Mitte April hatte die Stadt Mainz angekündigt, man wolle ein Pilotprojekt zum Testen von Kitakindern starten: Mit Hilfe von sogenannten Lolli-Tests sollten auch kleine Kinder einfach und unkompliziert auf das Coronavirus getestet werden können, und zwar mit der zuverlässigen PCR-Testmethode Doch daraus wird erst einmal nichts. Das Land Rheinland-Pfalz lehnte eine Kofinanzierung des Projektes ab, die Stadt will nun andere Geldgeber suchen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi spricht von einem „Trauerspiel“ und kritisiert, es sei völlig unverständlich, wieso das Land dieses von allen Seiten gewollte und gut vorbereitete Modellprojekt ausbremse.
Bei den sogenannten Lolli-Tests kommen nicht Wattestäbchen mit Proben aus der Nase zum Einsatz, sondern Tupfer, an denen die Kinder wie an einem Lolli lutschen – 30 Sekunden lang. Die so gewonnenen Speichelproben wandern dann in eine Tüte und werden gruppenweise im Labor auf das Coronavirus getestet. Kommt dabei eine Positivprobe heraus, müssen die Kinder einzeln nachgetestet werden – mit dieser Methode startete die Stadt Köln zum 8. März das Projekt „Kita Testung Köln“ (Kiko): An 32 Kitas wurden hier vier Wochen lang Tests mit Hilfe der Lolli-Methode durchgeführt, und das zweimal pro Woche.
Das wollte nun auch die Stadt Mainz an ihren Kitas umsetzen, das Konzept war gemeinsam mit der Mainzer Universitätsmedizin und dem Gesundheitsamt Mainz-Bingen entwickelt worden, der Mainzer Sozialdezernent Eckart Lensch (SPD) schwärmte bereits: „Hier werden PCR-Tests im Lolli-Format kindgerecht zum Einsatz gebracht.“ Doch daraus wird nun erst einmal nichts: Das Land Rheinland-Pfalz habe der Finanzierung eine Absage erteilt, hieß es nun bei der Stadt Mainz. Man habe eine Ko-Finanzierung angefragt, weil die Stadt die Kosten von rund zwei Millionen Euro nicht alleine tragen könne, teilte die städtische Pressestelle auf Mainz&-Anfrage mit. Man bedauere das, Lensch wolle sich nun um weitere Finanzierungsmöglichkeiten bemühen und werde sich dafür auch an den Bund wenden.
Beim zuständigen Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung heißt es zur Begründung: „Das von der Stadt Mainz ins Auge gefasste Modell bindet zu viele Laborkapazitäten.“ Diese Kapazitäten seien aber „landesweit nicht in dem erforderlichen Umfang vorhanden“, allein schon deshalb scheide „die Erprobung und bei Erfolg eine landesweite Ausweitung für das Land aus.“
Bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi stößt das auf scharfe Kritik: Die Absage sei „ein Trauerspiel“, es sei völlig unverständlich, wieso das Land dieses von allen Seiten gewollte und gut vorbereitete Modellprojekt ausbremse, kritisiert die Gewerkschaft. „Wie kann sich die rheinland-pfälzische Landesregierung bei nahezu allen Gelegenheiten hinstellen und in jede Kamera sagen, dass sie stets alles dafür tun, die Betreuung in den Kitas zu sichern und einen möglichst uneingeschränkten Betrieb zu gewährleisten“, schimpft Sascha Brand, Mitglied der Verdi-Betriebsgruppe für die Kinder- und Jugendhilfe bei der Stadt Mainz.
Von „Hohn“ und „Überheblichkeit“ spricht Brand, und kritisiert: Wieso berufe man sich darauf, „eine Überlastung der Labore vermeiden zu wollen, wenn das Labor versichert, es könne und wolle alle Testungen leisten.“ Die PCR-Tests ermöglichten es allen Beteiligten, gezielt auf positive Tests zu reagieren, dazu könnten die gewonnenen Daten für wichtige empirische Studien und damit verbundenen Erkenntnisse zur Pandemie genutzt werden. Tatsächlich waren echte Studien zum Infektionsgeschehen bei Kindern während der Corona-Pandemie eher rar, die Politik hatte lange behauptet, Schulen und Kitas seien keine Infektionsherde, das Virus betreffe Kinder eher wenig.
