Ärger und Wut in Mainz sind groß, der Studentenstadt droht der Verlust eines der letzten Clubs mit Livemusik im Herzen der Stadt: Dem „Caveau“ am Schillerplatz droht das Aus. Betreiber Wieland Wittmeier gab am Sonntagabend völlig überraschend die Kündigung für seine Clubräume im Keller eines alten Barockgebäudes am Schillerplatz in Mainz bekannt. Er habe „aus heiterem Himmel“ ein Schreiben mit der Kündigung zum 31. August dieses Jahres bekommen, berichtete Wittmann – ein Grund für die Kündigung werde nicht genannt. Protest kommt nicht nur aus der Nachtschwärmerszene, sondern auch von den politischen Parteien in Mainz: Das Caveau müsse bleiben. Die Uni indes schweigt.

Straßenbahnen in der Schillerstraße in Mainz vor dem "Inti6tut Francais" (rechts). - Foto: gik
Straßenbahnen in der Schillerstraße in Mainz vor dem „Inti6tut Francais“ (rechts). – Foto: gik

Die Mainzer Clubszene hat in den vergangenen Jahren einen wahren Aderlass erlebt, das „50Grad“, die Panama Bar – viele Clubs in Mainz überlebten die Corona-Pandemie und ihre Folgen nicht. Inzwischen gilt bei vielen jungen Leuten Wiesbaden attraktiver als Mainz – Jahrzehntelang war das umgekehrt. Nun trifft es womöglich eine der letzten Bastionen des Mainzer Nachtlebens: Das „Caveau“ am Mainzer Schillerplatz, gelegen im Keller eines alten Barockpalais, in dem das Institut Francais zuhause ist.

„Es gibt Momente, die möchte man in seinem Leben eigentlich nicht erleben“, sagte Clubbetreiber Wieland Wittmeier am Sonntagabend in einem auf Youtube ausgestrahlten Video. Darin berichtete der Clubbetreiber, er habe vergangene Woche völlig überraschend ein Schreiben in seinem Briefkasten gehabt – mit der Kündigung seines Clubs zum 31. August 2024. Damit müsse er zum 31. Juli, also genau in 146 Tagen, seinen Betrieb einstellen. „Das kam aus dem Nichts“, betonte Wittmeier zudem: „Es gab keine Vorwarnung, keine Vorgespräche, keine Andeutung, gar nichts.“

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Video „Caveau“: Kündigung aus heiterem Himmel, ohne Gründe

„Ihr fragt jetzt bestimmt nach dem Grund“, sagt Wittmeier weiter – „nach dem frage ich auch: Ich habe keine Ahnung.“ Es habe keine Background-Gespräche gegeben, es habe auch niemand den Club besucht, weil das Gebäude verkauft werden solle – nichts dergleichen. Das Caveau gebe es seit 1986, er selbst leite den Club jetzt seit 24 Jahren, und zwar mit demselben Verpächter – bislang ohne Probleme.

Caveau-Betreiber Wieland Wittmeier berichtete via Youtoube-Video von der Kündigung. - Screenshot: gik
Caveau-Betreiber Wieland Wittmeier berichtete via Youtoube-Video von der Kündigung. – Screenshot: gik

„Wir haben vor einem Jahr noch einen Vertrag gemacht wegen der Rückzahlung der Corona-Hilfen“, berichtete Wittmeier weiter. Die Uni wolle die Rückzahlung der in der Coronazeit gestundenen Pacht, dieser Vertrag mit den Rückzahlungen laufe noch bis Ende 2025. „Wer macht denn einen Vertrag m, und schmeißt dann ein Jahr später den, der das bezahlen soll, ohne Begründung raus“, wunderte sich Wittmeier. Auch geschehe die Kündigung ohne Rücksicht auf die im Club arbeitenden Menschen – die nun „auf der Straßen zu landen“ drohten.

