Nach der Kommunalwahl ist nicht nur Wunden lecken angesagt bei den Parteien – oder Feiern, je nach Ausgang – es werden auch die Weichen für die weitere Arbeit gestellt: Seit dem 26. Mai haben sich die meisten Stadtratsfraktionen inzwischen konstituiert. SPD und CDU müssen dabei mit geschrumpften Fraktionen umgehen, die Grünen wiederum mit stark gewachsener Mitgliederzahl – die Ökopartei war der große Wahlsieger der Kommunalwahl: 17 Sitze halten die Grünen jetzt und sind damit stärkste Partei im Mainzer Stadtrat geworden. Damit sind es auch die Grünen, die erstmals zu Sondierungsgesprächen zum Abklopfen einer neuen Koalition einladen – kommt jetzt die Ampel 3.0?

Wahlplakate von Grünen, SPD und FDP - kommt jetzt die Ampel 3.0? - Foto: gik
Kommt jetzt die Ampel 3.0 für Mainz? – Fotos: gik

27,7 Prozent lautete am Ende das Ergebnis für die Mainzer Grünen, ein Zuwachs von mehr als 7 Prozentpunkten im Vergleich zu 2014 und ein neuer Rekord. Die Grünen halten damit jetzt 17 Sitze im Mainzer Stadtrat und sind erstmals stärkste Fraktion – vor der CDU, die mit 23,5 Prozent auf 14 Sitze kommt. Die SPD landete mit 20,2 Prozent und 12 Sitzen nur noch auf Rang drei. Bei den Grünen sieht man jetzt die Chance, deutlich mehr grüne Inhalte durchzusetzen: „Wir sind uns der großen Verantwortung für die Stadt bewusst und verstehen dieses Wahlergebnis als Auftrag, noch mehr zu tun für konsequenten Klimaschutz, eine echte Mobilitätswende und bezahlbaren Wohnraum“, sagte Grünen-Kreischef Christian Viering. Grüne Politik für Mainz bedeute „eine grüne Stadt, eine finanziell handlungsfähige Stadt, eine lebenswerte und soziale Stadt und eine Stadt der Vielfalt für alle Bürger.“

Seit zehn Jahren regieren die Grünen nun schon Mainz in einer Ampel-Koalition gemeinsam mit SPD und Grünen, sie stellen den Finanzdezernent und Bürgermeister – Günter Beck – sowie mit Katrin Eder die Verkehrs- und Umweltdezernentin. Die Themen sind heute indes die gleichen wie vor fünf Jahren: Abgesehen von der Mainzelbahn harrt der Mainzer Öffentliche Nahverkehr noch immer der flächendeckenden Verbesserung, eine Ringlinie zwischen den Stadtteilen gibt es weiter nicht. Auch die attraktiven Knotenpunkte, die sich die Ampel 2.0 vor fünf Jahren vornahm, harren noch der Umsetzung, ebenso ein Ausbau der Radwege – was sich die Ampel-Koalition 2014 in Sachen Verkehr vornahm, könnt Ihr hier noch einmal nachlesen.

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Wahlplakat der Grünen im Kommunalwahlkampf 2019 für den Ausbau des Mainzer Straßenbahnnetzes.  - Foto: gik
Wahlplakat der Grünen im Kommunalwahlkampf 2019 für den Ausbau des Mainzer Straßenbahnnetzes. – Foto: gik

Im Jahr 2019 denken die Grünen derweil über einen weiteren Ausbau des Straßenbahnnetzes nach, von einer Linie nach Mainz-Ebersheim sprach Eder bereits in der Wahlnacht. Auch eine Strecke zum neuen Stadtgebiet Heiligkreuzareal ist jetzt plötzlich im Gespräch – am Pfingstmontag lädt der Ortsvorsteher-Kandidat für die Oberstadt, Daniel Köbler, schon mal zum Bürgerdialog „Straßenbahn Ausbauen zum Heiligkreuzviertel“ an die Hechtsheimer Straße, Ecke Landwehrweg.

Kommende Woche laden die Grünen auch die anderen Fraktionen zu Gesprächen in Sachen Koalitionsbildung ein – mit der SPD habe man bereits an diesem Montag gesprochen, sagte Viering auf Mainz&-Anfrage. Erster Ansprechpartner seien nach zehn Jahren Ampel-Koalition natürlich die bisherigen Partner, nach der SPD will man also kommende Woche auch mit der FDP reden. Schon in der Wahlnacht hatten alle drei Parteien angedeutet, dass sie sich eine Fortsetzung der bisherigen Koalition vorstellen könnten. Die Sozialdemokraten müssen dabei aber in einen sauren Apfel beißen: Nach ihren starken Stimmverlusten müssen sie nun Abstriche machen.

Die neue SPD-Stadtratsfraktion im Juni 2019. - Foto: SPD Mainz
Die neue SPD-Stadtratsfraktion im Juni 2019. – Foto: SPD Mainz

Am Montag konstituierte sich die neue SPD-Stadtratsfraktion, mit drei neuen Mitgliedern, aber fünf weniger als bisher sei das ein „personeller Umbruch“, hieß es danach. Fraktionschefin der 12-köpfigen Truppe bleibt Alexandra Gill-Gers, die einstimmig in ihrem Amt bestätigt wurde.“Wir werden unsere konstruktive und erfolgreiche Politik in Bezug auf Kinderbetreuung, Schulen und bezahlbarem Wohnraum fortsetzen“, kündigte Gill-Gers an. Sie freue sich auf den Austausch mit den erfahrenen Fraktionsmitgliedern, erhoffe sich aber auch „zahlreiche neue Impulse“ durch die neuen Kolleginnen und Kollegen. Für Gespräche mit den anderen Fraktionen sei man bereit.

