Die Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz“ hat in diesem Jahr wieder mehr Zuschauer vor die Fernsehgeräte gelockt als im Vorjahr: 2024 sahen im Schnitt 4,71 Millionen Zuschauer die „Mutter aller Fernsehsitzungen“, 2023 waren es lediglich 4,58 Millionen gewesen. Die Marke von fünf Millionen Zuschauern wurde damit aber erneut verfehlt. Trotzdem fuhr „Mainz bliebt Mainz“ mit großem Vorsprung des Tagessieg ein – in Mainz gilt die Sendung als eine der besten Fernsehsitzungen der vergangenen Jahre. Umso ärgerlicher: Hektische Bildschnitte bei der Liveübertragung – und oft die falsche Polit-Prominenz im Bild.

Ein großes Meenzer Fastnachtsfest: Die Livesendung "Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht" am Freitagabend im ZDF. - Foto: gik
Ein großes Meenzer Fastnachtsfest: Die Livesendung „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ am Freitagabend im ZDF. – Foto: gik

Es war 2023, als die traditionsreiche Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz“ erstmals unter die magische Marke von fünf Millionen Zuschauern rutschte – nur 4,58 Millionen Zuschauer, das war ein Minusrekord. 2018 hatten noch 6,42 Millionen Zuschauer bei „Mainz bleibt Mainz“ eingeschaltet, nur ein Jahr später rutschte die Fernsehsitzung schon auf 5,81 Millionen Zuschauer ab – schon damals sprach man vom „Quotentief“. Vergangenes Jahr reichte es noch nicht einmal zum Tagessieg, „Mainz bleibt Mainz“ kam lediglich auf Platz vier in der Zuschauergunst am Fastnachtsfreitag.

Das war 2024 wieder deutlich anders: 4,71 Millionen Zuschauer sahen im Schnitt die große Fastnachtssitzung aus Mainz, das seien 130.000 mehr als ein Jahr zuvor gewesen, berichtete der Branchendienst DWDL.de am Samstag. Damit erzielte „Mainz bleibt Mainz“ einen Marktanteil von 21,5 Prozent und holte sich auch den Tagessieg zurück- vor der „Tagesschau“ (4,32 Millionen , 17,1 Prozent) und einem „Donna Leon“-Krimi in der ARD, der trotz Wiederholung immer noch auf 3,94 Millionen Zuschauer und damit einen Marktanteil von 15,3 Prozent kam.

- Werbung -
Werben auf Mainz&

Zuschauerquoten leiden unter Abschied vom linearen Fernsehen

Die Zählung der Zuschauerzahlen leidet allerdings unter einem gravierenden Problem: Immer weniger Zuschauer nutzen das lineare, klassische Fernsehen – Zuschauer, die per Mediathek oder Livestream übers Internet zuschauen, werden dabei gar nicht erfasst. Damit werden natürlich auch nicht Public Viewings gezählt, bei denen ganze Familien oder sogar ganze Vereine gemeinsam die Sitzung gucken – in Mainz ist das durchaus eine beliebte Version. Die Einschaltzahlen dürfen also getrost mit einem Faktor X multipliziert werden, um die wahren Zuschauer vor den Bildschirmen in etwa abschätzen zu können.

Die jungen Musicacts wie "Dobbelbock" sorgten für jede Menge Schwung in der Fernsehsitzung. - Foto: gik
Die jungen Musicacts wie „Dobbelbock“ sorgten für jede Menge Schwung in der Fernsehsitzung. – Foto: gik

Erwähnenswert sei indes aber auch das Abschneiden von „Mainz bleibt Mainz“ beim jüngeren Publikum, betont man beim DWDL weiter: „Nachdem im vergangenen Jahr der Marktanteil in der Altersgruppe 14-49 überraschend deutlich auf zweistellige Werte gestiegen war, konnte dieser Trend diesmal bestätigt werden.“ Der Marktanteil bei den „Jüngeren“ habe noch einmal leicht auf 10,4 Prozent zugelegt. Auch das liege allerdings auch daran, „dass die allgemeine TV-Nutzung deutlich abgenommen habe“, räumt man beim DWDL ein.

Die Frage also, ob die traditionsreiche Fernsehsitzung zunehmend ein jüngeres Publikum anzieht, ist also so einfach nicht zu beantworten, ein gewisser Trend scheint aber vorhanden. Fest steht damit zudem: „Mainz bleibt Mainz“ bleibt die Quotenstärkste Fastnachts- oder Karnevalssendung im deutschen Fernsehen. Zu Vergleich: Die beliebte Sitzung „Fastnacht in Franken“ schalteten dieses Jahr 3,5 Millionen Zuschauer ein, rund 4 Millionen waren es 2023 bei „Karneval in Köln“, das an Rosenmontag ausgestrahlt wird. „Stolze 4,71 Millionen Zuschauer kann sonst kein Mitstreiter einholen“, heißt es bei Quotenmeter.de.

