Wo war nur der Sturm? Das fragten sich die Mainzer am Rosenmontag, denn der vorhergesagte heftige Sturm mit Orkanböen blieb in der Mainzer Innenstadt weitgehend aus. Während es im Umland teilweise heftig stürmte, verzeichnete die Feuerwehr in Mainz ganze vier Einsätze – Schäden: praktisch keine. Auch die Polizei hatte einen vergleichsweise ruhigen Rosenmontag, dazu wurden „nur“ drei sexuelle Belästigungen angezeigt. Derweil läuft die Debatte darüber, ob man den Rosenmontagszug abholen sollte – entschieden ist da noch nichts.
Die Mainzer hatten am Rosenmontag die Innenstadt am Nachmittag zur Partymeile gemacht – spontan, mit Mini-Umzügen und mit guter Laune trotz Zugabsage. Denn die kurzfristige Absage des Rosenmontagszuges am Sonntagabend – es war ein tieftrauriger Moment für Mainz. Rund 9.500 Narren sollten durch die Straßen ziehen, daraus wurde nichts. „Sicherheit geht vor“, betonten die Organisatoren des Mainzer Carnevals Vereins (MCV) wieder und wieder.
MCV rechtfertigt Absage als richtig
Und sie wehrten sich gegen Vorwürfe, die Absage sei unnötig gewesen: Die Windböen bis Sturmstärke 9 habe es gegeben, die Absage sei richtig gewesen, es habe durchaus Gefahr für Leib und Leben bestanden. „Gerade uns vom MCV, die wir seit Monaten auf dieses Ereignis hinarbeiten, ist einen Moment lang das Herz stehen geblieben“, betonte MCV-Sprecher Michael Bonewitz – der in einem langen Post auf Facebook die Entscheidung rechtfertigte.
„Ein Verantwortlicher der Mainzer Feuerwehr hat uns Fotos gezeigt, was bei einer ähnlichen Windstärke auf einem Festival passiert ist“, schrieb Bonewitz da: „Sanitätszelte sind dort durch die Luft geflogen, ein Getränkewagen, das Festivalgelände musste evakuiert werden. Nicht auszumalen, wenn so etwas auf dem Zugweg oder vielleicht sogar an mehreren Stellen passiert.“ Die größten Sorgen machte den Verantwortlichen aber die Aufstellung in der Neustadt, denn dort stehen überall Bäume. Und schließlich habe man die Entscheidung „für 9.500 Zug-Teilnehmer, für 150 Wagen und 500.000 Zuschauer“ treffen müssen, betonte Bonewitz.
Feuerwehr: Nur vier Einsätze wegen Sturm, Polizei zeigte Präsenz
Enttäuscht waren am Montag trotzdem viele – zumal die schweren Sturmböen in Mainz ausblieben. „Glücklicherweise wirkte sich der angekündigte Sturm im Stadtgebiet nur gering aus, obwohl Windstärken bis zu Stärke 9 in Mainz zu verzeichnen waren“, teilte die Feuerwehr Mainz mit. Insgesamt sei man zu vier Einsätzen ausgerückt und habe dabei lose Teile an Fassaden oder losgerissene Abdeckplanen sichern müssen. In einem Fall geschah dies an den Mainzer Markthäusern – also direkt auf dem Mainzer Marktplatz, wo der Rosenmontagszug vorbeigerollt wäre. Die Sachschäden seien ebenfalls sehr gering ausgefallen.
Polizei und Rettungsdienste waren trotz der Absage des Zuges in großer Stärke in der Innenstadt präsent. Da niemand wusste, wie viele Narren trotzdem in die City kommen würden, zeigte vor allem die Polizei mit rund 750 Beamten massive Präsenz: Überall in der Innenstadt waren mobile Teams unterwegs, zeigten Einheiten gerade auf der Ludwigsstraße, am Schillerplatz und in der Altstadt Präsenz. Am Ende kamen deutlich weniger Narren als sonst – an normalen Rosenmontagen sind bis zu 500.000 Menschen in Mainz unterwegs.
Tausende feiern Rosenmondnacht
In diesem Jahr waren es dann doch noch einige Zehntausend, die besonders gegen Abend in der Innenstadt die Nacht zum Tag machten. Nachdem der MCV gegen 17.00 Uhr die Rosenmondnacht – die große Freiluftparty – frei gegeben hatte, feierten mehrere Tausend auf dem Schillerplatz ausgelassen in die Nacht hinein. Am Höfchen hingegen blieb der Narrenturm erst einmal gesperrt, da dort gegen 17.10 Uhr ein herrenloser Rucksack gefunden wurde. Der Bereich wurde abgesperrt, Spezialkräfte des Landeskriminalamtes überprüften den Rucksack und gaben anschließend Entwarnung. Um 18.00 Uhr wurde der Narrenturm wieder freigegeben.
