Die Nutzung von Landstrom ist eines der wichtigen Argumente von Stadt Mainz und Binnenschiffern für die Verträglichkeit der geplanten Schiffsanleger vor der Südmole des Mainzer Zollhafens, eine konkrete Umsetzung ist bislang aber gar nicht gegeben: Das Mainzer Stromnetz sei bisher für eine Nutzung von Landstrom durch Schiffe am Rheinufer nicht ertüchtigt worden, teilte die Stadtverwaltung jetzt in der Stadtratssitzung Ende August mit. Das gilt sowohl für die Anlandeplätze für Binnenschiffer vor dem Zollhafen, als auch für die Versorgung von Flusskreuzfahrtschiffen entlang des Adenauer-Ufers. Die Bürgerinitiaitive Neustadt-Ufer argwöhnt deshalb, die Stadt könne die Nutzung des sauberen Landstroms gar nicht garantieren.

Binnenschiff und Personenschiff auf dem Rhein bei Mainz. - Foto: gik
Binnenschiff und Personenschiff auf dem Rhein bei Mainz. – Foto: gik

Die Stadt Mainz will eigentlich bis Ende 2021 alle Steiger entlang des Rheinufers, die für Flusskreuzfahrtschiffe geeignet sind, mit Landstrom ausstatten, damit die Schiffe während des Liegens nicht länger ihre Dieselgeneratoren nutzen müssen, sondern auf sauberen Landstrom zurückgreifen können. Die Maßnahme ist Teil des Green City Masterplans, mit dem die Stadt Dieselfahrverbote abwenden will – Kreuzfahrtschiffe gelten als erhebliche Quelle für den Ausstoß von Schadstoffen wie Stickoxide und Feinstaub. Derzeit plane man, alle sieben Anlandestege für große Personenschiffe mit Landstrom auszustatten, sagte Verkehrs- und Umweltdezernentin Katrin Eder (Grüne) in der Antwort auf eine Anfrage der CDU im Stadtrat. Die acht Steiger für die kleineren Ausflugsschiffe plane man hingegen nicht umzurüsten, das sei bei den kurzen Liegezeiten weder möglich noch sinnvoll.

Die Pläne gibt es bereits seit einigen Jahren, die Umsetzung gestaltet sich allerdings offenbar schwierig: „Eine Landstromlösung ist sowohl technisch als auch kaufmännisch anspruchsvoll“, heißt es in der Antwort Eders nun: „Konzeption, Kalkulation und finale Planung sind sehr anspruchsvoll und nehmen noch Zeit in Anspruch.“ Aktuell gebe es entlang der Adenauer-Ufers auch noch keine Infrastruktur, lediglich einige Leerrohre seien verlegt worden. Nötig seien aber einige hundert Meter neue Kabel für starke Mittelspannungsleitungen, dazu eine eigene Trafostation für jeden Steiger. „Dann kommt noch das Aggregat für den Ladevorgang hinzu“, heißt es weiter.

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Das wiederum bedeute, dass entlang des Rheinufers mehrere Trafostationen neu errichtet werden müssten. „Dieses Thema wird derzeit im Rahmen der Neugestaltung des Rheinufers analysiert“, teilte Eder weiter mit. Insbesondere der Hochwasserschutz und die Stadtbildpflege am Adenauer Ufer seien hier Knackpunkte. „Hier müssen wir uns eingestehen, dass die Lösungen häufig komplizierter sind, als sie auf den ersten Blick scheinen und daher etwas mehr Zeit benötigen, als wünschenswert wäre“, so die Dezernentin schriftlich.

Kreuzfahrtschiff am Mainzer Winterhafen. - Foto: gik
Kreuzfahrtschiff am Mainzer Winterhafen, die Stadt will die Schiffe mit Landstrom versorgen, die Umsetzung ist aber schwierig.. – Foto: gik

Dazu kommt eine notwendige Ertüchtigung des Mainzer Stromnetzes: Ursprünglich hatte die Stadt mit einer Leistung von 600 Ampere pro Steiger geplant, neue Abfragen bei Schifffahrtslinien ergab aber, dass diese inzwischen 800 Ampere für ein Flusskreuzfahrtschiff benötigen, das sei auch die Empfehlung anderer Landstromanlagen-Betreiber aus Köln, Mannheim und Regensburg. „Eine Ertüchtigung des Mainzer Stromnetzes bezüglich der Landstromversorgung fand noch nicht statt“, heißt es aber in der Antwort: „Um die erforderlichen Stromstärken am Rheinufer sicher anbieten zu können, bedarf es weitreichender Konzepte und Veränderungen der Energieversorgung im angrenzenden Stadtgebiet.“

Die Bürgerinitiative Neustadt-Ufer sieht das indes auch als Alarmzeichen für die versprochene Landstromversorgung der Binnenschiffer bei den geplanten Schiffsanlegern vor dem Mainzer Zollhafen. „Der versprochene Landstrom kommt erst einmal nicht“, kritisierte BI-Sprecher Torsten Kirchmann: „Das Stromnetz von Mainz ist darauf gar nicht vorbereitet.“ Die Stadt lehne Anwohnern im Zollhafen derzeit sogar Ladestationen für E-Autos ab, und die bräuchten deutlich weniger Leistung als ein Binnenschiff. Die Anwohner des Mainzer Zollhafens sowie der Mainzer Neustadt wehren sich gegen die geplanten vier Schiffsanlegestellen sowie einen Autoabsetzplatz, weil sie erheblichen Lärm und Abgase für die Mainzer Neustadt befürchten. Die Infrastruktur für Landstrom stellt an der Südmole der Bund zur Verfügung.

Schiffsanleger am Mainzer Rheinufer, die Stadt will hier Landstrom installieren. - Foto: gik
Schiffsanleger am Mainzer Rheinufer, die Stadt will hier Landstrom installieren. – Foto: gik

Ein Hindernis für den Landstrom sind offenbar zudem die erheblichen Kosten: Die Stadt habe 2017 einen Betrag von 150.000 Euro als erforderliche Investition pro Steiger genannt, sagte CDU-Stadtrat Karsten Lange – damals plante man noch mit 600 Ampere Anschlussleistung. Eder räumte nun ein, pro Steiger werde eine mittlere sechsstellige Summe zusammenkommen. „Die Finanzierung stellt eine Herausforderung dar, weil alleine der verkaufte Strom die Installationskosten nicht deckt“, teilte die Dezernentin weiter mit. Es brauche daher „Modelle, bei denen die Nutzer Strom und Infrastruktur bezahlen“, fügte sie hinzu. Die Kosten für die Bereitstellung des Stromes sollten bis Ende September 2019 von den Stadtwerken ermittelt werden.

Gleichzeitig betonte die Dezernentin, die Kosten für den Landstrom am Mainzer Rheinufer seien nicht das alleinige Argument: „Alle Beteiligten sind sich ihrer hohen sozialen und ökologischen Verantwortung bewusst und suchen nach Lösungen“, unterstrich sie.

Info& auf Mainz&: Einen grundlegenden Artikel zum Thema Schiffsanleger am Mainzer Zollhafen findet Ihr hier bei Mainz&.

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