Verschreckte Hunde, tote Vögel – auch in der Silvesternacht 2023-2024 hatte das Mainzer Tierheim wieder eine „Horrornacht“ zum Jahreswechsel beklagt – und von der Politik „endlich“ Maßnahmen zur Abhilfe gefordert. Nun meldete sich der Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) zu Wort: Die Kommunen hätten derzeit keine Handhabe, Schutzzonen rund um Tierheime oder Tierparks zu erlassen, kritisierte Haase – und fordert in zwei Briefen Änderungen beim Bund und vom Land Rheinland-Pfalz ein. Auch die Stadt Mainz selbst will mehr Bewusstsein in der Bevölkerung für die sensiblen Bereiche wecken.
In der Silvesternacht hatte das Kleintierhaus Tierheim Mainz in Zwerchallee zum wiederholten Mal über eine Nacht des Schreckens berichtet: Durch rücksichtslose Böllerei seien erneut die Tiere des Heims in Angst und Schrecken versetzt worden, auch Vögel seien durch die Böllerei zu Schaden gekommen. Obwohl in Mainz generell bei diesem Jahreswechsel weniger Pyrotechnik abgebrannt worden war, wurde ausgerechnet im Umfeld des Tierheims erneut geballert und Feierwerk verschossen.
Das sei „empathielos, egoistisch, bösartig, einfach nicht nachgedacht, cool sein wollen oder einfach nur dumm“, schimpfte das Tierheim auf seiner Facebook-Seite – und forderte: Die Politik müsse nun endlich reagieren. „Es muss sich dringend was ändern, wir brauchen endlich den lange schon benötigten Schutz und keine leeren Wahlversprechen!“, hieß es dort weiter.
Haase: Bundes- und Landesrecht hindern Kommunen an Verboten
„Mir ist es ein Herzensanliegen, gegen dieses Leid vorzugehen“, reagierte am Mittwoch nun der Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos). Er habe aber in den Wochen vor seinem ersten Silvester im Amt des Oberbürgermeisters „feststellen müssen, wie stark das Bundes- und Landesrecht die Kommunen daran hindert, hier wirkungsvolle Verbote zu erlassen.“ Dies müsse sich ändern, forderte Haase nun, „das haben auch die Erfahrungen des Mainzer Tierheims aus der Silvesternacht 2023/24 gezeigt.“
Er habe nun sowohl Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), als auch Landesumweltministerin Katrin Eder (Grüne) per Brief darum gebeten, die Rechtslage zu ändern, teilte Haase weiter mit. Das Problem bestehe bereits seit Jahren, die Stadt Mainz könne es aber „nicht allein lösen“, kritisierte Haase – damit wolle er sich aber nicht abfinden: „Als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt sehe ich es als meine Aufgabe an, für grundlegend bessere gesetzliche Rahmenbedingungen einzutreten – im Sinne der Menschen, aber auch, wie in diesem Fall, der Tiere.“
Er wende sich deshalb an Faeser „mit der Bitte, die Sprengstoffverordnung dahingehend zu ändern, dass das Abbrennen von Pyrotechnik um Tierparks und Tierheime verboten wird“, schrieb Haase nun an die Bundesinnenministerin. Ein solche Verbot gebe es ja bereits rund um, Kirchen, Krankenhäuser, Kinder- und Altenheime. „Ich bin der festen Überzeugung, dass eine solche Regelung auch im Sinne des Staatsziels Tierschutz wäre“, schreibt Haase weiter.
Haase will Befugnis, „Böllerei abzustellen“, Kampagne geplant
Derzeit ergebe sich so ein Verbot aber weder aus dem Gesetz, noch sei eine rechtssichere Anordnung durch die Ordnungsbehörden möglich. Zur Abwendung von Gefahren durch die Nutzung von Pyrotechnik bitte er zudem darum, „dass die Gemeinden eine Anordnungsbefugnis zur Einrichtung von Feuerwerksverbotszonen an die Hand gegeben wird“, schreibt Haase weiter. Könnten die Gemeinden das Abbrennen von Feuerwerk in bestimmten Bereichen zur Gefahrenabwehr auch am 31. Dezember und am 1. Januar verbieten, hätte man eine Möglichkeit, rechtssicher auf konkrete Gefahrenlagen reagieren zu können.
„Ich unterstütze daher die Forderungen des Städtetags aus voller Überzeugung: Wir brauchen rund um unser Tierheim, aber auch am Wildpark oder in den Naturschutzgebieten das Recht, die Böllerei abzustellen“, betonte Haase weiter. Mit der notwendigen Rechtsänderung, einer vorausschauenden Einsatzplanung und einer starken Präsenz von Vollzugsdienst und Polizei könne die Stadt Menschen wie Tiere in der Silvesternacht deutlich besser schützen.
„Unverzichtbar“ sei dabei aber auch „ein stärkeres Bewusstsein in der Bevölkerung“, betonte der OB: Die Stadt wolle deshalb künftig früher und breiter für den Verzicht auf Böller und Feuerwerk in sensiblen Bereichen werben. Dazu gehöre „eine ansprechende Kampagne sowie dort, wo es sinnvoll ist, auch aufsuchende Sozialarbeit“, sagte Haase weiter.
Haase: Land soll Immissionschutz ändern, Bund Sprengstoffordnung
Aber auch das Land Rheinland-Pfalz könne in dieser Frage rechtlich mehr tun, betonte der OB: Er habe sich deshalb in einem Brief an Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) gewandt mit der Bitte, in Rheinland-Pfalz Möglichkeiten im Immisionsschutzgesetz des Landes zu schaffen, Feuerwerk an Silvester und Neujahr örtlich einzuschränken oder ganz zu verbieten.
„In Schleswig-Holstein hat genau diese Möglichkeit Eingang in das Landes-Immissionsschutzgesetz gefunden“, betont Haase in seinem Schreiben weiter: Dort könnten Gemeinden „zum Schutz vor schädlichen Einwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder sonstige Emissionen“ bestimmte Tätigkeiten durch Verordnung einschränken oder verbieten – in Rheinland-Pfalz existiere eine solche Möglichkeit im Landesrecht leider nicht.
„Die Erfahrungen unseres Tierheims in der jüngsten Silvesternacht haben viele Mainzer zurecht empört“, schreibt Haase noch: „Auch unser Wildpark in Gonsenheim ist Ihnen ja bestens bekannt“ – Eder war zehn Jahre lang Umweltdezernentin der Stadt Mainz, und damit auch für den Gonsenheimer Tierpark zuständig. „Ich hoffe auf Ihre Unterstützung in dieser wichtigen Sache“, fügte Haase noch hinzu.
Info& auf Mainz&: Unseren ganzen Bericht zur Silvesternacht 2023-2024 findet Ihr hier bei Mainz&.