Die Debatten über die Verkehrsströme in Mainz sind ein zentrales Thema im laufenden OB-Wahlkampf, da liefen die Statistiker gerade rechtzeitig wichtige Daten zum Thema: Erstmals legten die Statistischen Landesämter deutschlandweit und interaktiv Berechnungen zu den Pendlerströmen vor. Und da zeigt sich: Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet sind weiter eine der Haupt-Pendlerregionen. Mainz wiederum ist die Pendlerhauptstadt von Rheinland-Pfalz – besonders eng sind die Pendlerverbindungen nach Wiesbaden. Und dabei sind nur Zahlen von Angestellten erfasst.
Anfang November stellten die Statistiker eine Neuerung vor: Erstmals vereinigten sie die Daten aller Bundesländer in einem Pendleratlas für Deutschland. Die Ergebnisse stammen aus der Pendlerrechnung der Länder, die erstmals tief regionalisierte Ergebnisse zu den Pendelnden für alle Gemeinden Deutschlands bereitstellt. Die Berechnungen basieren auf Auswertungen von Angaben zum Wohn- und Arbeitsort und stellen daher erst einmal nur „potenzielle“ Mobilitätsströme dar, wie es beim Statistischen Landesamt in Bad Ems heißt.
Rückschlüsse auf die tatsächlichen Verkehrsbewegungen sind deshalb nur bedingt möglich, zudem stammen die Zahlen aus dem Jahr 2021 – als es in Deutschland Corona-bedingt zeitweise eine Homeoffice-Pflicht gab. Zudem werden in den Daten nur sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigte erfasst, nicht aber Selbstständige und auch nicht Beamte. Dennoch zeigen die Zahlen wichtige Tendenzen und Umfänge der Pendlerströme auf.
Mainz: Mehr als 20.000 Pendler von und nach Wiesbaden
Und da zeigt sich: Rheinland-Pfalz ist weiter ein großes Pendlerland. „Knapp 1,3 Millionen Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer wohnen nicht an ihrem Arbeitsort, müssen also pendeln“, bilanziert das Statistische Landesamt Bad Ems. Pendlerhauptstadt ist dabei weiter die Landeshauptstadt Mainz: Allein 89.770 Personen pendelten im Jahr 2021 täglich nach Mainz hinein, wie gesagt – Beamte nicht einmal mitgerechnet. Gleichzeitig pendelten den Daten zufolge 55.111 Personen aus Mainz heraus in andere Städte zur Arbeit.
Die wichtigsten Beziehungen gibt es dabei in die Nachbarstadt Wiesbaden: 11.483 Personen pendelten demnach 2021 von Wiesbaden nach Mainz zur Arbeit, 12.042 Personen aber von Mainz nach Wiesbaden. Damit macht sich jeden Tag ein kompletter Mainzer Stadtteil auf den Weg nach Mainz oder umgekehrt von Mainz nach Wiesbaden. Rechnet man die Beamten und die Lehrer der beiden Landeshauptstädte dazu, dürften beiden Gruppen noch einmal um ein etliches höher ausfallen.
So hatte die IHK-Pendlerstudie bereits 2019 rund 70.000 Einpendler pro Tag nach Mainz errechnet, davon allerdings „nur“ rund 8.700 aus Wiesbaden, dafür aber rund 22.000 allein aus dem Kreis Mainz-Bingen. Gleichzeitig kalkulierte die Industrie- und Handelskammer 2019 mit rund 40.000 Auspendlern aus Mainz – die realen Pendlerdaten dürften also noch um einiges höher liegen als die Berechnungen der Landesstatistiker.
Meisten Pendler nach Mainz kommen aus Rheinhessen
Gleichzeitig zeigen die neuen Daten: Die Pendlerströme sind sich im Vergleich zu vor drei Jahren noch einmal erheblich gestiegen. Immer mehr Menschen bewegen sich jeden Tag über Stadtgrenzen hinweg zur Arbeit, die Zahl der Pendelnden dürfte demnach um mindestens ein Viertel gestiegen sein. Die Folge: Immer mehr Staus und immer schnellere Verkehrszusammenbrüche auch nur bei kleinen Störungen im Verkehrsnetz, sei es die Schiene, die Autobahnen oder die Brückeninfrastruktur.
