„Unzufriedenheit mit der Landesregierung wächst“, hatte der SWR bereits im Juli 2023 getitelt – nun bricht die Zustimmung zur Ampel-Koalition auf der Landesebene in Mainz weiter ein: Im neuesten PoliTrend des SWR Politikmagazins „Zur Sache Rheinland-Pfalz“ bricht die regierende SPD weiter ein – und kommt jetzt laut SWR auf „ein historisches Tief“ im Land. Eine Mehrheit der Befragten äußerte sich sogar beunruhigt über die Verhältnisse in Rheinland-Pfalz, 70 Prozent kritisieren die Flüchtlingspolitik. Das Vertrauen der Rheinland-Pfälzer in ihre Ministerpräsidentin sinkt weiter: Eine knappe Mehrheit ist dagegen, dass Malu Dreyer bei der nächsten Wahl noch einmal antritt.
Am kommenden Samstag trifft sich die SPD Rheinland-Pfalz zu einem großen Landesparteitag in Mainz, dabei steht auch die Wiederwahl des Landesvorstands auf der Tagesordnung. Und trotz Flutkatastrophe im Ahrtal und scharfer Kritik an Katastrophenschutz und Krisenmanagement, will die SPD ihren bisherigen Vorsitzenden noch einmal wiederwählen: Roger Lewentz, im Oktober 2022 als Innenminister zurückgetreten, soll die SPD in Rheinland-Pfalz weiter führen.
Lewentz werde als bewährter Parteimanager und begnadeter Wahlkämpfer gebraucht, heißt es von Seiten der Sozialdemokraten, dahinter aber steckt noch eine andere Wahrheit: Die SPD bekommt ihre Weichen für die Zukunft nicht gestellt. Ein neues Gesicht als Landesvorsitzender würde als Vorentscheidung bei der Frage gelten: Wer folgt einmal Malu Dreyer an der Spitze der Landesregierung nach? Die 62-Jährige regiert das Bundesland seit 2013, schon mehrfach wurde spekuliert, ob sie vielleicht zur nächsten Landtagswahl 2026 nicht mehr antritt – bislang ließ Dreyer keine Amtsmüdigkeit erkennen.
Eine knappe Hälfte gegen weitere Amtszeit für Malu Dreyer
Doch die Rheinland-Pfälzer stehen ihrer Regierungschefin offenbar mit wachsender Skepsis gegenüber: Im März 2023 hatte der SWR noch berichtet, 53 Prozent der wahlberechtigten Befragten im Land seien mit der Arbeit von Dreyer „aktuell zufrieden“ – wenn auch ihr Ansehen weiter sinke: „Die Ministerpräsidentin verharrt im Ansehenstief, führt aber dennoch die Liste der Landespolitiker mit Abstand an“, hieß es damals.
Der Ansehensverlust aber ging offenbar weiter: „Zur Mitte der Legislaturperiode spricht sich etwa die Hälfte der Rheinland-Pfälzer (51 Prozent) dagegen aus, dass Ministerpräsidentin Malu Dreyer für eine weitere Amtszeit kandidiert“, heißt es in der Mitteilung zum aktuellen PoliTrend. Nur 40 Prozent der Befragten würden eine solche Aussicht hingegen begrüßen, unter den SPD-Parteianhängern seien es hingegen 76 Prozent, bei den Grünen-Anhängern immerhin 67 Prozent. „Skepsis überwiegt in Reihen der Anhänger des Koalitionspartners FDP ebenso wie in denen der anderen Parteien“, so die Mitteilung weiter.
Passend dazu ist auch die Zufriedenheit mit der Arbeit der Landesregierung weiter gesunken: Nur noch 40 Prozent sind mit der Arbeit „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“, 57 Prozent der Befragten aber sind „weniger“ oder „gar nicht“ mit der Ampelkoalition zufrieden – das sind vier Prozentpunkte mehr Unzufriedene als im März. „Allerdings vertrauen auch nur 28 Prozent darauf, dass eine CDU-geführte Landesregierung die Probleme besser lösen könnte“, heißt es weiter.
