Große Ehre für die Mainzer Dombauhütte: Die Werkstätte des Mainzer Doms ist nun Teil des Weltkulturerbes. Die Unesco nahm am 17. Dezember 18 Dombauhütten in ganz Europa in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit auf, darunter auch die Mainzer Dombauhütte. Die schaffte damit etwas, was dem Dom, den sie umhegt, bislang verwehrt blieb: Der Dom St. Martin wartet noch immer darauf, Weltkulturerbe der Menschheit zu werden. Umso größer war die Freude im Bistum Mainz nun über die hohe Ehre.

Der 1000 Jahre alte Mainzer Dom im Mai 2020. - Foto: gik
Der 1000 Jahre alte Mainzer Dom im Mai 2020. – Foto: gik

Er sei „sehr glücklich“ über die Aufnahme in die Liste des Welterbes der Menschheit, sagte der Mainzer Domdekan, Prälat Heinz Heckwolf: „Die Aufnahme ist eine großartige Auszeichnung und eine internationale Wertschätzung für unsere Mainzer Dombauhütte.“ Die Anerkennung gelte natürlich in erster Linie den Mitarbeitern, deren Handwerkskunst und Engagement mit der UNESCO-Entscheidung gewürdigt würden, betonte Heckwolf weiter: „Mit ihrem Geschick und ihrer Beharrlichkeit leisten sie einen wesentlichen Beitrag
dazu, unseren Dom für kommende Generationen zu erhalten.“

Der Bau des Mainzer Doms wurde kurz vor der Wende zum Jahr 1000 vom legendären Erzbischof Willigis gestartet, die romanische Kathedrale im Herzen von Mainz brannte in der Nacht vor ihrer Weihe im Jahr 1009 erst einmal ab und wurde erst 1036 fertiggestellt. Für den Erhalt des gigantischen Baus ist die Mainzer Dombauhütte zuständig, deren Ursprünge nach Angaben des Bistums Mainz bis ins Mittelalter zurückreichen. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Dombauhütte ab 1950 ihren Betrieb wieder aufzunehmen, die offizielle Neugründung erfolgte allerdings erst 1963.

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Die Mitarbeiter der Mainzer Dombauhütte: Ihr seid Weltkulturerbe! - Foto: Bistum Mainz/ Blum
Die Mitarbeiter der Mainzer Dombauhütte: Ihr seid Weltkulturerbe! – Foto: Bistum Mainz/ Blum

19 Mitarbeiter zählt die Dombauhütte heute, aktuell arbeiten hier vier Frauen und 15 Männer unter anderem als Steinmetze, Maler, Schlosser, Ingenieure und Gärtner. „In der Steinmetzausbildung, die an der Mainzer Dombauhütte erfolgt, werden Handwerkstechniken vermittelt, die ansonsten kaum noch zum Einsatz kommen, wie
etwa der Bleiverguss oder nachhaltige Arbeitsmethoden in der Steinsanierung“, teilt das Bistum weiter mit. Auch neueste Forschung wird hier mit erarbeitet und weiterentwickelt, so wurden etwa in Zusammenarbeit mit dem Institut für Steinkonservierung eigene Mörtelrezepturen und Steinlasuren entwickelt, die speziell auf die am Dom verbauten Materialien abgestimmt sind.

Genau das ist auch die Begründung für die Aufnahme der Dombauhütten in das immaterielle Kulturerbe der Menschheit: „Seit Jahrhunderten bewahren Dom- und Münsterbauhütten tradiertes Wissen und Bräuche über Bau und Erhalt von Großkirchen“, heißt es auf der Homepage der Deutschen Unesco-Kommission. Der „Erfolgsfaktor des Modells“ seien vor allem die Mitarbeiter der Bauhütten, die mit ihrem speziellen Wissen und ihren Fertigkeiten oft eine starke Bindung zu dem jeweiligen Bauwerk – „ihrem“ Dom oder „ihrem“ Münster – hätten, und die traditionelle Handwerkstechniken in hohem Ausmaß und mit hohem Können bewahrten.

Dauerbaustelle Mainzer Dom: Irgendein Gerüst ist immer. - Foto: gik
Dauerbaustelle Mainzer Dom: Irgendein Gerüst ist immer. – Foto: gik

So seien die Dombauhütten heute als regelrechte „Kompetenzzentren für Naturstein“ zu bezeichnen, in denen das Wissen zur Steinbearbeitung (weiter-)entwickelt, erprobt, gespeichert und weitergegeben werde, lobt die Unesco weiter – das gelte gerade im Kontrast zu „den abnehmenden Fähigkeiten im traditionellen Handwerk und dem Kosten- und Zeitdruck in herkömmlichen Steinmetzbetrieben.“ Heute fänden in den Dombauhütten zudem „naturwissenschaftliche Erkenntnisse aus der Baustoffforschung sowie Prinzipien des Schutzes alter Bausubstanz in Zusammenarbeit mit Universitäten, Fachhochschulen und in enger Abstimmung mit der staatlichen Denkmalpflege Anwendung.“

