Es ist laut in der Rheingoldhalle, der Staub steht in dicken Schwaden in der Luft, sogar Bagger stehen in den Ecken. Der große Saal, die einstigen Räume und Treppenaufgänge – nicht wiederzuerkennen. Die Bauarbeiten an der Rheingoldhalle sind in vollem Gange, und sie sind viel umfangreicher, als erwartet. „Das hier ist eine hochkomplexe und komplizierte Baustelle“, sagte Bürgermeister Günter Beck (Grüne), „uns ist wichtig zu zeigen, dass hier gearbeitet wird, und zwar sehr intensiv.“ Wenige Tage vor Fastnacht hatte die Rheingoldhallen GmbH die Hiobsbotschaft verbreitet, die wichtige Veranstaltungshalle werde doch nicht rechtzeitig zum 31.12.2020 fertig – sondern deutlich später.
Am Aschermittwoch lud nun die Stadt zur Baustellenbegehung, es war ein Blick in Löcher und Abgründe. Praktisch keine Wand und keine Zwischendecke werde im Laufe der Arbeiten stehen bleiben, sagte Bauleiter Tobias Ebner – die Rheingoldhalle wird komplett entkernt und zurückgebaut. Wände müssen eingerissen, neue Brandschutzwände aufgebaut, Decken herausgerissen oder verstärkt werden. „Der Neuaufbau bringt Lasten, die die Fundamente nicht aufnehmen konnten“, erklärt Ebner, und weist auf den Ausblick vor uns. Wir stehen dort, wo einmal die Seitentribüne des großen Saals war, der Blick fällt förmlich hinunter in die Tiefe – drei Stockwerke tief, um genau zu sein. Wo einmal die Bühne war, gähnt eine tiefe Schlucht, dort unten wird mit schwerem Gerät gearbeitet.
16 Bohrpfähle werden in die Fundamente eingebracht, um die Statik der Halle zu ertüchtigen, damit sie die neue Veranstaltungstechnik tragen kann. „Neue Haustechnik, neue Bühnentechnik, das tragen die bisherigen Zwischendecken nicht“, erklärte Ebner. Die Bohrarbeiten finden teilweise in Kellern statt, die bis unter den Gutenbergsaal reichen – die Rheingoldhalle ist ein verschachtelter Bau. An den Übergängen zum Hilton-Hotel werden neue Brandwände hochgemauert, gleich hinter der Wand läuft der normale Hotelbetrieb.
„Es gibt Konflikte“, räumte Beck offen ein, der Lärm der Bauarbeiten sei natürlich ein Problem für Hotel auf der einen und Veranstaltungen der Mainzplus Citymarketing auf der anderen Seite. Die Mainzer CDU-Chefin Sabine Flegel hatte vor Fastnacht gewarnt, es stünden erste Regressforderungen von Veranstaltern im Raum. „Wir müssen die Arbeiten vorantreiben, weil wir an Fristen gebunden sind“, betonte nun Beck, das gelte vor allem für Gelder zur energetischen Sanierung der Rheingoldhalle. 4,68 Millionen Euro flössen aus dem Bundesprogramm dafür nach Mainz, „das ist Fluch und Segen zugleich“, sagte Beck.
Der Grund: Schafft die Stadt es nicht, die Arbeiten bis zum 31. Dezember abzuschließen, droht der Verlust von Geldern. Doch im Mai 2019 brannte das Dach der Rheingoldhalle, bei Schäden im Dachbereich blieb es aber nicht. „Die Rheingoldhalle hat einen ganzen Tag lang gebrannt, das wird offenbar gerne mal vergessen“, schimpfte Beck: „Das Feuer hat sich hier überall durchgebrannt.“ Wir stehen in dem ehemaligen Kellnergang, dem Bereich für Garderoben und Cateringräume zwischen dem Großen Saal und der Außenmauer Richtung Rheinallee, genau hier oben drüber wütete der Dachstuhlbrand der Rheingoldhalle.
