Nach knapp einem Jahr ist die Partnerschaft zwischen Mainz und der ukrainischen Stadt Odessa jetzt auch ganz offiziell besiegelt: Am Mittwoch unterzeichneten zu Beginn der Stadtratssitzung der Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) und sein ukrainischer Amtskollege Gennadiy Trukhanov die Partnerschaftsurkunden. In einer bewegenden Rede dankte der Ukrainer den Mainzern für Freundschaft und Unterstützung: „Liebe Freunde, Mainz wurde heute zum Symbol der Unterstützung für und mit Odessa.“ Haase betonte, die Freundschaft sei ein „Herzensprojekt“ und verbinde zwei Städte des Frohsinns, des Genusses, des Weines und großer Universitäten.

Offizielle Unterzeichnung der Städtepartnerschafts-Urkunden für Mainz und Odessa am Mittwoch im Mainzer Stadtrat: Der Mainzer OB Nino Haase (parteilos, links) und Odessas Bürgermeister Gennadiy Trukhanov. - Foto: gik
Offizielle Unterzeichnung der Städtepartnerschafts-Urkunden für Mainz und Odessa am Mittwoch im Mainzer Stadtrat: Der Mainzer OB Nino Haase (parteilos, links) und Odessas Bürgermeister Gennadiy Trukhanov. – Foto: gik

Mitte Mai 2024 hatte der Stadtrat in Mainz einstimmig beschlossen, eine Partnerschaft zwischen Mainz und der ukrainischen Stadt Odessa auf den Weg zu bringen. Mainz war damit vergleichsweise spät dran: Bereits eine Vielzahl deutscher und ukrainischer Städte hatten zu dem Zeitpunkt bereits Partnerschaften miteinander vereinbart, allein in Rheinland-Pfalz gab es 2024 bereits 17 solcher Partnerschaften. In Mainz ging die Initiative von einer Gruppe engagierter Bürger aus – darunter die „Deutsch-Ukrainische Gesellschaft für Wirtschaft und Wissenschaft“ –, die von sich aus Kontakte zur Stadtverwaltung Odessa knüpfte.

Im Oktober 2024 dann wurde die Partnerschaft offiziell besiegelt, doch die Unterschriften auf den Partnerschaftsurkunden mussten noch warten: Die ukrainische Stadt Odessa geriet im dritten Jahr des Krieges von russischer Seite unter starken Beschuss. Wie das inzwischen aussieht, machte am Mittwoch der Bürgermeister von Odessa, Gennadiy Trukhanov, in einer bewegenden Rede deutlich: „Russland bombardiert unsere Stadt jede Nacht“, berichtete Trukhanov. Und im Gegensatz zu früher, sammele Russland jetzt Angriffsdrohnen in Scharen über dem Schwarzen Meer, „wo sie unsere Luftabwehr nicht erreichen kann – und dann attackieren sie im Schwarm gleichzeitig unsere Stadt.“

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Odessa: Perle am Schwarzen Meer, Paris des Ostens, Weltkulturerbe

Die Folgen: Verheerend. 80 Prozent der Schulen und Kindergärten seiner Stadt verfügten inzwischen über unterirdische Luftschutzräume, berichtete Trukhanov – Unterricht, Krankenhausalltag, alles wandert in den Untergrund. „Ich hätte mir nie vorstellen können, einmal Bürgermeister einer Stadt im Krieg zu sein“, sagte Trukhanov. Aber als er vor 11 Jahren zum Bürgermeister von Odessa gewählt wurde, überfiel Russland die Ukraine. „Ich hätte nie gedacht, dass es mir auf meinem beruflichen Weg passiert, dass ein Kind oder eine Mutter mit Kind im Arm aus den Trümmern geholt werden, getötet von einer russischen Rakete“, sagte Trukhanov, „aber heute ist das Realität.“

Rede des Mainzer Oberbürgermeisters Nino Haase (parteilos) am Mittwoch im Stadtrat. - Foto: gik
Rede des Mainzer Oberbürgermeisters Nino Haase (parteilos) am Mittwoch im Stadtrat. – Foto: gik

„Wir wissen sehr zu schätzen, dass Sie in diesen schweren Zeiten des Angriffs auf Ihre Heimat die Reise auf sich genommen haben“, sagte denn auch der Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos). Die Städtepartnerschaft zwischen Mainz und Odessa sei „eine ganz Besondere, und sie ist für sehr viele Menschen in unserer Stadt ein Herzensprojekt“, betonte Haase. Acht Städtepartnerschaften hatte Mainz bislang schon, darunter mit Städten wie etwa Valencia, Haifa, Zagreb und Dijon -, Odessa ist nun die neunte Stadt.