Auch der Mainzer Hauptbahnhof war am frühen Rosenmontag kurz gesperrt: Bei Routinekontrollen der Schießfächer fanden Spürhunde gegen 7.15 Uhr in zwei Schließfächern verdächtige Gegenstände. Dabei handelte es sich um ein Ladekabel eines Mobilfunktelefons und einen Koffer. Ein Entschärferteam untersuchte die Gegenstände und gab Entwarnung, die Sperrung des Hauptbahnhofs wurde gegen 7.50 Uhr wieder aufgehoben.
Drei Anzeigen wegen sexuelle Übergriffe
Besonderes Augenmerk galt in diesem Jahr ja eigentlich der Situation der Frauen, nachdem es in der Silvesternacht in Köln zu Hunderten von Übergriffen gekommen war. Polizei und Security-Dienste waren umfassend sensibilisiert, Rückzugsräume für Frauen eingerichtet. Da nun wesentlich weniger Narren in der Stadt unterwegs waren, wurden die umfassenden Vorkehrungen in dieser Form nicht gebraucht. Bis zum frühen Morgen zählte die Polizei „nur“ drei sexuelle Übergriffe bzw. Nötigungen.
Im Bereich der Ludwigsstraße schritt die Polizei gegen 15.20 Uhr gegen eine „polizeilich bekannte Personengruppe“ aus Marokkanern, Deutschen und Libanesen ein, es kam zu Körperverletzungshandlungen und massivem Widerstand gegenüber der Polizei, fünf Personen wurden festgenommen.
Iraner aus Wiesbaden greifen Frau an Brust und Po
Gegen 21.20 Uhr griff dann ein 21-jähriger Iraner einer 22-Jährigen im Bereich Höfchen an Brust und Po. Gegen 20.00 Uhr wurden eine 28-Jährige und ihr Freund in der Nähe des Ballplatzes von drei Iranern aus einer Sammelunterkunft in Wiesbaden bedrängt. Einer der Täter griff der Frau in den Schritt, einer der Täter versuchte, ihrem Begleiter eine Geldbörse zu entwenden – das war auch das Muster in Köln gewesen. Und gegen Mitternacht wurde eine 35-Jährige im Bereich der Bahnhofstraße von einer Gruppe von vier bis sechs Südländern bedrängt, auch dabei wurde der Frau in den Schritt gegriffen.
Insgesamt verzeichnete die Polizei am Rosenmontag bis 3.50 Uhr morgens 96 Straftaten, davon 26 Körperverletzungsdelikte, 18 Eigentumsdelikte wie Diebstähle und zehn Mal Widerstand gegen Polizisten. 448 Personen wurden kontrolliert, 29 in Gewahrsam genommen, in 61 Fällen Platzverweise ausgesprochen und 21 Mal Sicherstellungen durchgeführt. Auch die Bodycams an den Uniformen der Polizisten kamen zum Einsatz: In 13 Fällen wurden Videoaufzeichnungen gefertigt, davon allerdings nur drei in Zusammenhang mit Straftaten.
Diskussion über Nachholtermin für Rosenmontagszug läuft
Unterdessen wird heftig diskutiert, ob der Rosenmontagszug nachgeholt werden sollte – im Gespräch sind Termine im Mai oder rund um das Rheinhessen-Jubiläum Anfang Juli – das hatte Mainz& ja auch schon vorgeschlagen 😉 Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen – Stadt und MCV wollen das in den kommenden Tagen in Ruhe beraten. Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) signalisierte schon einmal Interesse und Wohlwollen der Stadt, auch MCV-Präsident Richard Wagner ist nicht abgeneigt einer Fastnacht im Sommer gegenüber.
Allerdings findet das auch im MCV nicht jeder richtig: Traditionalisten beharren darauf, dass Fastnacht einfach an die Jahreszeiten gebunden und vor allem der Höhepunkt der Kampagne ist. Weihnachten werde ja auch nicht einfach nachgeholt, heißt es, Fastnacht im Sommer – das passe einfach nicht. Trotzdem scheint ein Termin für einen wie auch immer gearteten Rosenmontagszug im Sommer wahrscheinlich – die Absage kostete Gastronomen, Hoteliers und nicht zuletzt den MCV selbst mehrere Millionen Euro. Allein für den Zug gab der MCV 400.000 Euro aus, kein Pappenstil.