brach deshalb vor laufender Kamera die Stimme weg,CNN-Korrespondent Van Jones brach deshalb vor laufender Kamera die Stimme weg, dem schwarzen Journalisten kamen die Tränen: Dieser Moment sei ein unheimliches Aufatmen, zum ersten Mal seit vier Jahren sei es leichter, ein Amerikaner, ein Moslem, ein Einwanderer und ein Vater zu sein. „‚I can’t breathe‘, das war nicht nur George Floyd“, sagte Jones mit bewegter Stimme – Bidens Wahl sei eine unglaubliche Befreiung für Millionen von Schwarzen und Andersgläubigen in den USA. „Character matters, being a good man matters“, sagte Jones mit Tränen in den Augen: Ein guter, anständiger Mensch zu sein, das sei jetzt wieder etwas Wert – und eine Zeit der Angst damit hoffentlich vorbei.

Es ist auch eine Befreiung für alle, die um die Demokratie in den USA fürchteten: Trump hatte gerade in den vergangenen Wochen und Tagen nichts unversucht gelassen, demokratische Prozesse in Frage zu stellen, die Wahlen anzuzweifeln und Gerüchte zu streuen, es gäbe massenhaft Wahlbetrug – nichts davon stimmte. Trump behauptete, es gäbe „legale“ und „illegale“ Stimmen, und stellte damit sogar das Instrument der demokratischen Wahlen in Frage, zum hellen Entsetzen der meisten Amerikaner. Trotzdem trugen Trumps Anhänger seine Botschaften und – sagen wir es ehrlich: Lügen – ungefiltert über soziale Netzwerke weiter, während selbst republikanische Gouverneure empört betonten: Es gebe keinerlei Wahlbetrug. Selbst in Deutschland wiederholten Nutzer in sozialen Netzwerken ungefiltert die Falschmeldungen – das amerikanische Problem der Fakenews ist längst auch in Deutschland angekommen.

Wie Donald Trump auf die Nachricht von Bidens Sieg reagieren wird, ist bislang unklar – Trump sei gerade golfen, berichtet CNN. Gut eine Stunde vor Bidens Durchbruch twitterte Trump noch in Großbuchstaben: „Ich habe diese Wahl mit großem Abstand gewonnen!“ Informationen von CNN zufolge versucht derzeit Trumps Umfeld, ihn von seiner Niederlage zu überzeugen – bislang hat Trump angekündigt, auf gar keinen Fall das Weiße Haus räumen zu wollen. Die Klagen von Trumps Anwälten wegen angeblichem Wahlbetrug wurden allerdings schon in mehreren Staaten abgelehnt, Berichten zufolge hat Trump große Probleme, renommierte Anwälte für seinen Feldzug gegen die Demokratie zu finden. Im Staat Georgia wird es in jedem Fall eine Neusauzählung der Stimmen geben, weil hier der Vorsprung Bidens marginal ist. Das könnte aber für den Wahlausgang irrelevant werden – wenn Biden die drei anderen Staaten holt, hat er in jedem Fall gewonnen.

President-Elect Joe Biden am Freitagnacht bei seiner Rede. - Screenshot: gik
President-Elect Joe Biden am Freitagnacht bei seiner Rede. – Screenshot: gik

Joe Biden will sich am Abend in einer großen Rede an die Amerikaner wenden. Bereits vergangene Nacht hatte sich der ehemalige US-Vizepräsident von Barack Obama mit einer Rede an die Nation gewandt: „Das Volk hat gesprochen, und es hat laut für uns gesprochen“, sagte Biden angesichts von 74 Millionen Wählern für die Demokraten: Das sei „mehr als ein Präsident jemals gewonnen hat.“ Biden präsentierte sich hochgradig präsidentiell, er kündigte erneut an, ein Präsident aller Amerikaner sein zu wollen. Von Tag eins an werde er seine Pläne für die Wiederbelebung der Wirtschaft und die Bekämpfung der Corona-Pandemie in Angriff nehmen. „Wir können viele Leben retten in den kommenden Monaten“, betonte Biden an einem Tag, an dem die USA neue Rekord-Infektionen mit dem Coronavirus meldeten.

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„Wir müssen Ruhe bewahren und geduldig sein, während wir ALLE Stimmen zählen“, betonte Biden zudem mit Blick auf die Anfechtungen Trumps, es gebe „legale“ und „illegale“ Stimmen. „Jede Stimme zählt, und wir werden jede Stimme zählen“, versprach Biden hingegen: „Alles andere werde ich nicht zulassen.“ Der Sinn von Politik sei nicht „nie endender Krieg gegeneinander“, sagte Biden noch, „nein: der Sinn unserer Politik ist, Probleme zu lösen, Gerechtigkeit zu garantieren und jedem eine faire Chance zu geben. Wir mögen Gegner sein, aber wir sind keine Feinde. Wir werden sicher nicht immer einer Meinung sein – aber wir sollten der Meinung sein, zivilisiert miteinander umzugehen.“

Ein Twitter-Nutzer, der unter dem Namen „The Tweet of God“ twittert, kommentierte daraufhin: „Joe Biden hat schon mal die Präsidentschaft anprobiert. Hat wirklich gut gepasst.“

Info& auf Mainz&: Mehr zur US-Präsidentenwahl und dem Wahlkrimi haben wir hier bei Mainz& aufgeschrieben, eine Analyse über die Trump-Jahre und seinen gefährlichen Feldzug gegen die Demokratie findet Ihr hier bei Mainz&.

 

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