Das Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen wird ausgesprochen häufig durchbrochen, vor allem nach 23.00 Uhr landet regelmäßig eine ganze Anzahl von Flugzeugen. Das stellte nun der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Hessen heraus. Demnach gab es am Frankfurter Flughafen im September 2017 insgesamt 105 Landungen nach 23.00 Uhr – und dabei fiel vor allem ein Ruhestörer besonders auf: Der irische Billigflieger Ryanair landete in 38 Fällen verspätet, damit bricht Ryanair die Nachtruhe am häufigsten. Der BUND kritisiert, Ryanair nehme das Nachtflugverbot offenbar nicht ernst, Kritiker der Billigflieger und Fluglärmgegner sind alarmiert. Das Hessische Verkehrsministerium will die Fälle nun genau prüfen, der Verdacht: Ryanair umgeht das Nachtflugverbot systematisch.

Ryanair-Flieger durchbrechen überproportional häufig das Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen. – Foto: gik

Die Stadt Neu-Isenburg hatte die Aufstellung der verspäteten Landeanflüge des vergangenen Monats ausgewertet und dabei festgestellt: Mehr als ein Drittel der Verspätungen gingen auf das Konto der Fluglinie Ryanair.  Das absolute Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen zwischen 23.00 Uhr und 5.00 Uhr morgens darf aber nur in streng begrenzten Ausnahmefällen gebrochen werden – etwa bei schlechtem Wetter oder in Krisensituationen. Nicht genehmigungsfähig sind Verspätungen, die sich etwa aus einem zu engen Flugplan ergeben – und genau das argwöhnen nun die Kritiker im Fall der irischen Fluglinie: „Wer so häufig zu spät kommt wie Ryanair, nimmt das Nachtflugverbot offensichtlich nicht ernst“, kritisierte Thomas Norgall vom BUND.

Bei den Verspätungen falle nämlich auf, dass allein 14 der verspäteten Ankünfte auf die Startflughäfen Glasgow und Palma de Mallorca entfielen, auch aus Stansted seien elf verspätete Flüge gekommen. „Angesichts der kurzen Flugzeiten von diesen Flughäfen ist das nicht akzeptabel“, kritisierte Norgall: „Wenn die Ryanairflieger früher starten würden, kämen sie auch vor 23.00 Uhr in Frankfurt an.“ Die Ausnahmeregelung werde über Gebühr in Anspruch genommen, die Praxis müsse deshalb überdacht werden. „Wer rücksichtslos ständig nach 23.00 Uhr landet, der sollte keine Landeerlaubnis erhalten und auf andere Flughäfen verwiesen werden“, forderte der BUND. Die Anwohner um den Frankfurter Flughafen bräuchten  „nicht weniger, sondern mehr Nachtruhe“, Ryanair „bestätigt seinen schlechten Ruf“, betonte Norgall.

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Nach 23.00 Uhr sind keine regulären Starts oder Landungen in Frankfurt erlaubt – eigentlich. Das Nachtflugverbot hat Lücken. – Foto: gik

Der irische Billigflieger bietet seit März 2017 Flüge vom Frankfurter Flughafen an, nachdem der Flughafen-Betreiber Fraport seine Entgeltstrukturen so geändert hatte, dass vor allem neue Airlines massiv von Rabatten profitieren. Damit holte die Fraport erstmals Billigfluglinien nach Rhein-Main – sehr zum Ärger der Lufthansa, die in Frankfurt ihren Heimathafen hat. Fluglärmgegner befürchteten schon damals, die Billigflieger würden zu mehr Fluglärm gerade in den Nachtrandstunden führen, das scheint sich nun zu bestätigen.