Die Stadtratsfraktion der Mainzer FDP hatte sich bereits vergangene Woche, drei Tage nach der Kommunalwahl, konstituiert. Vier Mitglieder schicken die Liberalen jetzt in den Mainzer Stadtrat, das ist ein Sitz mehr als zuvor. Neu dabei sind der Mainzer Hautarzt Wolfgang Klee sowie FDP-Kreischef David Dietz, der auch gleich zum neuen Fraktionschef gewählt wurde.

FDP-Kreischef David Dietz führt jetzt auch die FDP-Fraktion im Mainzer Stadtrat. - Foto: gik
FDP-Kreischef David Dietz führt jetzt auch die FDP-Fraktion im Mainzer Stadtrat. – Foto: gik

„Es war uns wichtig, möglichst schnell handlungsfähig zu werden, um Entscheidungen fällen und die Gespräche mit unseren bisherigen Koalitionspartnern substantiell vorbereiten zu können“, sagte Dietz danach. Die FDP wolle „sehr zeitnah über Themen wie die Neugestaltung der Ludwigsstraße, die Bereitstellung von Wohnraum und Gewerbeflächen, die Weiterentwicklung der Verkehrspolitik und viele weitere Punkte in konkrete Gespräche kommen, um zu eruieren, ob und wie eine Neuauflage der Ampel realisiert werden kann.“

Die Grünen betonten derweil, bei ihnen stünden die Inhalte im Vordergrund, deshalb werde man diejenigen Parteien im Mainzer Stadtrat zu Gesprächen einladen, „mit denen langfristig eine stabile und handlungsfähige Mehrheit zur Umsetzung unserer Inhalte möglich ist.“ Nach SPD Und FDP werde man auch Gespräche mit der CDU und den Linken führen, sagte Viering weiter. Über die Ergebnisse der Sondierungsgespräche werde in der Sondierungskommission der Grünen beraten und auch mit der Fraktion. Über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheidet aber die Basis mit: Die Kreismitgliederversammlung am 18. Juni könnte eventuell schon ein solche Entscheidung treffen. Die Stadtratsfraktion der Grünen konstituierte sich an diesem Mittwoch, Fraktionschefin bleibt Sylvia Köbler-Gross, ihr zur Seite stehen Marcel Kühne und Gunther Heinisch.

Die CDU-Stadtratsfraktion trat am Dienstag zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen, der bisherige Fraktionschef Hannsgeorg Schönig wurde mit einer Gegenstimme wiedergewählt. Schönig kündigte danach eine Neuausrichtung an: „Wir werden uns thematisch anders positionieren, neue Akzente setzen und unsere strategische Ausrichtung erneuern“, sagte er. Die CDU habe in den vergangenen fünf Jahren „hart gearbeitet und uns mit voller Kraft für Mainz eingesetzt“, trotzdem sei es nicht gelungen, „mit unseren Themen Wohnungsbau, gute Verkehrsinfrastruktur und einem Miteinander der Generationen“ deutlich mehr Menschen zu erreichen.

Das Mainzer Rathaus. - Foto: gik
Wer bestimmt künftig die Politik im Mainzer Rathaus? Die Gespräche zur Koalitionsbildung sind angelaufen. – Foto: gik

Die CDU kam mit ihren 23,5 Prozent der Stimmen nur noch auf 14 Sitze, vier weniger als die fünf Jahre zuvor. Dabei hatte sie an Wählerstimmen nur sehr geringe Einbußen zu verzeichnen: 2019 sammelte sie 1.339-561 Personenstimmen ein, 2014 waren es 1.341.702 gewesen. Da die Wahlbeteiligung aber von 50 Prozent auf 60,1 Prozent stieg, wurden mehr Stimmen vergeben – und die heimsten vor allem die Grünen ein: Nach 889.974 Personenstimmen in 2014 vereinigten die Grünen dieses Mal 1.582.459 Stimmen auf ihre Partei. So reichte es auch bei anderen Parteien wie etwa der ÖDP trotz Stimmenzuwächsen nicht für einen zusätzlichen Sitz im Stadtrat – dafür brauchte es schon deutliche Zugewinne wie bei den Linken, die von 203.514 Stimmen auf 335.459 Stimmen wuchsen.

Zunächst allerdings steht den Politikern noch einmal Wahlkampf ins Haus: Am 16. Juni sind Stichwahlen in 13 der 15 Mainzer Stadtteile. Die Wahlbenachrichtigungen dazu habt Ihr bereits mit der ersten Wahlbenachrichtigung erhalten,. eine gesonderte Information wird zur Stichwahl der Ortsvorsteher nicht verschickt. Wenn Ihr aber Briefwahlunterlagen für den 26. Mai und die Stichwahlen beantragt hattet, könnte es sein, dass Euch die Briefwahlunterlagen automatisch zugeschickt werden – war bei uns der Fall.

Info& auf Mainz&: Alle Informationen zur Stichwahl der Mainzer Ortsvorsteher samt Fristen und Anträgen findet Ihr hier bei der Stadt Mainz im Internet. Auch diese Wahl ist wichtig – hingehen! Der Mainzer Stadtrat selbst trifft sich übrigens am 27. Juni zu seiner ersten konstituierenden Sitzung.

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