Odessa gilt das besonders schöne und kulturreiche Stadt, die Hafenstadt am Schwarzen Meer ist berühmt für ihre Strände und ihr Kulturleben, ihr historisches Zentrum mit zahlreichen Bauten aus dem 19. Jahrhundert ist UNESCO-Weltkulturerbe. „Die Perle am Schwarzen Meer, das Paris des Ostens, die Hauptstadt des Humors und das Gourmetparadies der Ukraine“, zählte Haase nun die berühmten Eigenschaften der ukrainischen Metropole auf, und betonte: All das passe einfach besonders gut zu Mainz.

Universitäten, Wein, Humor, jüdische Geschichte: Mainz und Odessa

„Zwei bedeutende Universitätsstädte, mitten in Weinanbaugebieten, zwei Städte mit tief verwurzelter jüdischer Geschichte, zwei wunderschöne Touristenstädte am Wasser, die Weltoffenheit, Lebensfreude, Modern und Zukunftsgewandtheit ausstrahlen“, sagte Haase, Offenheit und Herzlichkeit habe er selbst in der Ukraine erlebt, und jetzt wieder in den Gesprächen mit dem Bürgermeister von Odessa, und Offenheit und Herzlichkeit seien auch ein Teil der Mainzer DNA, „auch deswegen passen unsere beiden Städte so gut zusammen.“

Da ist sie: Die Urkunde, die die Städtepartnerschaft zwischen Mainz und Odessa bezeugt. - Foto: gik
Da ist sie: Die Urkunde, die die Städtepartnerschaft zwischen Mainz und Odessa bezeugt – Unterschriften inklusive. – Foto: gik

Der tiefere Sinn der neuen Partnerschaft ist aber vor allem der der Unterstützung der vom Krieg stark gebeutelten Stadt: „An erster Stelle steht unser Wunsch, Solidarität zu zeigen und Unterstützung in dieser schweren Zeit zu leisten“, betonte Haase. Odessa leide heute unter ständigen Angriffen und Stromausfällen, die UNESCO-geschützte Altstadt sei „jetzt voller Narben, äußerlich und innerlich“. Gerade erst sorgten Bombenangriffe auf das historische Grand-Hotel Bristol von Odessa sowie weitere Kulturerbstätten wie etwa die Philharmonie in der „Neuen Börse“ weltweit für Entsetzen.

„Wie sehr sehnen wir doch mit Ihnen Frieden herbei, einen gerechten Frieden“, unterstrich der Mainzer OB. Und versicherte den neuen Freunden: „Wir haben großen Respekt vor dem Mut, der Kraft und dem Willen der Ukrainerinnen und Ukrainer, die für ihr Land und ihre Freiheit kämpfen – und für unsere Freiheit, für die Freiheit Europas.“ Mainz werde an der Seite Odessas und der Ukraine stehen, versicherte er: „Diese Städtepartnerschaft soll eine Brücke sein für den Wiederaufbau nach dem Krieg und um die Identität der Ukraine und Odessas nach Mainz, Deutschland und Europa zu tragen.“

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„Mainz wurde heute zum Symbol der Unterstützung mit Odessa“

Für die ukrainischen Partner waren das keine leeren Floskeln: „Die Menschen werden müde, auch unsere Partner werden müde, darauf wartet unser Feind“, sagte Trukhanov: „Der heutige Impuls bedeutet einen neuen, frischen Atemzug für die Ukraine und für Odessa. Dank Mainz werden heute alle sehen, dass unsere Partner nicht müde werden. Dass wir weiterhin vereint zusammenarbeiten, und dass wir daran glauben, dass in der Ukraine ein gerechter Frieden herrschen wird. Ich danke Ihnen, Herr Haase, für die Solidarität mit unserer Stadt: Mainz wurde heute zum Symbol der Unterstützung für und mit Odessa.“

