Das Finanzloch der Mainzer Mobilität hat am Mittwoch eine Aktuelle Debatte im Mainzer Landtag ausgelöst: Die Freien Wähler machten das gigantische Finanzloch bei der Mainzer Verkehrsgesellschaft und das dadurch ausgelöste Streichprogramm zum Thema der Aktuellen Stunde. CDU und Freie Wähler gingen dabei hart mit der Landesregierung ins Gericht: Sie lasse nicht nur die Kommunen bei der Finanzierung des ÖPNV im Stich – die Landesregierung verweigere auch seit vier Jahren eine wichtige Lösung. Dabei sitze die Mainzer Ampel auf rund 7 Milliarden Euro an Rücklagen. Die aktuellen ÖPNV-Streiks „liegen mit in Ihrer Verantwortung“, schimpfte die CDU.

Der Straßenbahnausbau in Mainz ist vorerst vom Gleis gehoben. - Foto: gik
Der Straßenbahnausbau in Mainz ist vorerst vom Gleis gehoben. – Foto: gik

Die Mainzer Verkehrsgesellschaft hatte vergangene Woche überraschend ein drastisches Streichprogramm verkündet: Der umfassende Ausbau des Straßenbahnnetzes ist vorerst gestrichen, ebenso die Anschaffung neuer Busse und zusätzlicher Straßenbahnen, auch eine Ausweitung des Öffentlichen Nahverkehrs werde es vorerst nicht geben. Grund war ein drohendes Finanzloch von rund 53 Millionen Euro, ausgelöst zum einen durch das Deutschland-Ticket, aber auch durch fehlende Finanzhilfen von Land und Bund.

„Die Meldung über das drastische Sparprogramm beim Mainzer ÖPNV lässt aufhorchen“, sagte nun der Landeschef der Freien Wähler, Stephan Wefelscheid, am Mittwoch im Mainzer Landtag, und verwies darauf, dass die MVG selbst „eine langfristige Finanzierungsstrategie durch dauerhafte öffentliche Zuschüsse von Stadt, Land und Bund“ fordere. Gleichzeitig aber lasse die Ampel-Regierung auf Landesebene auch die Tarifparteien bei den aktuellen Streiks im Stich, kritisierte Wefelscheid: Die Gewerkschaft Verdi nämlich fordere erhebliche Lohnsteigerungen, obwohl in den Verkehrsverträgen zwischen den Kommunen und den Busunternehmen lediglich 2,5 Prozent Personalkostenentwicklung eingepreist worden seien.

- Werbung -
Werben auf Mainz&

Streit im Landtag über den RLP-Index zur ÖPNV-Finanzierung

„Anders als in anderen Bundesländern wie Hessen oder Baden-Württemberg, gibt es in Rheinland-Pfalz keine vom Land zu refinanzierende Klausel, mit der unvorhersehbare Lohnkosten ausgeglichen werden könnten“, betonte Wefelscheid. Doch genau eine solche Klausel – „Rheinland-Pfalz-Index“ genannt – sei von der Landesregierung seit Jahren versprochen worden. Tatsächlich hatte das FDP-geführte Verkehrsministerium bereits 2020 einen RLP-Index versprochen, dieser sollte höhere Lohnsteigerungen anteilig vom Land mitfinanzieren helfen. Doch gekommen ist diese RLP-Index bis heute nicht, stattdessen verspricht das Mobilitätsministerium inzwischen eine Umsetzung bis 2026.

Der Landeschef der Freien Wähler, Stephan Wefelscheid, vor dem Mainzer Landtag, - Foto: Freie Wähler
Der Landeschef der Freien Wähler, Stephan Wefelscheid, vor dem Mainzer Landtag, – Foto: Freie Wähler

„Der RLP Index ist ein Fortsetzungsroman mit dem Titel: ‚Versprochen, gebrochen'“, schimpfte denn auch der CDU-Abgeordnete Wolf – und dabei habe die Landesregierung fortlaufen etwas anderes versprochen: Nach dem FDP-Ministerium habe auch die grüne Ministerin Anne Spiegel 2021 den Index als „dringend notwendig“ bezeichnet. Und die heute zuständige Ministerin Katrin Eder (Grüne) habe schon im November 2021 „einen schnellen Konsens“ auf der Grundlage des Hessen-Index versprochen, resümierte Wolf.