Urteil Mainzer Publikum: Beste Fernsehsitzung seit langem

In Mainz selbst kam die Fernsehsitzung ohnehin hervorragend an: Es sei eine der besten Sitzungen der vergangenen Jahre gewesen, lautete das einhellige Urteil am Abend im Saal im Kurfürstlichen Schloss. Vor allem das durchgängig „Meenzerische“ der Sendung sorgte für glänzende Augen, denn auf der Bühne standen bis auf eine Ausnahme durchweg langjährige Fastnachtsakteure, die auch die gesamte Kampagne schon die Fastnachter in den Sälen begeistert hatten.

Feierte einen rauschenden Erfolg mit seinem "Schorsch, is des schee": Markus Schönberg. - Foto: gik
Feierte einen rauschenden Erfolg mit seinem „Schorsch, is des schee“: Markus Schönberg. – Foto: gik

Die einzige Ausnahme: Markus Schönberg. Der Mann am Klavier kommt vom Carneval Club Weisenau (CCW), und war mit seinem „Ignaz“ vom ZDF in die Sendung gehoben worden – und feierte einen rauschenden Erfolg. Dabei sorgte sein Einstieg mit bemüht-bayrischem Akzent und Kappen-Verwirrspiel bei Zuschauern, die seinen Gesamtvortrag nicht kannten, eher für Verwirrung – doch der rheinhessische Teil mit dem grandiose „Schorsch is des schee“ machte Schönberg im Handumdrehen zum Publikumsliebling. Ein Video vom selig feiernden Saal dazu findet Ihr hier.

Eine Sendung komplett ohne Längen oder Durchhänger, lautete denn auch das einhellige Urteil im Saal und das überwiegende Urteil im Netz – das gab es selten. Für den rasanten Schwung sorgten vor allem auch die modernen Music-Acts, allen voran die Schnorreswackler, die gemeinsam mit dem Musikzug der Füsiliergarde Gonsenheim einen wahren Rausch verursachten – und das Schloss zum Beben brachten.

Traumhaftes Till-Ballett, Gänsehaut mit „Im Schatten des Doms“

Den Saal rockten auch „Dobbelbock“, hervorragend kamen auch „Handkäs und sei Mussigg“ an – und das Till-Ballett des MCC sorgte für ein absolutes optisches Highlight mit seiner perfekten Performance. Und selten wohl haben die Mainzer Hofsänger so eine Begeisterung entfacht, wie in diesem Jahr mit ihrem spritzigen und modernen Potpourri – der ehrwürdige Fastnachtschor hat sich schlicht in die Moderne gebeamt, die einhellige Meinung war. Mehr davon, bitte! Für den großen Gänsehaut-Moment hatten zuvor schon die „Humbas“ mit Thomas Neger und dem „Schatten des Doms“ gesorgt – schade nur, dass ausgerechnet die „Humba“ selbst zu ihrem 60-jährigen Jubiläum so kurz abgefertigt wurde.

Zauberhaftes Till-Ballett des MCC mit starkem politischen Plädoyer für Frieden. - Foto: gik
Zauberhaftes Till-Ballett des MCC mit starkem politischen Plädoyer für Frieden. – Foto: gik

Gefeiert wurden auch Martin Heininger und Christian Schier für ihre grandiose Kokolores-Nonsens-Nummer – zum Star des Abends aber wurde Jürgen Wiesmann, der mit seinem „Ernst Lustig“ so grandios aufspielte, wie eigentlich nie zuvor: Der Saal feierte ihn mit minutenlangen stehenden den und donnernden Ovationen, und auch am Fernseher kam „Ernst Lustig“ blendend an. „Grandios“, „einer der besten“, „der absolute Knaller“, so reagierten die meisten der rund 225 Kommentatoren auf der Mainz&-Facebookseite.

Die Geister schieden sich dagegen schon eher an den beiden anderen Kokolores-Vorträgen: Bei Alexander Lebers „Polizisten“ reichten die Reaktionen einer Mainz&-Spontanumfrage auf Facebook (55 Kommentare) von „lustig“ und „super“ bis hin zu „durchwachsen“, „soso lala“ bis hin zu „langweilig“ und „nicht gut“. Marcus Schwalbach als „Gardist“ hatte ebenfalls zu kämpfen – bei einem Zuschauervoting des SWR kam Leber auf ganze 1 Prozent Zustimmung und Schwalbach auf 3 Prozent, Heininger & Schier hingegen auf 6 Prozent. Mit weitem Abstand vorn: Jürgen Wiesmann mit 35 Prozent vor Johannes Bersch mit seiner „Moguntia“ mit 21 Prozent und dem „Obermessdiener“ mit 16 Prozent.

