Monimus war Syrer, als Bogenschütze kam er an den Rhein, ein echter Technologietransfer – im 1. Jahrhundert nach Christus. Künftig wird Monimus die Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtags an die wechselvolle Geschichte von Flucht und Heimat erinnern – sein Grabstein ist einer von 117 antiken Steinen, der das künftige Plenum des Landtags rahmt. In der Steinhalle des Landesmuseums werden die Abgeordneten ab dem 18. Mai tagen. Nun stellten Landtag und Landesbetrieb Bauen den Umbau schon mal der Presse vor.

Das alte Plenarrund in der neuen Steinhalle
In der Steinhalle des Landesmuseums entsteht das alte Plenarrund aus dem Deutschhaus – Foto: gik

Es ist ein Mega-Unterfangen: Mitten in einem Museum wird ein Plenarsaal eingebaut. Die sogenannte Steinhalle, die ehemalige Reithalle der Kurfürsten von Mainz, war einfach einer der wenigen großen Räume in der Mainzer Innenstadt, die den Plenarsaal aus dem alten Landtag aufnehmen konnten. Und das geht ungemein gut: Das große Sitzrund aus Holz mit den 110 Abgeordnetenplätzen passt perfekt in die Halle, die heute zum Landesmuseum Mainz gehört.

Seit 1937 logiert das Landesmuseum in den ehemaligen Marställen an der Großen Bleiche, in der Steinhalle war bisher die Sammlung antiker Grabsteine und Inschriftenreste untergebracht. Hier steht auch der original Dativius-Victor-Bogen, ein Triumphbogen, gestiftet Mitte des 3. Jahrhunderts nach Christus von einem reichen Stadtherrn aus Frankfurt. Der war offenbar vor Überfällen feindlicher Germanenstämme von der rechten Rheinseite geflohen „und hat hier in Mainz Asyl gefunden“, sagt Ellen Riemer, Kuratorin für die Römerzeit im Landesmuseum – aus Dank habe er dann den Bogen samt einer anschließenden Säulenhalle gestiftet. Mainz hat eben schon immer Verfolgten aller Couleur Asyl geboten – auch Hessen nehmen wir notfalls gerne auf 😉

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Dativius Victor Bogen in der Steinhalle
Der Dativius-Victor-Bogen vor dem neuen „Steinregal“, dem Raumteiler in der Steinhalle – Foto: gik

Um den Dativius-Victor-Bogen wird nun künftig das politische Herz von Rheinland-Pfalz schlagen: Der neue Landtag, der sich am 18. Mai konstituiert, wird dann in der Steinhalle zusammenfinden. Rund um den Triumphbogen erstreckt sich dann die Lobby, Eintrittsfoyer und Cafeteria, und zugleich Raum zur Begegnung für die Abgeordneten aus allen Landesteilen. Noch stehen hier Baumaterialien verteilt, eine große Wand teil den Raum in zwei Hälften.

„Steinregal“ nennen sie den neun Meter hohen Raumteiler, auf Simsen werden hier altrömische Kapitelle, Götterstatuen und Inschriftensteine stehen. Das „Regal“ macht aus der langgezogenene Steinhalle zwei annähernd quadratische Viertel. So entstand neben der Lobby auf der einen auch ein Plenarsaal auf der anderen Seite. Der Grund: Das Deutschhaus, die Wiege der Demokratie in Mainz und Sitz des Landtags, muss saniert werden, Ende Oktober 2015 zog der Landtag mit seiner Verwaltung ins benachbarte Isenburg-Karré. Die Abgeordneten tagten erst einmal im Mainzer Rathaus.

Der rote Sandsteinbau am Rhein, das Adelspalais aus dem 18 Jahrhundert, ist in die Jahre gekommen, vor allem Technik, Gänge und Veranstaltungssäle sind völlig veraltet. Nun wird das Deutschhaus saniert, eigentlich sollte das bis Ende 2018 abgeschlossen sein. Am Dienstag hieß es nun, die Sanierungsarbeiten sollten bis 2019 dauern – Verzögerungen nicht ausgeschlossen. „Wir sind bei der alten Schönheit vor Überraschungen nicht gefeit“, sagte der scheidende Landtagspräsident Joachim Mertes.