„Es ist nichts passiert, wo bleibt drei Jahre später die Umsetzung?“, schimpfte Wolf: „Zählen Zusagen der Landesregierung gar nichts mehr?“ Leidtragende seien die Busfahrer und die ÖPNV-Nutzer in Rheinland-Pfalz, während sich beide Streikparteien wie Ver.di und die Arbeitgeber unisono auf das Problem des ausbleibenden RLP-Index beriefen – Mainz& hatte darüber berichtet. „Die aktuellen Streiks liegen mit in Ihrer Verantwortung, meine Damen und Herren der Regierung“, schimpfte Wolf: „Sie kommen mir vor wie ein ertappter Schwarzfahrer: anstatt jetzt mal endlich das Ticket zu bezahlen, schlägt man sich wieder in die Büsche!“

CDU: Land sitzt auf Milliardenrücklagen und verweigert Lösung

Dem Land liege sogar ein ausgearbeitete Vorschlag für einen Rheinland-Pfalz-Index vor, und das schon seit Frühjahr 2023, schob Wefelscheid nach: „Warum ist seitdem nichts passiert?“ Er wolle deshalb von Eder, aber auch von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) wissen: „Wann halten Sie endlich Ihre Versprechen? Wann wird es einen Rheinland-Pfalz-Index geben? Welche Gelder planen sie ein, zur Rettung des ÖPNV im Land?“ Diese Fragen müsse die Landesregierung doch endlich mal beantworten, schimpfte Wefelscheid, und forderte: „Geben Sie uns bitte hier und heute die konkreten Antworten darauf. Helfen Sie mit, den Streik zu beenden und den Tarifkonflikt zu befrieden.“

Die heutige Ministerin Katrin Eder (Grüne) als Verkehrsdezernentin in Mainz vor einer der neuen Vario-Straßenbahnen. - Foto: MVG
Die heutige Ministerin Katrin Eder (Grüne) als Verkehrsdezernentin in Mainz vor einer der neuen Vario-Straßenbahnen. – Foto: MVG

Doch die Landesregierung tat nichts dergleichen: „Wir nehmen Millionenbeiträge in die Hand, um den ÖPNV zu stärken“, behauptete der SPD-Abgeordnete Benedikt Oster. Ja, der ÖPNV stehe „vor herausfordernden Zeiten“, aber das sei „kein Problem, das in Rheinland-Pfalz gemacht“ werde. Auch stehe man als SPD hinter den Forderungen der Gewerkschaft, betonte Oster – doch zur Frage, wie der ÖPNV besser finanziert werden kann, sagte Oster ebenso wenig, wie zum RLP-Index: Letzteren verschwieg der SPD-Mann ganz.

Grüne und FDP hielten es genauso: Beide verwiesen in Sachen ÖPNV-Finanzierung auf den Bund. Umweltministerin Eder wiederum, seit der Landtagswahl 2021 auch für Mobilität und Nahverkehr zuständig, und immerhin ehemalige Mainzer Verkehrsdezernentin, referierte in erster Linie bürokratische Vorschriften, und wiederholte lediglich die Ansage des Landes, man wolle in Sachen RLP-Index „eine Einigung bis 2026 erzielen“ – das sei seit August 2022 klar. „Wir sind kein Tarifpartner“, betonte die Ministerin dann noch, „Lohnerhöhungen sind ausschließlich Sache der Tarifpartner, und dabei bleibt es.“ Sprach’s, drehte sich vom Rednerpult weg und ging.

Die CDU-Opposition nahm das fassungslos zur Kenntnis: „Keine der Ampel-Fraktionen hat sich auch nur mit einer Silbe zu Busfahrerstreik oder RLP-Index geäußert“, konstatierte Wolf, und schimpfte: „Das wird der Situation nicht gerecht.“ SPD, Grüne und FDP duckten sich weg, „sie wollen vor 2026 keine Verantwortung übernehmen“, kritisierte er. Dabei sei es beileibe nicht so, als habe das Land kein Geld, rechnete Wolf vor: Die Landesregierung habe Haushaltsreste von rund 3,3 Milliarden Euro auf der Hand, und dazu eine Haushaltsrücklagen in Höhe von 3,6 Milliarden Euro, rechnete Wolf vor: „Da sitzt man auf dem Geld, und für die Probleme, die dieses Land hat, will man es nicht ausgeben! Jeder Streik, der jetzt folgt, ist auch in Ihrer Verantwortung!“

Info& auf Mainz&: Die Debatten aus dem Mainzer Landtag werden jeden Tag per Livestream übertragen und können im Nachhinein jederzeit noch einmal angehört werden – hier beim Mainzer Landtag auf Youtube. Mehr zum Streichprogramm der MVG lest Ihr ausführlich hier bei Mainz&.