Nach seinem entgleisten Tweet zum Hissen einer Regenbogenflagge am Berliner Bundesfamilienministerium hat sich der Mainzer CDU-Chef Thomas Gerster noch einmal öffentlich entschuldigt. Er habe „keinesfalls die Gefühle der Menschen der LGBTQIA+ Community verletzen, und schon gar nicht in Zusammenhang mit dem dritten Reich bringen“ wollen, schrieb Gerster in einer Persönlichen Erklärung: Er wolle sich „von tiefstem Herzen und in aller Form entschuldigen.“ Auch seine eigene CDU Mainz rügte Gerster.

Dieser Tweet des Ex-Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt war der Auslöser. - Screenshot: gik
Dieser Tweet des Ex-Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt war der Auslöser. – Screenshot: gik

Der Mainzer CDU-Chef hatte am Dienstag auf Twitter das Hissen einer Regenbogenflagge vor dem Bundesfamilienministerium in Berlin mit den Worten kommentiert: „Man hat schon einmal schwarz-rot-gold durch andere Farben ersetzt. Auch damals war das Ziel die Durchsetzung einer eigenen Weltanschauung. Spoiler: Es ging nicht gut.“ Der Tweet löste umgehend heftige Reaktionen aus, SPD, Grüne und Linke warfen Gerster einen “unsäglichen” Nazi-Vergleich und homophobe Äußerungen vor.

Die Mainzer SPD sprach von einem „unsäglichen, nicht hinnehmbaren Vergleich“, die Mainzer Grünen warfen Gerster vor, “den Holocaust zu verharmlosen”, und Menschen der LGBTQIA-Community „mit den Nazis und dem nationalsozialistischem Regime auf eine Stufe“ zu stellen. Die Linke warf Gerster sogar “homophobe Ausfälle” vor und schimpfte, “diese brutale Täter-Opfer-Umkehr lässt uns wütend zurück.”

- Werbung -
Werben auf Mainz&

 

Gerster hatte mit seinem Tweet allerdings nicht auf das Hissen einer „regulären“ Regenbogenflagge reagiert, vor dem Bundesfamilienministerium war vielmehr eine sogenannte „Progress-Regenbogenflagge” gehisst worden, die neben den Farben des Regenbogens auch weitere Streifen in einem Dreieck enthält. Diese Streifen sollen dem Regenbogen, der für die Gleichberechtigung der LGBT-Community steht, die Solidarität für Trans- und Inter-Personen hinzufügen.

Das Hissen der Progress-Regenbogenflagge (oben rechts) war rechtswidrig. - Screenshot: gik
Das Hissen der Progress-Regenbogenflagge (oben rechts) war rechtswidrig. – Screenshot: gik

Das Problem mit der “Progress-Regebogenfahne”: Ihr Hissen war rechtswidrig und vom SPD-geführten Bundes-Innenministerium offiziell und gleich mehrfach schriftlich untersagt worden. Welche Flaggen vor öffentlichen Gebäuden in Deutschland gehisst werden dürfen, regelt ein Beflaggungserlass, und danach sind ausschließlich Bundesflaggen, Landesflaggen, Gemeindeflaggen sowie die Flaggen ausländischer Staaten oder internationaler Organisationen zugelassen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte zum Christopher Street Day in Berlin in diesem Jahr erstmals in einem Erlass erlaubt, dass Ministerien auch die Regenbogenflagge hissen dürfen – für die „Progress-Regenbogenflagge“ galt das aber nicht. Sie gehöre zu den sogenannten „Logo-Flaggen”, deren Hissen nicht vom Erlass gedeckt sei, „und auch nicht genehmigt werden kann“, betonte das Innenministerium. Genau darauf hatte Gerster reagiert – und sich nach den heftigen Reaktionen noch am Abend für seinen Tweet entschuldigt.

 

Am Mittwoch veröffentlichte Gerster dann eine „Persönliche Erklärung“ via Presse und in den sozialen Netzwerken: „Gestern habe ich mit einem Tweet zur Beflaggung am Deutschen Reichstag für Unruhe und auch zu Unmut bei vielen Menschen gesorgt. Hierzu möchte ich folgendes bemerken“, schreibt Gerster darin, und betont: „Ich wollte damit keinesfalls die Gefühle der Menschen der LGBTQIA+ Community verletzen und schon gar nicht in Zusammenhang mit dem dritten Reich bringen.“

Der Mainzer CDU-Chef Thomas Gerster hat sich für seinen Tweet entschuldigt. - Foto: gik
Der Mainzer CDU-Chef Thomas Gerster hat sich für seinen Tweet entschuldigt. – Foto: gik

Auch liege ihm „nichts ferner, als den Holocaust in seinem Schrecken zu relativieren“, betont der CDU-Mann weiter: „Bei den Menschen, die ich hierdurch verletzt habe, möchte ich mich von tiefstem Herzen und in aller Form entschuldigen.“ Die von ihm getätigte Äußerung stelle „ebenso wie diese Klarstellung meine persönliche Meinungsäußerung dar,  und wurde nicht in meiner Funktion als Kreisvorsitzender der CDU Mainz getätigt“, unterstrich Gerster weiter.

Zuvor hatte auch seine eigene Partei den Tweet deutlich kritisiert: Der geschäftsführende Kreisvorstand der CDU-Mainz habe sich „sehr intensiv mit Thomas Gerster über die Twitter Äußerungen und den veröffentlichten NS-Vergleich im Kontext mit der LGBTQIA+ Flagge ausgetauscht“, teilte der Kreisvorstand am Mittwoch mit, und betonte: „Alle Teilnehmenden haben sich klar und deutlich von dem Vergleich distanziert.“

 

Gerster habe aber „glaubhaft versichert, dass sein Tweet ein Fehler war, und er weder die Absicht hatte, Angehörige der LGBTQIA+Community zu verletzen, oder diese mit Nazis zu vergleichen.“ Er habe sich zudem im Rahmen des geschäftsführenden Kreisvorstands, wie zuvor auch öffentlich dafür entschuldigt, diese Entschuldigung sei akzeptiert worden. „Für Diskriminierungen jeder Art und historische Vergleiche mit der totalitären, menschenverachtenden NS-Herrschaft ist in der CDU-Mainz kein Platz“, unterstrich der Kreisvorstand weiter.

Die "normale" Regenbogenflagge beim Christopher Street Day in Mainz. - Foto: gik
Die „normale“ Regenbogenflagge beim Christopher Street Day in Mainz. – Foto: gik

Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) reagierte inzwischen auch, und zwar deutlich: „Am 1. August werde ich um 11.30 h gerne wieder die Regenbogenfahne vor dem Stadthaus in der Großen Bleiche hissen“, schrieb Ebling auf Twitter – und zitierte dabei den Tweet Gersters.  „Das machen wir seit Jahren zu jedem #csd und das bleibt so. Und das ist auch gut so“, betonte der OB – und fügte noch drei Regenbogen-Zeichen hinzu.

Info& auf Mainz&: Die gesamte Geschichte um den Tweet von Thomas Gerster könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen. Mehr zum Hintergrund der Regenbogenflagge sowie ihrer neueren Variationen findet Ihr hier im Internet.