Die anhaltenden Regenfälle der vergangenen Tage und Wochen sorgen nun für ein ungewöhnliches Ereignis: Ein Sommerhochwasser mitten im Juli. In einem Monat, wo für gewöhnlich Hitze und Trockenheit vorherrschen, steigen in diesem Jahr stattdessen die Pegel an den Flüssen – die Hochwassermeldezentren am Rhein haben die ersten Warnstufen ausgerufen: Am Wochenende könnte der Rhein auf bis zu sechs Meter steigen. Die Behörden warnen eindringlich vor den Gefahren: Aktivitäten wie Schlauchbootfahren oder Stand-Up-Paddeln seien während des Hochwassers lebensgefährlich.

Land unter in Mainz - so war das Bild schon im Februar 2021. - Foto: gik
Land unter in Mainz – so war das Bild schon im Februar 2021. – Foto: gik

Es ist schon das zweite ungewöhnliche Hochwasser in diesem Jahr, im Februar war der Rhein bei Mainz erstmals seit Jahrzehnten wieder auf über 6,30 Meter gestiegen – Mainz bekam nach langer Zeit wieder einmal nasse Füße. Die Mainzer konnten das recht gelassen bestaunen: Seitdem das Rheinufer unter Stadtbaumeister Eduard Kreyßig ab 1868 sukzessive aufgeschüttet und massiv angehoben wurde, gehören Überflutungen der Mainzer Innenstadt so gut wie der Vergangenheit an.

Anders sah das schon auf der rechten Rheinseite aus, dort standen Keller unter Wasser und liefen zum Teil Höfe voll, in anderen Teilen von Rheinland-Pfalz herrscht gar Alarmzustand: An der Nahe stürzten ganze Fluten durch Ortschaften, in der Pfalz, der Eifel und anderswo rutschten Hänge ab, wurden eigentlich harmlose Flüsschen zu reißenden Strömen. Am Mittwoch traf es vor allem die Eifelregion um Prüm: Binnen weniger Stunden stiegen dort kleine Flüsse um mehrere Meter an, Feuerwehren mussten ausrücken, Keller standen unter Wasser – entlang von Mosel, Saar und Sauer gelten Hochwasserwarnungen, zum Teil bis zur höchsten Stufe.

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Trotz Hochsommer steigen die Pegel am Rhein derzeit wieder stark an, hier ein Foto vom Hochwasser im Februar 2021. - Foto: gik
Trotz Hochsommer steigen die Pegel am Rhein derzeit wieder stark an, hier ein Foto vom Hochwasser im Februar 2021. – Foto: gik

Grund für die ungewöhnlichen Regenfluten ist ein Tiefdruckgebiet, das sich kaum vom Fleck bewegt und für die Jahreszeit ungewöhnlich hohe Regenmengen mit sich bringt. „Die Hauptkraft, die dahinter steckt ist die globale Temperaturerwärmung“, betonte der Grünen-Landtagsabgeordnete Andreas Hartenfels am Mittwoch im Mainzer Landtag, schon jetzt gebe es in Rheinland-Pfalz einen globalen Temperaturanstieg von 1,6 Grad. „Das sorgt für fünf Prozent mehr Wasserdampf in der Atmosphäre, der für mehr Extremereignisse sorgt“, erklärte Hartenfels weiter, die Folge: „Starkregen, Hochwasser – das sind nicht mehr Einzelfälle oder Ausnahmen, sondern das wird zunehmend zu Regel.“ Die Folgen lägen schon jetzt laut Versicherern bei rund 1,7 Milliarden Euro allein für den Juni in Süddeutschland, sagte Hartenfels weiter, das sei der zweitgrößte Schadensfall in den vergangenen 20 Jahren.

„Die heutigen Starkregenereignisse zeigen uns eindrücklich die Auswirkungen des Klimawandels“, sagte auch Klimaschutzministerin Anne Spiegel (Grüne), und rief die Menschen im Land zu Wachsamkeit und Vorsorge auf. Auch die Kommunen müssten sich fit für den Klimawandel und für solche Starkregenereignisse machen, betonte die Ministerin zudem. Das Land hatte 2009 ein Hochwasserberatungszentrum gegründet, das den Kommunen bei der Aufstellung von Hochwasservorsorgekonzepten hilft. Rund 1.100 Kommunen hätten sich bereits auf diesen Weg gemacht – nur etwa ein Viertel hat aber ein fertiges Konzept.

