Viele Jahre lang war Münster Vorzeigestadt Nummer eins in Sachen Radverkehr, die westfälische Stadt galt als vorbildlich in Sachen Radinfrastruktur. Nun machte die Mainzer CDU auf Einladung des Oberbürgermeisters von Münster, Markus Lewe (CDU), einen Ausflug ins Radlerparadies – der OB-Kandidat von CDU, ÖDP und Freien Wählern, der parteilose Nino Haase, zeigte sich danach durchaus angetan: Münster zeige, „dass man Themen wie nachhaltigere Mobilität mit Radwegen und einem guten ÖPNV mit der Förderung der lokalen Wirtschaft verbinden kann“, sagte Haase im Gespräch mit Mainz&. Für Mainz bedeute das: Ein durchgehendes und gut ausgeschildertes Radwegenetz, besser ausgelastete Parkhäuser mit guten Zugangsrouten – und mehr Platz für Radfahrer, durchaus auch zu Lasten der Autos in der Innenstadt.

Mainzer CDU beim Ausflug nach Münster mit Leihrädern. - Foto: CDU Mainz
Bei ihrem Ausflug nach Münster testete die Mainzer CDU auch das Radwegenetz samt Fahrradleihsystem. – Foto: CDU Mainz

In Mainz wird am 27. Oktober ein neuer Oberbürgermeister gewählt, der bereits gestartete Wahlkampf verspricht spannend zu werden: Derzeit versuchen die drei Kandidaten Haase, Tabea Rößner von den Grünen sowie Amtsinhaber Michael Ebling (SPD) vor allem, sich mit Ideen zur Entwicklung von Mainz zu profilieren – Mainz& stellt vor, welche Vorschläge da jeweils kommen.

Haase berichtete nun von einem Ausflug der Mainzer CDU in die Fahrradhochburg Münster – und brachte von dort Anregungen für seine eigenen Konzepte mit. Münster habe einen Radanteil im Verkehr von 40 Prozent und wolle den auf 50 Prozent steigern, berichtete Haase im Gespräch mit Mainz& – und die westfälische Stadt sei durchaus noch vorbildlich: Ein großes Radparkhaus am Bahnhof, eigene, vom Autoverkehr meist abgetrennte Radwege, eigene Fahrradampeln.

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Die Fahrrad-Piktogramme am Stiftswingert in der Mainzer Oberstadt sind umstritten. - Foto: gik
Ein echtes Fahrradwegesystem, vernetzt in der ganzen Stadt, fordert OB-Kandidat Nino Haase – das Miteinander von Autos und Radlern wie hier in der Mainzer Oberstadt, sei vielen eben nicht sicher genug. – Foto: gik

„Fahrräder und Autos sind klar getrennt voneinander, das funktioniere besser“, berichtete Haase vom Münsteraner Ansatz. Die Delegation der Mainzer CDU fuhr vom Bahnhof mit Fahrrädern durch die Stadt und probierte die Infrastruktur gleich selbst aus. „Es gibt einen eigene Fahrradring um die Innenstadt“, berichtete Haase, es gebe aber auch einen gut ausgebauten Öffentlichen Nahverkehr ins Umland, der eine echte Alternative darstelle.

Vor allem aber gebe es in Münster durchgehende Radwegeverbindungen, „man hat keine im Nichts endenden Wege, das müsste in Mainz schon mal der erste Schritt sein“, sagte Haase. Mainz habe da großen Nachholbedarf: „Wir brauchen ein durchgehendes Radwegenetz mit entsprechend guter Beschilderung, wo es zum Hauptbahnhof geht, wo zur Uni“, sagte er, es brauche eine einheitliche Markierung von Radwegen im gesamten Stadtgebiet und eine einheitliche Beschilderung, die auch ausweise, wie viele Minuten man bis zum Ziel brauche.

„Nur wenn Radfahren schnell und sicher ist, steigen die Menschen um“, betonte Haase. Gemeinsam genutzte Straßen für Autos und Radfahrer seien vielfach kontraproduktiv: Gerade viele Ältere oder Kinder wollten sich eben nicht zwischen Autos drängen, weil sie sich dort nicht sicher fühlten. „Dann grenzt man bestimmte Gruppen aus“, sagte Haase.

Eine Spur für Fahrradfahrer auf der Kaiserstraße?

