Zwei Tage nach seiner Wahl zum neuen Oberbürgermeister von Mainz hat Nino Haase (parteilos) seine ersten Initiativen und seinen Fahrplan vorgestellt. Für seine erste Pressekonferenz nach der Wahl hatte Haase Vertreter von sieben Initiativen eingeladen, darunter der Seniorenbeirat und die Schülervertretung, Queernet, der Migrationsbeirat und der Mainzer Nachtkulturbeauftragte. „Ich möchte, dass die Stadt und ihre Menschen im Mittelpunkt stehen, und nicht das Amt des Oberbürgermeisters selbst“, betonte Haase. Zudem kündigte er umfangreiche Gespräche mit Stadtratsfraktionen und Ortsbeiräten – und eine erste Initiative für billigere ÖPNV-Tickets an.

Der designierte neue Oberbürgermeister von Mainz, Nino Haase (parteilos). - Foto: gik
Der designierte neue Oberbürgermeister von Mainz, Nino Haase (parteilos). – Foto: gik

Der 39 Jahre alte Diplom-Chemiker war am Sonntag in der Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt in Mainz mit 63,6 Prozent der Stimmen zum neuen Oberbürgermeister der Landeshauptstadt gewählt worden. Haase tritt nach 74 Jahren SPD-Oberbürgermeistern das Amt als zweiter Parteiloser der Stadtgeschichte an, im Wahlkampf hatte er bereits geschafft, ein breites Bündnis aus der Stadtgesellschaft hinter sich zu versammeln.

Dieser Linie blieb er auch bei der ersten Pressekonferenz nach seiner Wahl treu: „Es ist mir eine ganz große Ehre, hier mit Ihnen und Euch sitzen zu dürfen“, sagte Haase zu den Vertretern verschiedenster Initiativen und Verbände, die auf seine Einladung hin gekommen waren: „Ich möchte Euch das Wort geben zu sagen, was Ihr erwartet und wie man die Stadt gut aufstellen könnte.“ Haase betonte, er wolle „den konstruktiven Geist“ des Wahlkampfes „dauerhaft in die Stadt hineintragen.“

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Amtseinführung 22. März, Gespräche mit Personal, Stadtvorstand

Er wolle „allen Mainzer danken, die mir das Vertrauen ausgesprochen haben, ich nehme das mit viel Demut an“, sagte Haase weiter: „Ich möchte dieses Vertrauen in den nächsten acht Jahren zurückzahlen für die Stadt.“ Seinem Helferteam dankte Haase mit den Worten: „Ihr seid Mainzig-artig, für Euch wurde dieses Wort erfunden.“ Dank richtete Haase aber auch an die Mit-Wettbewerber für das OB-Amt für den „trotz allem sehr sachbezogenen Wahlkampf.“ Als unabhängiger Kandidat wolle er auch weiter für einen intensiven Austausch stehen, das gelte für den Stadtvorstand ebenso wie für den Stadtrat und alle Verwaltungsgremien.

Nino Haase (parteilos) bei seiner ersten Pressekonferenz als designierter Oberbürgermeister am Dienstag im Mainzer Unterhaus. - Foto: gik
Nino Haase (parteilos) bei seiner ersten Pressekonferenz als designierter Oberbürgermeister am Dienstag im Mainzer Unterhaus. – Foto: gik

Haase wird in einer Stadtratssitzung am 22. März 2023 vereidigt und offiziell in sein Amt eingeführt werden, die Vorbereitungen dafür hatten bereits unmittelbar am Montagmorgen begonnen. „Morgen findet ein erstes Treffen mit dem Vorstand des Personalrats der Stadt Mainz statt“, informierte Haase nun am Dienstag, auch ein erstes Treffen im Hauptamt der Stadt Mainz werde am Mittwoch stattfinden.

„Heute oder morgen werde ich zudem alle demokratischen Fraktionen des Stadtrats kontaktieren“, kündigte Haase an, und bot an: Er wolle in Zukunft zu allen Fraktionssitzungen kommen, wenn er eingeladen werde: „Ich stehe für Gespräche immer bereit.“

Ortsbeiräte in Stadtteilen noch vor Amtseinführung kontaktieren

Ein wichtiges Thema in Haases Wahlkampf war die Zusammenarbeit mit den Ortsbeiräten, auch sie wolle er noch vor seiner Amtseinführung kontaktieren und die ersten Treffen abhalten, sagte er weiter: Es gehe darum, „zu planen, wie wir künftig die Zusammenarbeit gestalten, das ist mir sehr, sehr wichtig“, betonte Haase. Die Probleme in der Zusammenarbeit mit den Ortsbeiräten war ein großes Thema im Mainzer OB-Wahlkampf gewesen, nachdem der bisherige Oberbürgermeisters Michael Ebling (SPD) vor zwei Jahren die Anträge aus den Ortsbeiräten radikal verringern wollte.