Hochwasserpolder wie dieser hier bei Laubenheim helfen dabei, Regenfluten aufzufangen und Hochwasserstände zu verringern. - Foto: gik
Hochwasserpolder wie dieser hier bei Laubenheim helfen dabei, Regenfluten aufzufangen und Hochwasserstände zu verringern. – Foto: gik

„Die Ereignisse heute zeigen, wie wichtig solche Konzepte sind“, betonte Spiegel. Dabei gehe es um gut funktionierende Meldeketten, aber auch um Notabflusswege sowie Wasser angepasstes Bauen. Starkregen und Klimawandel müssten mitgedacht werden, wenn Nachverdichtung stattfinde oder Neubaugebiete geplant würden, mahnte Spiegel. An die Bevölkerung appellierte sie zudem: „Informieren Sie sich, nehmen Sie die Situation ernst“. Insbesondere Campingplatzbetreiber an den Flüssen forderte sie auf, die Situation im Blick zu behalten und Vorkehrungen zu treffen.

Tatsächlich müsse man vielfach feststellen, „dass die Gefahren durch das Hochwasser häufig unterschätzt werden und viele Hochwassertouristen durch ihr Verhalten Schäden verursachen“, hieß es am Mittwoch vom Regierungspräsidium Darmstadt, das für die Hochwassermeldungen zwischen Mainz und Mannheim zuständig ist. „Aktivitäten wie Schlauchbootfahren oder Stand-Up-Paddeln während des Hochwassers sind lebensgefährlich“, warnte Dezernatsleiter Holger Densky eindringlich. Unbekannte Strömungen, Hindernisse in den überschwemmten Vorländern, aber auch Treibgut brächten Freizeitsportler leicht zum Kentern. „Ein solches leichtsinniges Verhalten gefährdet zusätzlich die Rettungskräfte“, kritisierte Densky.

Auch hätten Passanten Absperrungen missachtet und Zufahrten für die Deichverteidigung zugeparkt. „Die Kontrollfahrten werden zur Sicherheit der hinter den Deichen lebenden Bevölkerung durchgeführt“, betonte Densky. Nur wenn die Funktionsfähigkeit der Deiche sichergestellt werde, könne ein Hochwasser abgewehrt werden. Beschädigungen der Grasnarbe auch durch am Deichfuß parkenden Fahrzeuge oder durch Mountainbiker schwächten aber den Erosionsschutz und damit die Standsicherheit der Deiche. Damit die Deiche intakt bleiben, bittet das Regierungspräsidium deshalb Spaziergänger und Radfahrer, die Rasenflächen nicht zu betreten oder zu befahren, das Befahren mit PKW und das Reiten seien dort ohnehin verboten.

Wassersport auf dem Rhein ist bei Hochwasser lebensgefährlich, warnen die Behörden. - Foto: gik
Wassersport auf dem Rhein ist bei Hochwasser lebensgefährlich, warnen die Behörden. – Foto: gik

„Das Regierungspräsidium Darmstadt appelliert zudem an alle Hundehalter, dafür zu sorgen, dass ihre Tiere dort nicht nach Mäusen graben und bittet darum, die Tiere gegebenenfalls an der Leine zu führen“, sagte Densky weiter. Menschenansammlungen in einigen Deichabschnitten könnten zudem dazu führen, dass Fluchtmöglichkeiten für Rehe und Wildschweine aus den überschwemmten Vorländern blockiert würden. „Dadurch sind beim letzten Hochwasser im vergangenen Februar einige Tiere zurück ins Wasser gerannt und sind dabei in die oft tödliche Strömung des Rheins geraten“, sagte Densky weiter. Man appelliere daher eindringlich an alle Passanten und Anrainer, die Absperrungen zu beachten und nicht durch leichtsinniges Verhalten sich und andere zu gefährden. Mit einer Entspannung der Hochwasserlage wird ab Anfang kommender Woche gerechnet.

Info& auf Mainz&: Das Hochwassermeldezentrum des Landes Rheinland-Pfalz findet Ihr hier im Internet, einen ausführliche Bericht über das Hochwasser im Februar, und warum Mainz so gut geschützt ist vor steigenden Fluten, lest ihr hier bei Mainz&. Informationen über die Hochwasserschutzkonzepte und die Hilfe des Landes dabei findet ihr hier im Internet.

 

 

 

 

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