Am 9. Juni 2024 findet nicht nur die nächste Europawahl statt, sondern auch die nächsten Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz – in Mainz wird dann wie in anderen Kommunen auch ein neuer Stadtrat bestimmt. Die Linke hat nun als eine der ersten Parteien im Stadtrat ihre Liste für die kommende Wahl aufgestellt: Die Partei tritt weitegehend mit den bisherigen Stadträten an, darunter auch Ex-OB-Kandidat Martin Malcherek. Es wird eine schwierige Wahl für die Linke: Auf Bundesebene droht eine Abspaltung von Sahra Wagenknecht, und auch im Land gab es zuletzt Turbulenzen um die Landeschefin, die beim Christopher Street Day handgreiflich wurde.

Die Linke Mainz-Bingen im Jahr 2019, dem Jahr der letzten Kommunalwahl. - Foto: Linke
Die Linke Mainz-Bingen im Jahr 2019, dem Jahr der letzten Kommunalwahl. – Foto: Linke

Bei der Kommunalwahl am 27. Mai 2019 waren die Linken zuletzt auf eine Zustimmung von 5,9 Prozent bei den Wählern in Mainz gekommen, das bedeutete vier Sitze im Mainzer Stadtrat. Für die kommende Wahl wäre die Linke wahrscheinlich froh, dieses Ergebnis überhaupt noch halten zu können – die Zukunft der Linkspartei sieht derzeit reichlich düster aus: Auf Bundesebene droht gerade eine Abspaltung durch die bekannte Linksfrontfrau Sahra Wagenknecht, deren Partei sich womöglich noch in diesem Jahr gründen soll.

Es würde wohl eine tiefe Spaltung der Linkspartei nach sich ziehen, die 2007 durch die Verschmelzung der SPS-Abspaltung WASG mit der PDS entstand. WASG, das stand damals für „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ – die Partei gründete sich als Alternative zur von Kanzler Gerhard Schröder in die Hartz-Reformen geführte SPD. Im Osten hatte die Linke lange Zeit noch den Bonus der alten Ostpartei, im Westen hatte die Linke stets um den Einzug in die Parlamente zu kämpfen: Im Gegensatz zu Hessen gelang der Einzug ins Landesparlament Rheinland-Pfalz nie.

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In Hessen droht der Linken der Absturz, im Bund die Spaltung

In Hessen, wo am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt wird, droht der Linken nun derzeit der Sturz in die Bedeutungslosigkeit: Die Partei liegt in Umfragen derzeit noch bei ganzen 3 Prozent. Grund ist weniger die Arbeit im Lande, als vielmehr die anhaltenden Querelen und Streitigkeiten in Berlin: Die Bundestagsfraktion ist tief zerrissen zwischen Wagenknecht-Anhängern und Gegnern, gerade erst scheiterte gar eine Neuwahl des Fraktionsvorstands daran, dass Wagenknecht-Getreue nicht mehr antreten wollte, sich aber auch sonst keiner fand.

Früher starke Hessen-Linke, heute Bundeschefin: Janina Wissler (Mitte). - Screenshot: gik
Früher starke Hessen-Linke, heute Bundeschefin: Janina Wissler (Mitte). – Screenshot: gik

Die in Hessen einst so starke Linken-Chefin Janina Wissler bekommt die Querelen auf Bundesebene ebensowenig in den Griff, wie ihr Ko-Vorsitzender Martin Schirdewann, der im nächsten Jahr um seinen Platz im Europaparlament kämpfen muss. „Die Linke wird als soziale Kraft gebraucht“, betonte denn auch Kreisvorstandsmitglied Nikos Mertens auf dem Parteitag in Mainz am Wochenende: Weder die Ampelkoalition in Mainz, noch die im Land Rheinland-Pfalz oder im Bund seien „Fortschrittskoalitionen“. „Ein Spar-Haushalt nach dem anderen lässt die Infrastruktur verkümmern und vergrößert die Schere zwischen Arm und Reich“, schimpfte Mertens  Es sei die Linke, die sich gegenüber den Wählern für eine sozial-gerechte Politik einsetzen müsse.

Und das wollen die Mainzer Linken im kommenden Jahr mit einem bewährten Team tun: Auf Platz eins setzte die Versammlung den bisherigen Stadtratsfraktionschef der Linken, Tipac Orellana, auf Platz zwei Linken-Stadträtin Carmen Mauerer. „Die Ampel hat gezeigt, dass sie die Krisen unserer Zeit nicht lösen kann oder will“, kritisierte Orellana. Besonders in der Wohnungspolitik sei „das Scheitern von SPD, GRÜNEN und FDP nicht zu übersehen.“ Die Mieten explodierten weiter, während die Stadtpolitik zuschaue. Die Linke wolle die städtische Wohnbau stärken, Bauland bereitstellen und Mieterhöhungen verhindern.