„Es liegt der Verdacht nahe, dass die Landungen nach 23.00 Uhr keine Ausnahmen sind, sondern eine geplante Normalität“, kritisierte der Flughafenexperte der SPD Hessen, Marius Weiß, eine Überraschung sei das nicht: „Es ist bekannt, dass die Umläufe bei den Low-Cost-Carriern extrem knapp getaktet sind und dass solche knappen Taktungen zwangsläufig dazu führen, dass Flüge verspätet abheben und landen.“ Ryanair-Flüge, die planmäßig um 22.45 Uhr landen sollten, träfen regelmäßig erst nach 23.00 Uhr in Frankfurt ein, das sei „im System der Billigfliegerei die Normalität, nicht die Ausnahme.“ Weiß kritisierte, genau das aber hätte der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) aber wissen müssen, „als er Ryanair an den Flughafen Frankfurt gelockt hat.“

Al-Wazir hatte die neue Tarifstruktur des Frankfurter Flughafens im Dezember 2016 genehmigt, damit war der Weg für die Ansiedlung der Billigflieger frei. „Jetzt steht ausgerechnet der grüne Minister Al-Wazir da wie der traurige Zauberlehrling, der die Geister, die er rief, nicht mehr zähmen kann“, kritisierte Weiß. Der Minister habe aber die Aufgabe, das Nachtflugverbot und das Recht auf Nachtruhe durchzusetzen. Auch die hessische Linke forderte, der Verkehrsminister dürfe sich „nicht länger auf der Nase herumtanzen“ lassen. „Es darf nicht geduldet werden, wenn das bewusste Übertreten von Gesetzen und Regelungen zum Schutz von Menschen und Natur zum Geschäftsmodell gemacht wird“, sagte Linksfraktionschefin Janine Wissler. Sollte Ryanair tatsächlich das Nachtflugverbot systematisch ignorieren, dürften die Flieger keine Landeerlaubnis mehr erhalten.

Flieger am Abendhimmel über Frankfurt. – Foto: gik

Das Verkehrsministerium kündigte unterdessen an, die verspäteten Landungen sehr genau prüfen zu wollen. „Dass mehr als ein Drittel der Landungen nach 23.00 Uhr in einem Monat auf das Konto einer Fluglinie gehen legt den Verdacht nahe, dass Ryanair sich bei der Flugplanung nicht an die Regeln hält“, sagte sogar der Flughafenexperte der hessischen Grünen, Frank Kaufmann. Wer seinen Flugplan so aufstelle, „dass die Regeln zum Schutz vor nächtlichem Lärm gar nicht eingehalten werden können, handelt unverantwortlich und schadet damit der Luftverkehrswirtschaft insgesamt“, kritisierte Kaufmann und warnte, Ryanair solle „sich davor hüten, seine rücksichtlose Geschäftsstrategie auch noch zu Lasten der Anwohner des Frankfurter Flughafens weiter zu eskalieren.“

Das Nachtflugverbot gehöre nämlich zu den Bedingungen, unter denen der Ausbau des Frankfurter Flughafens genehmigt worden sei. „Wer daran rüttelt, stellt den gesamten Planfeststellungsbeschluss in Frage und damit die Grundlage des Betriebs des Flughafens“, warnte Kaufmann. Der Grünen-Politiker, der bei der Fraport im Aufsichtsrat sitzt, mahnte aber auch den Flughafenbetreiber selbst, Belastungen der Nachtruhe durch verspäteten Flugverkehr zu unterbinden: „Man kann nicht eine Airline mit Rabatten anlocken, dann aber die Folgen ignorieren wollen“, betonte Kaufmann.

Update Reaktion Ryanair: Am Freitag erreichte uns eine Reaktion der Fluglinie Ryanair, die wir natürlich gerne weitergeben. „Die Behauptungen sind falsch“, betont Robin Kiely, Chef der Kommunikation bei Ryanair: „Einige der Flüge nach Frankfurt am Main litten unter geringfügigen Verspätungen aufgrund von Vorfällen wie Streiks bei der französischen und spanischen Flugverkehrskontrolle.“ Ryanair sei sich über das Nachtflugverbot ab 23.00 Uhr am Frankfurter Flughafen „bewusst“, man arbeite derzeit „gemeinsam mit dem Flughafen daran, dieses Nachtflugverbot einhalten zu können.“

Info& auf Mainz&: Mehr über Ryanair, die Billigflieger in Frankfurt und die Kritik an der Strategie der Fraport lest Ihr in diesem Mainz&-Artikel.

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