PoliTrend: 55 Prozent von Verhältnissen im Land beunruhigt
Und die Unzufriedenheit mit der Lage im Land wirkt sich inzwischen deutlich aus: „55 Prozent der Befragten sagen, sie sehen in den Verhältnissen in Rheinland-Pfalz Anlass zur Beunruhigung“, heißt es im PoliTrend. Der SWR interpretiert das als einen Spiegel „der gegenwärtigen Krisen und Herausforderungen“, doch in der Umfrage wurde präzise nach den „Verhältnissen in Rheinland-Pfalz“ gefragt – und die betrachten nur 34 Prozent eher zuversichtlich. „Selbst in der Hochphase in der Corona-Pandemie (Januar 2021) war die Stimmung besser“, konstatieren die Kollegen von zur Sache RP.
Zur Unzufriedenheit trägt offenbar maßgeblich der Umgang der Landesregierung mit der Flüchtlingssituation bei: Dass „Landesregierung und Behörden“ die aktuelle Lage „gut“ oder „sehr gut“ bewältigen, finden nur 24 Prozent – 70 Prozent aber sagen, Land und Verwaltung haben die aktuelle Lage nicht im Griff. Eine große Mehrheit (88 Prozent) der Rheinland-Pfälzer begrüße das Vorhaben der Bundesregierung, Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive schneller abzuschieben – sogar 73 Prozent der Grünen-Anhänger sprächen sich dafür aus. Und 79 Prozent wollen eine restriktivere Flüchtlingspolitik.
Ein Alarmzeichen für die Politik sollte indes diese Zahl sein: 71 Prozent der Befragten meinen, die etablierten Parteien nähmen beim Thema Flüchtlinge die Sorgen der Bürger nicht ernst – das sind 16 Prozentpunkte mehr als noch 2016, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise von 2015. Am 6. November hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Bundesländer erneut zum Bund-Länder-Treffen in Sachen Flüchtlinge und Migration geladen, Lösungen für die Probleme vor allem der Kommunen bei der Unterbringung immer neuer Neuankömmlinge gibt es bisher nicht.
SPD sinkt auf historisches Tief, CDU weiter stärkste Kraft
Und so sinkt vor allem die Zustimmung zur in Berlin wie in Mainz regierenden SPD weiter: Wenn am Sonntag in Rheinland-Pfalz Landtagswahl wäre, käme die SPD nur noch auf 22 Prozent – das wäre ein neuer „historischer Tiefstand im Land“, betont man beim PoliTrend. Damit ging die Zustimmung zu den Sozialdemokraten noch einmal um drei Prozentpunkte im Vergleich zur Umfrage im Juli 2023 zurück. Stärkste Kraft bliebe die CDU mit unverändert 31 Prozent.
Für die AfD würden 17 Prozent (plus 1) und für die Grünen zwölf Prozent (plus 1) der Befragten stimmen. FDP und Freie Wähler erreichten demnach jeweils fünf Prozent, für die Freien Wähler ist das ein Prozentpunkt weniger als im Juli. Tatsache ist: Damit hätte die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP wie schon im Juli keine eigene Mehrheit mehr. Stattdessen finden 25 Prozent der Befragten eine neue Sahra Wagenknecht-Partei „gut“, 7 Prozent sogar „sehr gut“ – 51 Prozent finden die Neugründung allerdings weniger gut oder sogar schlecht.
Für den „Zur Sache PoliTrend“ wurden vom Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap vom 25. bis 30. Oktober 2023 genau 1.048 wahlberechtigten Rheinland-Pfälzer und Rheinland-Pfälzerinnen zufallsbasiert telefonisch und online befragt. Es wurden 615 Telefoninterviews und 433 Online-Interviews durchgeführt.
Info& auf Mainz&: Den ganzen PoliTrend mit allen Grafiken findet Ihr hier im Internet.