Nach Wiesbaden bestehen – wenig überraschend – die meisten Pendlerverbindungen von Mainz aus nach Frankfurt: rund 10.000 Pendler fahren laut Pendleratlas täglich von Mainz nach Frankfurt, umgekehrt sollen es lediglich rund 2.670 sein. Die meisten Einpendler nach Mainz kommen aus dem rheinhessischen Umland: rund 6,200 aus Nieder-Olm, rund 5.600 aus dem Rhein-Selz-Kreis und rund 4.400 aus Ingelheim.
Damit sind es gerade die Straßen und Wege aus dem Rheinhessischen, die nach den Rheinbrücken die Hauptpendlerlast tragen, denn auf den weiteren Plätzen folgen Bodenheim (3.511), Gau-Algesheim (1.861), Bingen (1.756) und Alzey-Land (1.755). Doch auch aus Darmstadt, dem Rheingau, Bad Kreuznach und dem südlichen Rheinhessen machen sich Pendler auf den Weg zur Arbeit in Mainz.
Rund 63.000 Menschen pendeln innerhalb von Mainz
Umgekehrt pendeln nach Wiesbaden und Frankfurt die meisten Mainzer nach Ingelheim zur Arbeit (2.435), wo mit Boehringer ein großer Arbeitgeber sitzt, gefolgt von Rüsselsheim mit dem Opelwerk (1.974), Darmstadt (1.464) und Nieder-Olm (1.429). Mainzer fahren aber auch nach Bodenheim, Bad-Kreuznach, Budenheim und Ginsheim-Gustavsburg zur Arbeit, kleinere Gruppen zieht es auch nach Alzey, Bad Kreuznach sowie in sämtliche Kommunen im Rhein-Main-Gebiet.
Interessant aber auch: Rund 63.000 Menschen pendeln laut Pendleratlas innerhalb von Mainz jeden Tag zur Arbeit – das ist nahezu jeder dritte Mainzer. In Mainz bewegen sich damit also erhebliche Verkehrsströme jeden Tag von A nach B, um den Menschen den Weg zu ihrer Arbeit zu ermöglichen: Zusammengerechnet sind täglich in Mainz allein rund 207.000 Angestellte unterwegs, um zur Arbeit zu kommen, das sind fast so viele, wie Mainz Einwohner hat.- Wie gesamt: Beamte und Selbstständige sind da noch gar nicht eingerechnet.
Bleibt also die Frage: Wie geht Mainz mit den immer noch weiter wachsenden Pendlerströmen um? Die Mainzer OB-Kandidaten der CDU, Manuela Matz, sprach sich deshalb gerade für eine zusätzliche Rheinbrücke aus: „Ein weiterer Rheinübergang ist mittlerweile dringend nötig, vielleicht auch in Form einer Untertunnelung“, schrieb Matz zum Jubiläum „60 Jahre Rheinbrücke Mainz-Weisenau“ auf ihrem Facebook-Profil, und zitierte ein Grußwort von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der leyen: „“Brücken als Symbol der europäischen Integration treiben den wirtschaftlichen und kulturellen Austausch.“
Auch OB-Kandidat Nino Haase (parteilos) hatte im OB-Wahlkampf 2019 – damals gemeinsam mit der CDU – für eine weitere Rheinbrücke geworben, von SPD und Grünen ist bislang bekannt, dass sie eine weitere Autobrücke zwischen Mainz und Wiesbaden vehement ablehnen. Vor allem die Landeshauptstadt Wiesbaden trieb in den vergangenen Jahren die Planungen für eine weitere Rheinbrücke intensiv voran und ließ sechs Standorte prüfen – als plausibelste Lösung kristallisierte sich dabei eine Querung parallel zur Eisenbahnbrücke im Mainzer Norden heraus.
Info& auf Mainz&: Alle Zahlen des neuen Pendleratlasses findet Ihr hier im Internet, spezielle Zahlen zu Rheinland-Pfalz außerdem hier beim Statistischen Landesamt in Bad Ems. Mehr zum Thema Pendlerströme zwischen Mainz und Wiesbaden lest Ihr auch hier bei Mainz&. Über die IHK-Pendlerstudie 2019 haben wir ausführlich hier berichtet.