Das änderte sich erst in diesem Jahr, als sich vor allem die dritte Corona-Welle vor allem in Kitas ausbreitete: Auf einmal sprach das Gesundheitsamt von einem „erheblichen Infektionsgeschehen“ in den Kitas, von dort breiteten sich Ansteckungswellen durch die Familien hinweg aus. Bei der Stadt Mainz wurde daraufhin ein ganzer Mix an Testmöglichkeiten an Kitas gestartet, wie die Stadt betont, man wolle „Eltern und Kindern wie auch unserem Personal schnell mehr Sicherheit geben“, sagte Sozialdezernent Lensch. Das Interesse der Eltern sei groß, viele Kitas kooperierten mit Apotheken oder ehrenamtlichen Initiativen, auch habe man den Malteser Hilfsdienst zur Testung der Kinder vor Ort in den Kitas gewinnen können.
Die rheinland-pfälzische CDU forderte nun, die Lolli-Tests flächendeckend in Schulen und Kitas in Rheinland-Pfalz einzusetzen. Die Tests seien „altersadäquat und kindgerecht“, sagte CDU-Landtagfraktionschef Christian Baldauf, „spätestens nach den Pfingstferien“ müssten die Lolli-Tests zum Einsatz kommen. „Wenn sich Testmöglichkeiten weiterentwickeln, dann müssen sich auch die Teststrategien weiterentwickeln“, forderte Baldauf die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) auf. Gerade für kleinere Kinder sei die Lolli-Test-Methode viel angenehmer und quasi „kinderleicht“ wie Malen nach Zahlen, dazu bringe sie Erzieherinnen sowie Lehrern Entlastung und neuen Schutz vor dem Virus.
In Köln heißt es in einer ersten Bilanz des Testprojekts, die Rückmeldungen der Kita-Leitungen und des Großteils der Eltern auf die Lolli-Tests seien „positiv bis begeistert, weil die Handhabung so einfach und gefahrenlos ist und das Ergebnis belastbar.“ Inzwischen habe man die Tests auch auf die Schulen ausgeweitet, teilte die Stadt Köln auf Mainz&-Anfrage mit: „Um den Betrieb von Kitas und Schulen abzusichern, und einen besseren Überblick über die dortige Infektionslage zu erhalten, hat der Krisenstab Ende März 2021 beschlossen, die Testangebote im Rahmen von KiKo und SCHOCO (das entsprechende Projekt für Schulen) ab dem 12. April 2021 für einen Zeitraum von sechs Wochen auf alle Kölner Kitas und Schulen auszuweiten.“
Die Teilnahme sei natürlich freiwillig, das Projekt erst einmal bis Ende Mai geplant. Testungen stellten „ein sehr bedeutsames Mittel zur Bekämpfung der Pandemie dar“, mit den verlässlichen PCR-Pool-Testung könne man die Testinitiative des Landes NRW „noch einmal deutlich verstärken und für zusätzliche Geschwindigkeit in der Umsetzung sorgen“, sagte der zuständige Beigeordnete Robert Voigtsberger. Die Kosten von bis zu 4,85 Millionen Euro übernehme man zunächst selbst.
Und auch das Land Nordrhein-Westfalen setzt inzwischen die Lolli-Tests ein: Seit dem 10. Mai kommen die Lolli-PCR-Tests flächendeckend an allen Grund- und Förderschulen im Land zum Einsatz. Es habe Kritik an der Handhabbarkeit der Selbsttests gegeben, heißt es aus dem Schulministerium, die Lollitests seien „praktikabler und altersgerechter“. Das Land brauche dafür Laborkapazitäten für rund 35.000 Tests am Tag, „und die haben wir“, sagte ein Sprecher gegenüber Mainz&. NRW nehme dafür acht Millionen Euro pro Woche in die Hand – das sei „vergleichbar teuer wie Schnelltests.“
Info& auf Mainz&: Mehr zu den Testungen und der Infektionswelle an Mainzer Kitas könnt Ihr hier auf Mainz& noch einmal nachlesen. Informationen zum Kölner Test-Projekt „Kiko“ könnt Ihr hier im Internet nachlesen.