Plenarrund in der Steinhalle nah
Maßarbeit: Der Einbau des alten Plenargestühls in der Steinhalle – Foto: gik

Eine der Bedingungen des Umzuges: das Plenargestühl mit der besonderen Rundform musste mit. Wahrlich keine leichte Aufgabe für den Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB). „Das Gestühl war für die Ewigkeit gebaut, ein Umbau nie vorgesehen“, berichtete LBB-Chef Holger Basten Mainz&. Mit dem Laser vermaßen die Ingenieure passgenau das Gestühl, bei dem Tisch an Tisch hängt. Selbst die Handwerkerfirmen trauten sich an den Auftrag zunächst nicht ran – nun steht die Konstruktion aus runden Tischen eins zu eins in der Steinhalle und Basten schwärmt: „Ein ganz tolles Projekt.“

Überhaupt legte der LBB in der Steinhalle mächtig Hand an: Die alte Holzkonstruktion der Decke musste ertüchtigt werden, unter dem Dachstuhl wurde in 17 Monaten Arbeit innen eine völlig neue Flachdecke mit hochmoderner Technik eingezogen – sogar Heizelemente wurden verarbeitet. Neun Meter hoch ist die Steinhalle, 1.200 Quadratmeter misst das Gebäude insgesamt, da ist Heizung willkommen. Auch das Mauerwerk musste statisch ertüchtigt , eine Lüftungsanlage mit Teilklimatisierungsfunktion eingebaut werden. Und die neue Decke dient auch der Verbesserung der Akkustik – noch hallt es gewaltig in der riesigen Halle.

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So soll der fertige Plenarsaal in der Steinhalle mal aussehen – Foto: LBB

Gegen den Schall soll eine Tuchbespannung auf dem Raumteiler wirken, dort wird auch die Originalfahne vom Hambacher Fest – die den Plenarsaal im Deutschhaus zierte – wieder ihren Platz finden, sobald das wertvolle historische Stück restauriert worden ist. Knapp eine Million Euro kosten allein die neue Ausstattung mit Decke und Raumteiler, sagte Bauministerin Doris Ahnen (SPD), rund 2,5 Millionen Euro die Instandhaltungsmaßnahmen. Fünf Millionen Euro investiert das Land insgesamt in den Umbau, der nicht allein dem Landtag zugute kommt.

„Wir gehen davon aus, dass die Steinhalle in vier Jahren wieder Museum sein wird“, sagte Thomas Metz, Chef der Generaldirektion Kulturelles Erbe. Auch während der Landtag zu Gast ist, werde das Museum die Räume außerhalb der Plenarwochen nutzen können. Schließlich werden in der Lobby und in der Halle verteilt insgesamt 117 Exponate stehen – darunter die wichtigsten archäologischen Funde von Mainz.

Thomas Metz mit antiken Grabsteinen
Thomas Metz, Chef der Generaldirektion Kulturelles Erbe neben antiken Grabsteinen in der Steinhalle – ganz links der des Syrers Monimus – Foto: gik

Neben dem Dativius-Victor-Bogen und dem Grabstein des Syrers Monimus findet sich auch der berühmte Grabstein des Fischers Blussus hier – und ein besonderes Steinepaar: Der Grabstein des Mordopfers Iucundus, eines Mainzers, der von seinem eigenen Sklaven ermordet wurde. Der Sklave wiederum ertränkte sich im Main – andersnfalls wäre er vielleicht von dem Scharfrichter hingerichtet worden, dessen Grabstein nun daneben steht. „Der Kontrast Mordopfer – Gerechtigkeit ein einmalig in einem Museum“, sagt Riemer. Und absolut passend in einem Landtag, der die Gesetze verfasst….

„Wir wollen das Gefühl vermitteln, in einem Museum zu sein“, sagte Metz, der hofft, vielleicht würden die Abgeordneten in der Pause auch mal einen Abstecher in die Ausstellungsräume machen. Metz will die Politiker mit Ausstellungen zu Highlights der Geschichte von Rheinland-Pfalz empfangen. 2017 steht das 70. Jubiläum der Landesarchäologie an, passend dazu sollen wichtige Exponate aus allen Teilen des Landes gezeigt werden. „Wir laden ein zu einer Reise durch das Land, man wird aus jeder Region etwas hier finden“, verspricht Metz.

Erst einmal aber müssen die Handwerker die letzte Strecke bis Mai bewältigen, am 2. Mai soll hier der Schüler-Landtag tagen, als Generalprobe für den 18. Mai sozusagen. „Das ist eng und anspruchsvoll“, sagte Basten noch, „aber wir werden das schaffen.“

Info& auf Mainz&: Mehr zur Renovierung des Deutschhauses und den Plänen für den neuen Landtag findet Ihr in diesem Mainz&-Artikel. Die offiziellen Informationen dazu gibt es natürlich auf der Internetseite des Landtags, genau hier.

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