Das Feuer beschädigte offenbar auch die Räume unterhalb des Daches maßgeblich, dazu kamen Löschwasser und Löschschaum, die sich durch zahlreiche Lücken und Ritzen schnell und gründlich im Mauerwerk verteilten, bis hinunter in den großen Saal. Das Löschwasser setzte Asbest frei, zwei Monate dauerte es allein, diese Schadstoffe aus dem Bau zu entfernen. Eine Verlängerung für die Bundesmittel gebe es trotzdem nicht, sagte Beck: „Leider ist es ein Bundesgesetz, da gibt es keine Ausnahmesituation wegen einer Katastrophe wie einem Brand.“ Neue Abschottungen sichern nun die neuen Räume gegen Feuer, neue Stahlträger verstärken die Decken, Brandschutztüren wurden eingebaut, dazu neue Lüftungsanlagen, wie überall im Haus. Büros und Künstlergarderoben werde es am alten Ort wieder geben, sagte Ebner.
Und dann ist da noch das neue Problemkind: das Parkett des Großen Saals. „Das Parkett, das hier damals verlegt wurde, war sehr, sehr hochwertig und hat hervorragend funktioniert“, sagte Martin Dörnemann, Geschäftsführer der Rheingoldhallen GmbH. Genau deshalb hatte das alte Parkett ursprünglich erhalten werden sollen, auch um Kosten zu sparen. Doch die Tonnen Löschwasser erreichten auch den Großen Saal, kurz vor Fastnacht kündigte Dörnemann deshalb an: Parkett und Estrich müssten ebenfalls komplett erneuert werden.
Bürgermeister Beck wollte das nun am Mittwoch so nicht bestätigen: Es habe Probebohrungen im Parkett gegeben, und davon lägen noch nicht alle Ergebnisse vor, betonte er. Die ersten elf Parkettproben im Randbereich hätten bereits ergeben, dass das Parkett dort ausgetauscht werden müsse, sagte Dörnemann, auch Schimmel sei dort bereits aufgetreten. Die Proben aus der Mitte des Saal würden in den nächsten Tagen erwartet. „Wir müssen damit rechnen, dass Parkett und Estrich komplett ausgetauscht werden müssen“, sagte Dörnemann. „Die endgültige Entscheidung über den Parkettaustausch ist noch nicht gefallen“, widersprach Beck – das sei auch eine Frage der Verhandlungen mit den Versicherungen.
So oder so: Eine rechtzeitige Fertigstellung der Rheingoldhalle zur Fastnachtskampagne 2021 wird nicht möglich sein, einen neuen Fertigstellungstermin mochte Beck zudem nicht nennen. „Es gibt keinen finalen Fertigstellungstermin“, sagte Beck, für Mittwochnachmittag habe er Vertreter der Wirtschaft zum Gespräch geladen, wie es weiter gehen könne – von Seiten der Wirtschaft hatte es scharfe Kritik am Baustellenmanagement gegeben. Klar sei nur: Bis zum 31.12. müsse die energetische Sanierung abgeschlossen sein, die Haustechnik dafür abgenommen und funktionsfertig sein.
Jeden Tag seien derzeit um die 60 Arbeiter auf der Baustelle im Einsatz, kommende Woche würden es wohl um die 80 sein. Das 29,1 Millionen Euro teure Bauprojekt steht noch vor einigen Herausforderungen, auch der Vorbau zur Rheinseite hin mit großer Fluchttreppe muss noch angegangen werden. „Es ist eine riesige Herausforderung, aber die Baustelle läuft sehr, sehr rund“, betonte Beck, „wäre der Brand nicht gewesen, wäre das alles ganz anders gelaufen.“
Info& auf Mainz&: Mehr zum Brand der Mainzer Rheingoldhalle könnt Ihr hier bei Mainz& noch einmal nachlesen, die ersten Informationen in Sachen Parkett samt Reaktionen von Fastnachtern und Wirtschaft haben wir hier aufgeschrieben.