Stadtratsliste der Linken mit Orellana, Mauerer und Malcherek

Mauerer betonte, die Linke wolle im Rat der Stadt „weiterhin eine Stimme für die sein, die selbst oft keine Kraft oder Zeit zum Kämpfen haben, weil sie finanziell und sozial benachteiligt sind.“ Der Reichtum in Deutschland nütze wenigen und kommt bei den meisten nicht an. Noch immer gebe es Kinderarmut, viel zu hohe Mietpreise und Wohnungslosigkeit. „Da wollen und müssen wir ansetzen: Mit konkreten Maßnahmen, die Mainz endlich zu einer sozial gerechten, barrierefreien, internationalen, umweltgerechten und solidarischen Stadt für alle machen!“

Ist erneut Spitzenkandidat der Linken: Verdi-Gewerkschafter und Fraktionschef Tupac Orellana. - Foto: Linke
Ist erneut Spitzenkandidat der Linken: Verdi-Gewerkschafter und Fraktionschef Tupac Orellana. – Foto: Linke

Einfach wird das nicht, hatte doch auch die Linke in Rheinland-Pfalz zuletzt ihre Skandale: Die Mainzer Linken-Vorsitzende Aylin Gümüs trat Anfang August nach einem Faustschlag auf dem Christopher Street Day zurück. Und auch auf Landesebene rangiert die Linke in Rheinland-Pfalz mit Umfrageergebnissen von gerade einmal um die zwei Prozent weit abgeschlagen hinten.

Doch in Mainz gibt es ja noch eine Geheimwaffe: Linken-Stadtrat Martin Malcherek ist bereits zweimal als OB-Kandidat der Linken angetreten – und kam zuletzt im März 2023 auf höchst respektable 7,1 Prozent. Der Rechtsanwalt aus der Mainzer Neustadt hatte sich mit eine engagierten Wahlkampf und klaren Konzepten weithin Respekt erarbeitet, gut möglich, dass er die Mainzer Linke auch bei der kommenden Wahl mitziehen kann. Die Wahlversammlung setzte Malcherek auf Platz drei der Stadtratsliste.

Ex-OB-Kandidat Malcherek: Mainz verändern

Mit seiner Kandidatur wolle er Mainz verändern, kündigte Malcherek an: „Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht oder in die Tageszeitung schaut, weiß: Mainz braucht Veränderung!“ Die Stadt laufe den Entwicklungen hinterher und habe auf das Anwachsen von Armut oder die Folgen des Klimawandels noch keine Antworten gefunden. „Kitas und Schulen arbeiten am Limit, Geschäfte stehen leer, gleichzeitig gibt es Wohnungsmangel und die Kulturszene kämpft ums Überleben“, zählte Malcherek auf. Auch die Verkehrswende sei „noch nicht einmal in Sicht.“

Wahlplakat von Martin Malcherek im OB-Wahlkampf 2023. - Foto: Linke
Wahlplakat von Martin Malcherek im OB-Wahlkampf 2023. – Foto: Linke

Auf Platz vier kandidiert nun die aktuelle Kreisschatzmeisterin Carlotta Stahl, sie kündigte an, sich vor allem für Verkehrswende und mehr Klimaschutz einsetzen zu wollen. Besonders wichtig sei dafür „ein effizienter, gut ausgebauter und kostenfreier ÖPNV, der soziale Teilhabe ermöglicht und das Auto in der Stadt unnötig macht“, sagte Stahl, die auch ein umfassendes Schutzkonzept für Extremwetterereignisse forderte.

Insgesamt wurden 60 Listenplätze vergeben, das Geschlechterverhältnis sei ausgeglichen, teilte die Linke weiter mit. Gegenkandidaturen habe es nicht gegeben. Nicht auf der Liste steht der wohl prominenteste Linken-Kandidat: Der Obdachlosenarzt Gerhard Trabert kandidiert im kommenden Jahr fürs Europaparlament.

Info& auf Mainz&: Eine Analyse zur kommenden Kommunalwahl und den möglichen Veränderungen dabei für den Stadtrat in Mainz lest Ihr hier bei Mainz&.