Unterschrift unter die Partnerschaftsurkunden für Mainz und Odessa am Mittwoch im Stadtrat. - Foto: gik
Unterschrift unter die Partnerschaftsurkunden für Mainz und Odessa am Mittwoch im Stadtrat. – Foto: gik

Deutschland sei inzwischen nicht nur der stärkste Unterstützer der Ukraine, „sondern auch ein Land, das die Völker zusammenbringt“, betonte Trukhanov, gerade auch Mainz sei dafür ein interessantes Beispiel. „Odessa ist offen für die Zusammenarbeit und die Umsetzung der gemeinsamen Ideen“, betonte der Ukrainer: „Wir freuen uns auf die neuen Projekte, kreative Ideen und Innovationen.“ Er sei sicher, „dass vor uns viele Jahre der echten und starken Freundschaft liegen.“

Haase betonte, mit dem Bilden neuer Netzwerke werde gleich am Donnerstag begonnen, dann würden wichtige Akteure aus den Bereichen Wissenschaft und Universität, Handel und Wirtschaft, Energie und Mobilität, Kultur und Kunst, Handwerk und Verwal5tung miteinander in einen ersten Dialog treten. „Gemeinsam können wir Großes bewegen“, betonte Haase: Nichts lohne so sehr, wie die Arbeit am Miteinander und für Frieden und Demokratie.

Ausstellung zu Geschichte und Moderne von Odessa im Stadthaus

Rund um die Unterzeichnung der Partnerschaft finden denn auch diese Woche eine ganze Reihe von weiteren Veranstaltungen zur neuen Liaison Mainz-Odessa statt. So wurde am Donnerstag eine Ausstellungen im Mainzer Stadthaus mit den beiden Titeln „Odesa Germanica – Geschichte und Moderne“ und „Odessa vor der Revolution – 20 Ansichten aus Goldener Zeit“ eröffnet. Die Ausstellung, die zuvor in der anderen Partnerstadt Regensburg gezeigt wurde, beleuchtet das Erbe der deutschen Zuwanderer, die als „Schwarzmeerdeutsche“ in Odessa siedelten und die Region nachhaltig prägten.

T-Shirts für Odessas Bürgermeister Gennadiy Trukhanov (links) und den Mainzer OB Nino Haase (parteilos) mit dem neuen Logo für die Städtepartnerschaft. - Foto: Roeingh
T-Shirts für Odessas Bürgermeister Gennadiy Trukhanov (links) und den Mainzer OB Nino Haase (parteilos) mit dem neuen Logo für die Städtepartnerschaft. – Foto: Roeingh

Besonders eindrucksvoll: In der Ausstellung werden auch alte, kolorierte Postkarten aus einer privaten Sammlung gezeigt, die Odessas Stadtansichten vor der Revolution zeigen. Zu sehen ist die Ausstellung im Foyer des Mainzer Stadthauses an der großen Bleiche noch bis zum 8. Mai 2025, zu den üblichen Öffnungszeiten des Stadthauses. Am Freitagabend findet zudem eine Benefiz-Weinprobe mit Weinen aus Mainz und Odessa statt – der Erlös des Abends sowie weitere Spenden gehen ohne einen Euro Abzug an die Feuerwehr in Odessa, wie der Partnerschaftsverein Mainz – Odessa mitteilte.

Die Feuerwehr von Odessa müsse nämlich „jede Nacht ausrücken, um nach russischen Luftangriffen Menschen zu retten und Brände zu löschen – bei einem hohen Verschleiß von Gebrauchsmaterial“, sagte Friedrich Roeingh vom Vorstand des Vereins. Der Verein hat auch bereits ein Logo für die Partnerschaft entwickelt, darauf bewegen sich der Doppelanker Odessas und das Mainzer Rad aufeinander zu.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Partnerschaftsverein Mainz – Odessa e.V., seiner Arbeit und seinen Projekten, und natürlich mit der Möglichkeit, Hilfe und Spenden für Odessa zu leisten, findet Ihr hier im Internet. Mehr Hintergründe zum Krieg in der Ukraine, der Entstehung der ukrainischen Republik und der Orangenen Revolution könnt Ihr hier bei Mainz& lesen:

Der Krieg im Herzens Europas – Wie die Ukraine zum Spielball der Mächte wurde – Wie Mainz der Ukraine hilft