Die Dombauhütten bildeten sich, so die Unesco, im Zuge der Entwicklung des gotischen Baustils und des Aufschwungs des Städtewesens im 13. Jahrhunderts „als eine neuartige, arbeitsteilig und hochgradig spezialisierte Form der Bauorganisation und -ausführung“, bis heute seien die Bauhütten beispielhaft in Sachen Ausbildung, Forschung und auch Zusammenarbeit: Die einzelnen Hütten pflegen untereinander einen teils intensiven fachlichen Austausch und kollegialen Kontakt – das zeigte sich etwa beim Brand der Pariser Kathedrale Notre Dame, als Mitarbeiter der Kölner Dombauhütte die Kollegen in Paris tatkräftig unterstützten.

Spezielle Techniken zur Bearbeitung des roten Mainzer Sandsteins: darauf sind die bei der Mainzer Dombauhütte spezialisiert. - Foto:Dombauhütte R. Bonsels
Spezielle Techniken zur Bearbeitung des roten Mainzer Sandsteins: darauf sind die bei der Mainzer Dombauhütte spezialisiert. – Foto:Dombauhütte R. Bonsels

Es seien denn auch die Dombauhütten von Köln und Straßburg gewesen, die das Projekt Anerkennung als Weltkulturerbe voran getrieben hätten, sagte Heckwolf weiter. Die Dombauhütten sind in dem Verein „Dombaumeister e.V. – Europäische Vereinigung der Dombaumeister, Münsterbaumeister und Hüttenmeister“ organisiert und treffen sich jährlich zu einer europaweiten Baumeistertagung.

Die Dombauhütten seien so ein wahres Gute-Praxis-Beispiel zur Erhaltung des Kulturerbes und zeigten „modellhaft die Effizienz und Qualität traditioneller handwerklicher Arbeit und die Bedeutung des Bauhüttenwesens für das Verständnis und den Erhalt von komplexen Großbauten“, so die Unesco weiter. Großbauten ohne eigene Bauhütte arbeiteten nämlich oft „zwangsläufig weniger vorausschauend und nachhaltig: Schäden werden oft zu spät erkannt, Restaurierungsmaßnahmen erfolgen meist fragmentarisch, Verantwortlichkeiten sind nicht immer klar und Entscheidungsprozesse dauern oft länger“, erläutert die Unesco weiter.

Die Dombauhütten hingegen sorgten nicht nur für Reparaturen und Erhalt, sondern dienten mit ihrem fortlaufenden Bestand an Plänen, Hüttentagebüchern, Besucherbüchern, Wetteraufzeichnungen, persönlichen Notizen, Fotografien, Gutachten und Rechnungsbüchern als Wissensspeicher der Großbauten – und stünden so modellhaft für die Ziele des Übereinkommens zur Erhaltung des Weltkulturerbes.

Faszination Mainzer Dom: Das Jahrhundertbauwerk muss aufwändig unterhalten und restauriert werden. - Foto: gik
Faszination Mainzer Dom: Das Jahrhundertbauwerk muss aufwändig unterhalten und restauriert werden. – Foto: gik

Seit 1972 ernennt die Unesco weltweit herausragende Bauwerke oder Naturdenkmäler zu Welterbestätten der Menschheit, um sie so vor Zerstörung zu schützen und für nachkommende Generationen der zu bewahren. 1.121 Unesco-Welterbestätten gibt es inzwischen weltweit, 46 davon in Deutschland – darunter die Porta Nigra in Trier, der Aachener Dom, der römische Limes, das Mittelrheintal oder der Speyerer Dom – nicht aber der Dom zu Mainz. Das Land Rheinland-Pfalz versucht seit 2012 die Kaiserdome von Mainz und Worms als Zusatz zum Speyrer Dom in die Welterbeliste zu bringen, da die drei Kaiserdome in enger geschichtlicher Verbindung zueinander stehen und alle im gleichen Zeitraum entstanden. Gelungen ist dies aber bisher nicht.

Seit 2003 gehört zum Welterbe auch eine Liste sogenannter immateriellen Weltkulturerbes, dazu gehören etwa Formen des Tanzes oder Liedguts, das indische Yoga oder die kubanische Rumba. In Deutschland gehören dazu etwa das Sternsingen, das Hebammenwesen und die Falknerei, die deutsche Brotkultur und das Bierbrauen, die Chormusik und der Orgelbau – und der rheinische Karneval. Und nun gehören auch die Dombauhütten in diese illustre Liste – die ganze Aufstellung findet Ihr hier im Internet.

Info& auf Mainz&: Die Erläuterungen des deutschen Unesco-Komitees zu den Dombauhütten könnt Ihr im Detail hier im Internet nachlesen. Die Mainzer Dombauhütte findet Ihr hier im Internet.

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