Die Mainzer Kaiserstraße vom Turm der Christuskirche aus gesehen. - Foto: gik
Eine Radspur auf der Kaiserstraße? OB-Kandidat Nino Haase könnte sich das für die Fahrspuren in Richtung Rhein durchaus vorstellen. – Foto: gik

Die Konsequenz für den OB-Kandidaten: „Wir müssen schauen, wo kriegen wir die Kapazitäten für Radwege her“, betonte Haase, „und das durchaus auch zu Lasten der Autos.“ Von der dreispurigen Kaiserstraße könne den Autos eine Spur weggenommen werden zugunsten eines breiten Radweges, das gelte vor allem für die Strecke zwischen dem Stadthaus und der Christuskirche in Richtung Rhein. Stau entstehe auf der Kaiserstraße primär durch das Nadelöhr Ampel an der Parcusstraße, argumentierte Haase: „Die drei Spuren Richtung Rhein braucht man eigentlich nie.“

Mit einer Radspur und weniger Autoverkehr in der Kaiserstraße könne das auch zur Aufwertung der Grünanlage in der Mitte führen, glaubt Haase. Ein weitere Überlegung wäre aus seiner Sicht, aus der Mittleren oder Hinteren Bleiche eine Fahrradstraße zu machen. „Der Weg muss sein: Ich steige aufs Fahrrad, weil es sicher, komfortabel, schnell und kostengünstig ist“, sagte Haase: „Das Auto ausbremsen, damit die Leute aufs Fahrrad umsteigen – das darf doch nicht der Weg sein.“

Sammelten beim Besuch beim Münsteraner OB Markus Lewe (CDU, Mitte) neue Erkenntnisse: OB-Kandidat Nino Haase (rechts) und Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU). - Foto: CDU Mainz
Sammelten beim Besuch beim Münsteraner OB Markus Lewe (CDU, Mitte) neue Erkenntnisse: OB-Kandidat Nino Haase (rechts) und Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU). – Foto: CDU Mainz

In Münster hätten sie das Problem der wegfallenden Parkplätze in der Innenstadt mit einer Steigerung der Auslastung in den Parkhäusern gelöst, berichtete Haase weiter: „Man kann günstigere Parkhaustarife anbieten, um die Straßenflächen frei zu bekommen, oder Parkhäuser außerhalb der Innenstadt vorhalten.“ Auch in Mainz kündigte die rot-grün-gelbe Ampel wiederholt an, den Parkverkehr von der Straße weg in die Parkhäuser holen zu wollen – gleichzeitig wurden aber die Tarife in den Parkhäusern schon ab zwei Stunden Parkzeit erheblich teurer. Kommt man über die Schwelle zu den drei Stunden, kostet das Parkticket schnell mal acht Euro und mehr.

Die Routen zu den Parkhäusern seien zudem gut zu befahren, „das fand ich einen vernünftigen Ansatz“, betonte Haase: „Wenn wir Parkplätze in der Innenstadt wegnehmen, müssen wir klar machen, wie kriegen wir die Leute mit dem ÖPNV in die Stadt – oder eben in die Parkhäuser.“ Gelinge das, könne man durchaus „mit Zustimmung des Handels und der Menschen, Parkplätze wegnehmen“, findet Haase, das dürfe aber auf keinen Fall ohne Schaffung von Alternativen geschehen. „In Münster hat das Thema Rad dem Handel nicht geschadet“, betonte Haase, schließlich fahre man mit dem Rad bis vor die Ladentür, das sei durchaus attraktiv.

Auch in Mainz ist in den vergangenen zehn Jahren der Radverkehr geradezu explodiert: Nutzten 2008 noch rund 11 Prozent der Mainzer das Fahrrad für regelmäßige Wege zur Arbeit, zum Einkaufen oder zur Schule, so waren es 2016 bereits 20,2 Prozent. Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne) kündigte im April 2018 an, die Radwegeinfrastruktur ausbauen und neue Stadtteilrouten einführen zu wollen, passiert ist indes wenig. Haase kritisierte, die Grünen regierten seit zehn Jahren im Stadtrat mit und stellten seit acht Jahren die Verkehrsdezernentin, dann könne man nicht die Schuld einfach den Koalitionspartnern zuweisen, wenn sich nichts tue: „Das ist dann auch das eigene Verschulden, wenn man den Koalitionsvertrag nicht entsprechend formuliert.“

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Plänen von Verkehrsdezernentin Eder aus dem April 2018 lest Ihr hier bei Mainz&, das jüngste (schlechte) Abschneiden von Mainz beim Fahrradklimaindex 2018 des ADFC könnt Ihr hier nachlesen.

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