Der designierte Mainzer OB Nino Haase am ersten Tag nach seiner Wahl bei seinem ersten Termin im Mainzer Stadthaus. - Foto: Team Haase
Der designierte Mainzer OB Nino Haase am ersten Tag nach seiner Wahl bei seinem ersten Termin im Mainzer Stadthaus. – Foto: Team Haase

Haase kündigte auch an, er werde noch vor seiner Amtseinführung mit jedem Mitglied des Stadtvorstands ein persönliches Vier-Augen-Gespräch führen, um auch hier die Amtsübergabe vorzubereiten, und laufende Projekte zu besprechen. Auch mit den Institutionen des Katastrophenschutzes wolle er zeitnah Kontakt aufnehmen. „Der OB muss von Tag eins an wissen, wie die Kommunikation läuft“, sagte Haase. Er wolle „mit stetigen, kleinen, gemeinsamen Schritten“ die Modernisierung in der Stadtverwaltung vorantreiben, fügte er hinzu.

Besonders wichtig sei ihm aber „die Vielfalt bei uns in der Stadt“, und das Engagement der Menschen in den Vordergrund zu stellen, betonte Haase: „Die Vielfalt der Meinungen und der Menschen sind für mich ein Garant der Ausgewogenheit.“ Um eine Beteiligung der Menschen an der Stadt zu erreichen, reiche es nicht „zu warten, bis die Menschen zu einem kommen, sondern aktiv auf die Menschen zuzugehen“, sagte er weiter. Deswegen freue er sich besonders, „so viele verschiedene Teile der Stadt heute hier sitzen haben zu dürfen.“

Vertreter von Queernet, Migrationsbeirat, Seniorenbeirat, Schülern

Gemeinsam mit Haase saßen auf dem Podium Vertreter von sieben gesellschaftlichen Initiativen: „Hier wird gezeigt, wie die Beteiligung von Menschen geht“, sagte Peimaneh Nemazi-Lofink, Vorsitzende des Migrationsbeirats der Stadt Mainz. Seit 25 Jahren arbeite sie in diesem Bereich, sagte Nemazi-Lofink, „wir haben uns immer gewünscht, dass wir beteiligt werden“ – doch das sei sehr wenig erfolgt. „Unsere Anträge wurden nicht im Stadtrat eingebracht, wir wurden von der Verwaltung abgeschnitten“, berichtete sie – ihre Hoffnung sei, dass sich das nun ändere.

Vertreter und Vertreterinnen von sieben Initiativen und Interessenvertretungen hatte Haase zu seiner Pressekonferenz geladen. - Foto: gik
Vertreter und Vertreterinnen von sieben Initiativen und Interessenvertretungen hatte Haase zu seiner Pressekonferenz geladen. – Foto: gik

„Es ist ein wirkliches Zeichen, zur ersten Pressekonferenz so viele Initiativen versammelt zu haben“, sagte auch Joachim Schulte vom Queernet Rheinland-Pfalz. „Unser Wunsch bezog sich immer darauf, dafür zu werben, dass Mainz eine bunte Stadt ist, eine Stadt der Vielfalt“, betonte Schulte. Dabei sei nicht nur Beteiligung gemeint, sondern es gehe auch darum, „eine Diskussionskultur zu erneuern, die viele Meinungen zusammenführt und sie öffentlich macht.“

Der Auftritt zeige, „dass Sie auf Augenhöhe mit uns zusammenarbeiten wollen“, lobte auch Christiane Gerhard, seit rund 20 Jahren Vorsitzende des Seniorenbeirats Mainz. Der Seniorenbeirat habe die Aufgabe, Rat und Verwaltung zu beraten, man wünsche sich, genau das auch tun zu können: In der Partnerstadt Erfurt etwa gingen sämtliche Anfragen erst einmal an den Seniorenbeirat, berichtete Gerhard: „Der schaut, ob man was ergänzen kann – und erst dann geht es in den Stadtrat und in die Ausschüsse“, das wünsche sie sich auch für Mainz. „Wir hegen hohe Erwartungen an Sie, Herr Haase, dass Sie als junger Mann das schaffen“, betonte Gerhard.

Wünsche vom Stadtschülerbeirat, Obdachlosenhilfe, Nachtkultur

Wünsche an den neuen Stadtchef gab es auch vom Stadtschülerbeirat, ein dringendes Thema sei vor allem mehr Schulsozialarbeit, sagte Stadtschülersprecher Sören Herrmann. Guido Meudt von der Pfarrer-Landvogt-Hilfe betonte, er freue sich, „von dem neuen OB mit ganz vielem Schwung das Ehrenamt unterstützt zu sehen.“ Ulrike Cohnen wiederum, stellvertretende Vorsitzende des Stadtsportverbandes berichtete, die Stadt brauche dringend mehr Sporthallen gerade für den Kinderbereich und für kleinere Vereine.

Erste Pressekonferenz Haase (2.v. rechts) mit Nachtkulturbeauftragtem Timo Filtzinger (ganz rechts). - Foto: gik
Erste Pressekonferenz Haase (2.v. rechts) mit Nachtkulturbeauftragtem Timo Filtzinger (ganz rechts). – Foto: gik

Zu Gast war außerdem der Nachtkulturbeauftragte Timo Filtzinger, der im Juli 2020 von Haases Vorgänger Ebling installiert worden war. Doch auch Filtzinger ließ durchblicken, dass er sich nun auf ein neues Durchstarten setze: Die vergangenen zwei Jahre seien stark von der Corona-Pandemie geprägt gewesen, berichtete der Mann, der eigentlich die Clubszene und das urbane Leben in Mainz stärken helfen sollte.

„Ich freue mich jetzt auf eine gute, enge Zusammenarbeit, um das tatsächliche Konzept umzusetzen: die Stadt jünger, attraktiver zu machen“, sagte Filtzinger. Ein erstes Thema werde sicher die Verlängerung oder gar Ausweitung der Gastronomiezonen auf Parkplätzen für Restaurants sein, er hoffe auch auf eine Verlängerung in den späteren Abend hinein, wo möglich, sagte Filtzinger im Gespräch mit Mainz&. Und er hoffe auch immer noch auf eine Vollzeitstelle, fügte er noch hinzu. Mainz müsse „eine junge, dynamische Stadt bleiben.“

Erstes Projekt: Billigere Nahverkehrstickets

Haase unterstrich, er wolle generell „die Sichtbarkeit der Vereine und Initiativen erhöhen“: „Wenn man Möglichkeiten schafft, dann wollen die Menschen sich auch engagieren“, betonte der designierte Stadtchef. Haase spielte und spielte damit auch auf Aktionen aus seinem Wahlkampf wie Lebensmittelspenden für die Tafel an: Dabei hatte Haase 250 Stoffbeutel an einem Samstagvormittag verteilt250 Stoffbeutel an einem Samstagvormittag verteilt, die von Passanten auf dem Markt mit Lebensmitteln gefüllt wurden – und dann an die Lebensmittelausgaben der Tafel gingen.

Haase bei seinem Projekt "250 Stoffbeutel für die Tafel" im Wahlkampf. - Foto: gik
Haase bei seinem Projekt „250 Stoffbeutel für die Tafel“ im Wahlkampf. – Foto: gik

Kurz vor der Stichwahl war Haase zudem eine Nacht mit dem Kältebus von „Rheinhessen hilft“ mitgefahren. Haase, der studierter Diplom-Chemiker ist, und unter anderem am Mainzer Max-Planck-Institut für Polymerforschung arbeitete, sagte in Anspielung auf seine Ausbildung: „Die Chemie ist die Wissenschaft, die sich mit der Eigenschaft und der Umwandlung von Stoffen beschäftigt. Ich stelle mir vor, dass ein OB analytisch und besonnen analysiert, und diese Stoffe der Stadt miteinander zu etwas Neuem verbindet.“

Gefragt, was denn sein erstes Projekt in Richtung Bürger sein könnte, nannte Haase billigere ÖPNV-Tickets: „Mainz ist jetzt eine der vermögendsten Kommunen überhaupt, da können wir uns nicht einen der teuersten ÖPNV in Deutschland erlauben“, sagte Haase auf Mainz&-Frage. Im Wahlkampf hätten sich „alle Parteien klar geäußert, dass der Preis runter muss, das werde ich schnell aufnehmen“, kündigte Haase an. Wohin es preislich genau gehen solle, das wolle er jetzt ausloten: „Fakt ist 3,20 Euro für eine Einzelkarte, das darf es einfach nicht weiter sein“, betonte Haase: „Da können wir den Menschen schnell etwas zurückgeben.“

Auf das Problem angesprochen, wie er drohende Blockaden im Stadtrat oder von politischen Gegnern im Stadtvorstand abwenden wolle, sagte Haase: „Meine Lebenserwartung zeigt, dass man nur zu einem Kompromiss kommt, wenn man redet.“ Er wolle als Oberbürgermeister die demokratischen Parteien gleichwertig besuchen und in einen überparteilichen Dialog kommen. „Wer nicht miteinander redet, der kommt auch zu keiner gemeinsamen Lösung“, fügte er hinzu.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Wahl Haases und seiner Person lest Ihr hier auf Mainz&.