Bundespolitik abwesend, Kameras auf Irrfahrt in Sachen Politiker

Es waren neben Wiesmann denn auch vor allem die politischen Vorträge, die für wahre Begeisterungsstürme im Kurfürstlichen Schloss sorgten: Von Protokoller Erhard Grom bis zur „Moguntia“ feierte der Saal seine politischen Akteure – oft mit Zwischenapplaus und am Ende immer mit langen stehenden Ovationen. Besonders Florian Sitte als neuer „Till“ bekam für seine Sequenzen gegen Faschismus und braune Umtriebe langen Applaus, wahre Beifallsstürme entfachte Andreas Schmitt als „Obermessdiener“ für sein wort- und stimmgewaltiges Plädoyer für Demokratie, Frieden und Freiheit – und für seine überaus klaren Worte gegen Missbrauch in der katholischen Kirche.

Gut gelaunt, aber halt nicht von der FDP: Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD). - Foto: gik
Gut gelaunt, aber halt nicht von der FDP: Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD). – Foto: gik

Die „hohe Politik“ glänzte hingegen (nicht) durch Abwesenheit – erstmals war kein einziger Bundespolitiker bei „Mainz bleibt Mainz“ in der Livesendung am Fastnachtsfreitag vertreten. Das führte zu reichlich Irritationen bei den Bildredakteuren: Im ZDF waren offenbar die reichlich vertretenen Landespolitiker von rechts wie links des Rheins weitgehend unbekannt. So fanden die Kameras zwar noch mühelos Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sowie die Oberbürgermeister von Mainz, Nino Haase (parteilos), und Wiesbaden, Gert-Uwe Mende (SPD).

Danach wurde es aber eng: Den neuen hessischen Landwirtschaftsminister Ingmar Jung (CDU) fand die Kamera erst mit minutenlanger Verspätung – den hessischen Finanzminister Alexander Lorz (CDU), der immerhin jahrelang Bildungsminister in Hessen gewesen war, hingegen gar nicht: Statt Lorz wurde ein freundlicher älterer Herr im Publikum eingeblendet. Es war nicht die einzige Panne: Bei Attacken auf die FDP zeigte die Kamera auf einmal den sich gut amüsierenden Sozialminister Alexander Schweitzer von der SPD – dass gerade einmal zwei Stühle daneben der FDP-Fraktionsvorsitzende aus dem Mainzer Landtag, Philipp Fernis, saß, war den Kameraleuten offenbar nicht klar.

Auch Hans-Joachim Heist, besser bekannt als „Gernot Hassknecht“, konnte weitgehend unbeobachtet im Publikum feiern und wurde offenbar von den ZDF-Machern nicht erkannt – dabei war Heist jahrelang ein Star der „Heute Show“ im ZDF. Heist amüsierte sich übrigens prächtig, die Sitzung sei grandios gewesen, verriet seine Frau im Anschluss gegenüber Mainz& – es war bereits der dritte besuch des Ehepaars bei „Mainz bleibt Mainz“. Gefeiert wurde natürlich auch Margit Sponheimer, die kurz nach ihrem 81. Geburtstag fröhlich im Saal gemeinsam mit ihrem Mann feierte.

Der Rest war ohnehin Glückseligkeit und ein rauschendes Fastnachts-Familienfest, das bis in die Nacht hinein weiter ging – die Sitzung musste ja noch „nachbesprochen“ werden. Nicht vermisst wurde hingegen im Kurfürstlichen Schloss Lars Reichow – der Kabarettist hatte es erstmals seit Jahren nicht ins Programm geschafft. Die starke Polit-Konkurrenz hatte klar die Nase vorne – Mainz hat inzwischen eher ein Problem, ebenso starke Kokolores-Vorträge daneben aufzubieten. Und eines war man sich auch einig: Ein Fernsehsitzung komplett ohne Frauen in Musik oder Vortrag – das ist in den 2020-er Jahren schlicht nicht mehr zeitgemäß. Wer weiß – vielleicht erlebt „Mainz bleibt Mainz“ ja 2024 seine erste Protokollerin

Info& auf Mainz&: Einen detaillierten Bericht zu den einzelnen Vortragsnummern und Rednern der Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ 2024 findet Ihr hier auf Mainz&, mehr zum Abschied von Protokoller Erhard Grom zudem hier. Und hier noch ein paar schöne Schnappschüsse aus der Livesitzung im Kurfürstlichen Schloss zu Mainz – mehr Bilder in unseren anderen Artikeln: