Sensationelle Nachricht am Montag für die Mainzer Forschungslandschaft und das Pharmaunternehmen Biontech: Der Medizin-Nobelpreis geht in diesem Jahr an die Biochemie-Forscherin Katalin Karikó. Die Professorin für Biochemie gilt als Mit-Entdeckerin der Botenstoff-RNA (mRNA), bis Herbst 2022 war sie Senior Vice President des Mainzer Unternehmens BioNTech. Der Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) sagte, Karikó habe mit ihrer bahnbrechenden Forschungsleistung dazu beigetragen, „Teile der Medizin auf eine neue Ebene zu heben.“ Mainz verneige sich mit größter Hochachtung vor der Forscherin.

Die Biochemiker Katalin Kariko im Jahr 2021. - Foto Szegedi Tudományegyetem via Wikimedia
Die Biochemiker Katalin Kariko im Jahr 2021. – Foto Szegedi Tudományegyetem via Wikimedia

Katalin Karikó wurde am 17. Januar 1955 im ungarischen Szolnok als Tochter eines Metzgers geboren und arbeitet bereits während ihrer Promotion an der Universität Szeged an der Synthetisierung von RNA. 1985 wanderte sie mit ihrem Mann in die USA aus, wo sie ab 1989 an der Universität von Pennsylvania arbeitete. 1998 traf sie den Immunologen Drew Weissman, Professor an der University of Pennsylvania, mit dem sie gemeinsam an der Entwicklung von Medikamenten auf mRNA-Basis forschte. Die beiden Wissenschaftler gründeten auch da schon ein Unternehmen, dem Karikó als Geschäftsführerin vorstand, eine konkrete Medikamentenentwicklung scheiterte aber zunächst.

Es war Karikó, der es als erste gelang, virale RNA-Moleküle so zu modifizieren, dass sie in menschlichen Zellen nicht mehr von der Immunabwehr zerstört werden – es war die bahnbrechende Grundlage für die spätere Entwicklung der Corona-Impfstoffe. Die Ergebnisse publizierte Karikó gemeinsam mit Weissman, mit dem sie nun auch zusammen den Medizin-Nobelpreis erhält. Dem Thema RNA blieb Karikó auch in ihrer weiteren Karriere treu – es war der Mainzer Firmengründer Ugur Sahin, der die Wissenschaftlerin zu Biontech holte. Ab 2013 und bis zu ihrem Ausscheiden im September 2022 war Karikó Senior Vice President des Mainzer Unternehmens BioNTech.

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Karikós Forschung legte Grundstein für Corona-Impfstoff

Es war Karikós Grundlagenforschung und KnowHow, die es Ugur Sahin und seiner Frau Özlem Türeci im Frühjahr 2020 ermöglichten, in Lichtgeschwindigkeit den weltweit ersten Impfstoff auf RNA-Basis zu entwickeln – gegen die Corona-Pandemie. Der Biontech-Impfstoff wurde ein Welterfolg, und machte das Mainzer Unternehmen mit einem Schlag weltberühmt – und brachte dazu Milliarden nach Mainz. Sahin und Türeci wurden dafür gemeinsam mit dem Krebsforscher Christoph Huber im März 2022 zu Ehrenbürgern der Stadt Mainz ernannt – nicht aber Karikó, obwohl Experten schon damals darauf hinwiesen, dass ohne Karikós Forschung der Erfolg von Biontech so gar nicht möglich gewesen wäre.

Die Biontech-Gründer Ugur Sahin und Özlem Türeci (rechts) in einer Videoschalte mit Katalin Karikó und dem Krebsforscher Christoph Huber. - Screenshot: gik
Die Biontech-Gründer Ugur Sahin und Özlem Türeci (rechts) in einer Videoschalte mit Katalin Karikó und dem Krebsforscher Christoph Huber. – Screenshot: gik

Über den Nobelpreis für die RNA-Forschung war bereits im vergangenen Jahr spekuliert worden, nun machte das Nobelpreis-Komitee in Stockholm es wahr – aber nicht für die Biontech-Gründer, sondern für die Grundlagenforscher Karikó und Weessmann. „Durch ihre bahnbrechenden Resultate, die unser Verständnis davon, wie mRNA mit dem menschlichen Immunsystem interagiert, grundlegend verändert haben, trugen die Preisträger zu dem beispiellosen Tempo der Impfstoffentwicklung während einer der größten Bedrohungen für die menschliche Gesundheit in moderner Zeit bei“, hieß es vom Nobelkomitee.

