Die neueste Corona-Verordnung des Landes Rheinland-Pfalz hat für erhebliche Irritationen gesorgt: Das Land lockert zum 10. Juni weiter seine Lockdown-Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie, die Verordnung hätte auch Dienstleistungen in Bordellen wieder erlaubt. Das aber sorgte für Ärger: „Puffs statt Pildung“, kritisierte der Mainzer CDU-Stadtrat Thomas Gerstern: Die Ampel-Regierung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) setze falsche Prioritäten. Nun rudert das Land zurück: Bordelle werden doch nicht ab dem 10. Juni öffnen dürfen, eine effektive Kontrolle sei dort nur schwer durchzuführen. Irritationen gibt es zudem um Plastikvisiere: Erst hieß es, sie seien kein gleichwertiger Ersatz mehr für Mund-Nasen-Masken – nun sind sie mancherorts doch erlaubt.

Ein Arzt in der Corona-Ambulanz in Mainz trägt ein Plastikvisier als zusätzlichen Schutz zur Maske. - Foto: gik
Ein Arzt in der Corona-Ambulanz in Mainz trägt ein Plastikvisier als zusätzlichen Schutz zur Maske. – Foto: gik

Rheinland-Pfalz tat sich zum Start des Lockdowns schwer, das land verkündete noch die Offenhaltung von Schulen und Kitas keine 24 Stunden, bevor diese bundesweit geschlossen wurden. Auch bei der Maskenpflicht erklärte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) noch am Vortag, eine solche sei unnötig – am nächsten Tag führte das Land unter dem Druck des Bundes und der Nachbarländer eine Maskenpflicht ebenfalls ein. So mehrt sich inzwischen auch die Kritik am Krisenmanagement der Landesregierung: vielfach wurden Lockerungen verkündet, ohne dass genau die Bedingungen dafür klar waren – etwa bei den Schwimmbädern – oftmals wurden die konkreten Vorschriften erst Stunden vor der nächsten Lockerung veröffentlicht.

Verwirrung um Plastikvisiere: Erlaubt oder nicht oder doch?

So gab es zuletzt erhebliche Verwirrung um Plastikvisiere: Die Schirme vor dem Gesicht sind vor allem im Handel, aber auch bei Gaststätten sehr beliebt und wurden als Alternative zu Mund-Nasen-Masken getragen, da sie deutlich luftiger und zudem durchsichtiger sind. Bislang hatte das Land die Schutzvisiere als Alternative grundsätzlich zugelassen, am 5. Juni konkretisierte das Land seine Verordnung dann aber plötzlich – nach einem kritischen Bericht des Südwestrundfunks, der inzwischen im Internet nicht mehr einzusehen ist.

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Bedienung im Weinhaus Michel mit einem Plastikvisier. - Foto: Weinhaus Michel
Bedienung im Weinhaus Michel mit einem Plastikvisier. – Foto: Weinhaus Michel

Nun heißt es in der Auslegungshilfe des Landes zum Thema Mund-Nasen-Schutz auf einmal, man weise „vorsorglich darauf hin, dass Visiere zwar zulässig sind“, jedoch „nicht als gleichwertige Alternative“ zu Mund-Nasen-Schutzmasken angesehen werden könnten und deshalb nicht die durch die Corona-Bekämpfungsverordnung geregelte Maskenpflicht erfüllten. Der Grund: Die Visiere haben eine erheblichen Abstand zum Mund, dadurch fangen sie die Atemluft und damit die Tröpfchen des Trägers nicht ab, sondern leiten beides nach unten ab – womöglich direkt auf das Produkt, mit dem derjenige gerade hantiert.

Die späte Klarstellung des Landes sorgt nun aber wiederum für Ärger, haben sich doch viele Unternehmen in Handel und Gastronomie gerade auf die Visiere eingestellt und sie für ihre Mitarbeiter angeschafft. Am Montag stellte das Gesundheitsministerium nach einem Gespräch mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund dann doch klar: Das Tragen von Visieren bei Verkäufern und in der Gastronomie ist dann möglich und als Ersatz zur Maske erlaubt, wenn die Abstandsregeln zum Kunden klar eingehalten werden. Auch sind Kassierer oder Verkäufer, die durch eine Trennscheibe von den Kunden geschützt sind, von der Pflicht, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, befreit und können stattdessen zu Visieren greifen.

Land wollte Bordelle öffnen – und ruderte nun zurück

Busunternehmer protestierten in Mainz gegen Corona-Beschränkungen. - Foto: gik
Busunternehmer protestierten in Mainz gegen Corona-Beschränkungen. – Foto: gik

Für Irritationen sorgte aber auch die neueste, die 9. Corona-Verordnung des Landes: Damit erlaubt das Land ab dem 10. Juni weitere umfangreiche Lockerungen des Lockdowns zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Danach erlaubt Rheinland-Pfalz nun deutlich früher als geplant Bus- und Schiffsreisen – vor allem Busunternehmer hatten Ende Mai mit einem großen Buskorso in Mainz gegen die Stilllegung ihrer Branche bis zum 24. Juni protestiert. Prompt erlaubte das Land die Reisen nun wieder ab dem 10. Juni, der Betrieb sei „unter den Bedingungen des ÖPNV möglich, also mit Abstandsregeln und wo nicht möglich, mit klarer Maskenpflicht“, sagte Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP).

Zu den Lockerungen hätte aber auch eine Wiederöffnung der Bordelle und Prostitutionsbetriebe gehört – das sorgte prompt für Ärger in Bevölkerung, Medien und der bei der Opposition: Bordelle zu öffnen, während Kinder weder in Schulen noch in Kitas einen Normalbetrieb hätten, sei „ein Schlag ins Gesicht aller Eltern“, lautete eine weit verbreitete Kritik. Das Land hinke bei dem Neustart des Präsenzbetriebes in den Schulen hinterher, alles rede „von Bundesliga, Gastronomie und Einzelhandel – doch wer denkt eigentlich an die Kinder und Jugendlichen“, kritisierte CDU-Generalsekretär Gerd Schreiner auf Facebook. Die „Chaosregierung Dreyer“ zeige sich gerade in der Corona-Pandemie völlig überfordert, schimpfte der Mainzer CDU-Stadtrat Thomas Gerster: „In der Krise zeigt sich die Unfähigkeit dieser Regierung unter dem Brennglas. Puffs statt Schulen! Heute Hüh, morgen Hott! Unfassbar!“

Abstand und Masken gelten weiter als wichtigste Baustein zum Schutz vor dem Coronavirus. - Foto: gik
Abstand und Masken gelten weiter als wichtigste Baustein zum Schutz vor dem Coronavirus. – Foto: gik

Am Montag stellte das Land klar: Die Öffnung von Bordellen und anderen Prostitutionsbetrieben zum 10. Juni wird zurückgenommen. Der ursprünglichen Entscheidung habe zugrunde gelegen, dass es in Anlehnung an die körpernahen Dienstleistungen „folgerichtig“ gewesen sei, „gewisse Dienstleistungen auch in Bordellen zuzulassen“, teilte die Landesregierung mit. Das hätte sogenannte „erotische Massagen“ betroffen. Man habe aber seither „eine große Resonanz erhalten, auch von Ordnungsämtern“, die Bedenken hätten: Sie könnten nämlich anders als bei anderen körpernahen Dienstleistungen, die vorgesehenen weitreichenden Hygiene- und Reinigungsvorgaben „in Bordellen nicht gleichermaßen effektiv kontrollieren“, so das Land weiter. Die Nachverfolgung von Infektionsfällen sei „bei realistischer Betrachtung nur schwer zu gewährleisten.“

Das Zurückrudern des Landes geschieht aber auch, weil die Bordelle in anderen Bundesländern weiterhin geschlossen bleiben – es gelte, „eine Verlagerung von Sexualdienstleistungen nach Rheinland-Pfalz zu vermeiden.“ Eine Öffnung von Bordellen solle nun „im Gleichklang der Bundesländer erfolgen.“

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