„Ich möchte Frau Karikó meine allergrößten Glückwünsche und Anerkennung aussprechen“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Montag. In der Corona-Pandemie habe die Menschheit erstmalig von den Vorteilen der mRNA-Technologie profitieren können. „Das aus meiner Sicht wirklich begeisternde und bahnbrechende an der entwickelten Technologie ist, dass sie das Potential hat, unterschiedlichste Erkrankungen des Immunsystems zukünftig besser therapieren zu können, und dadurch weit über die Corona-Pandemie hinaus für die Gesellschaft von unschätzbarem Nutzen sein wird“ sagte Dreyer weiter.

Haase: „Wir verneigen uns mit größter Hochachtung“

Karikó habe „mit ihrer unerschütterlichen, langjährigen Forschungs- und Entwicklungsarbeit einen Paradigmenwechsel in der Medizin ausgelöst“, gratulierte auch Wissenschaftsminister Clemens Hoch (SPD): „Durch ihre Arbeiten hat sie Wege gefunden, diese innovative Technologie zum Wohl der Gesellschaft nutzbar zu machen. Und das in Lichtgeschwindigkeit“, fügte Hoch in Anspielung auf den Projektnamen der Impfstoff-Entwicklung bei Biontech hinzu: „Operation Lightspeed“. Auch der Impfstoff des US-Unternehmens Moderna beruht auf den Forschungen Karikós.

Selten war eine Karikatur wahrer: Dank der RNA-Technologie jagte ein Impfstoff (nicht nur) Made in Mainz das Coronavirus zum Teufel - und nahm der Pandemie ihren Schrecken. - Grafik: Guntram Eisenmann
Selten war eine Karikatur wahrer: Dank der RNA-Technologie jagte ein Impfstoff (nicht nur) Made in Mainz das Coronavirus zum Teufel – und nahm der Pandemie ihren Schrecken. – Grafik: Guntram Eisenmann

Auch der Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) gratulierte Karikó „von Herzen zu dieser außerordentlichen Ehrung“, und das im Namen der gesamten Stadt Mainz: „Wir verneigen uns allesamt mit größter Hochachtung vor der bahnbrechenden Entwicklung, welche Teile der Medizin auf eine neue Ebene gehoben hat“, sagte Haase: „Ich gratuliere der Preisträgerin zu dieser außerordentlichen Ehrung und freue mich zugleich, dass die Landehauptstadt Mainz erneut im Fokus der Weltöffentlichkeit steht.“

Karikó selbst sagte in einer ersten Reaktion, sie habe geschlafen, als der Anruf kam, ihr Mann hätte das Telefon abgenommen – Karikó lebt nun wieder in Philadelphia in den USA. Sie habe gedacht „jemand macht einen Scherz“, sagte sie in einem Telefoninterview mit dem Nobelpreis-Komittee, man wisse in diesen Tagen ja nie… jetzt aber sei sie „100 Prozent sicher“. Sie werde jetzt 50 Jahre mRNA-Technologieforschung feiern, fügte Karikó hinzu. „Ich habe die Experimenten mit meinen eigenen Händen getan“, sagte sie – der Erfolg sei aber mit ihrem Wirken bei Biontech in Mainz gekommen.

Ankündigung des Medizin-Nobelpreises für Katalin Karikó von der Akademie in Stockholm. - Grafik: Nobel Prize Outreach
Ankündigung des Medizin-Nobelpreises für Katalin Karikó von der Akademie in Stockholm. – Grafik: Nobel Prize Outreach

Biontech gratulierte seiner ehemaligen Senior Vice President natürlich ebenfalls: „Wir schätzen Kati und Drew für ihre Leidenschaft, ihre Beharrlichkeit und ihr Engagement“, teilte das Unternehmen mit. Dieser Nobelpreis solle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der ganzen Welt daran erinnern, ihre Forschungsarbeit fortzusetzen und das volle Potenzial neuer Wirkstoffklassen auszuschöpfen, hieß es weiter.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Entwicklung des mRNA-Impfstoffs in der Coronao-Pandemie könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen. Ausführliche Informationen über Katalin Karikó und ihre Forschung findet Ihr auch hier bei Wikipedia.