Das sei auch ein gravierender Kahlschlag für die Mainzer Musikszene: Das „Caveau“ sei einer der letzten Liveclubs von Mainz und einer der letzten Clubs, die noch ein alternatives Musikprogramm machten und etwa eine Bühne für Punkbands stellten. In dem Schreiben stehe auch keinerlei Angebot oder Info, ob es um eine Renovierung gehe oder ähnliches. „Das ist schlimmer als Corona“, sagte Wittmeier weiter – damals habe es wenigstens noch eine Öffnungsperspektive gegeben, jetzt habe er gar nichts.

Protestwelle gegen Caveau-Schließung, SPD und CDU fordern Erhalt

„Ich habe hier meine ganze Altersvorsorge in dem Laden, meine Leute haben sich den Arsch aufgerissen“, klagte Wittmeier: „Das jetzt ist einfach kalt, herzlos und unmenschlich.“ Ans Aufgeben denke er trotzdem nicht: „Wir planen hier ein bisschen den Widerstand“, kündigte Wittmeier an – und bat von Seiten Bevölkerung und Politik um Hilfe. Das Video löste umgehend eine enorme Resonanz aus und erhielt weit über 4.000 Aufrufe auf Youtube.

Eingang zum Club "Caveau" beim Lichtevent "Mainz leuchtet" im Herbst 2023. - Foto: gik
Eingang zum Club „Caveau“ beim Lichtevent „Mainz leuchtet“ im Herbst 2023. – Foto: gik

Protest kam umgehend aber auch von den Parteien in Mainz: „Das Caveau als wichtiger Bestandteil des Mainzer Nachtlebens muss erhalten bleiben“, forderte die Mainzer SPD-Chefin Jana Schmöller umgehend. Eine vielfältige Kulturlandschaft sei wichtig für einen attraktiven Wissenschaftsstandort, „dafür tragen wir in der Kommunalpolitik Verantwortung, dafür trägt aber auch die Universität beim Caveau Verantwortung“, mahnte sie weiter. Die Mainzer SPD stehe hinter dem Caveau und seinen Angestellten, „für uns ist klar, dass es in der Schillerstraße auch weiter Nachtkultur geben soll.“

Die Jusos wandten sich in einem „Offenen Brief“ an den Präsidenten der Mainzer Uni, Georg Krausch, und forderten neben dem Erhalt des Clubs auch die Offenlegung der Kündigungs-Gründe: Man habe „kein Verständnis für die Entscheidung, insbesondere aber für die nicht-stattgefundene Kommunikation zwischen der Universität und dem Betreiber des Clubs“, heißt es darin unter anderem. „Dass dem Caveau der Pachtvertrag ohne Begründung und vorherige Gespräche gekündigt wurde, verkennt vollkommen den Wert, den das CAVEAU als feste Institution im Mainzer Nachtleben angenommen hat“, kritisierte Jonathan Armas, Stadtratskandidat der Jusos Mainz.

CDU: „ohne Not Institution geopfert“, Grosse muss handeln

Auch die Mainzer CDU fordert „ein schnelles Handeln zum Erhalt des Cauveau“ – sieht zugleich aber auch die städtische Kulturdezernentin der SPD in Verantwortung. Der Club sei im vergangenen Jahr noch „aufwendig und teuer saniert worden“, die plötzliche Kündigung „zeugt von einem mangelnden Respekt gegenüber der Kulturszene in dieser Stadt“, kritisierte CDU-Chef Thomas Gerster, und schimpfte: „Hier wurde nicht mal im Ansatz versucht, eine gemeinsame Lösung zu finden.“

Stilisiertes Grab für die Clubszene während einer Protestveranstaltung von "Alarmstufe Rot" in der Corona-Pandemie in Mainz. - Foto:; gik
Stilisiertes Grab für die Clubszene während einer Protestveranstaltung von „Alarmstufe Rot“ in der Corona-Pandemie in Mainz. – Foto:; gik

Das Mainzer Club- und Kneipensterben sei „kein neues Phänomen, sondern schon seit vielen Jahren zu beobachten“, sagte Gerster weiter: Gerade in der Corona-Pandemie seien viele Betreiber „mit ihren Problemen allein gelassen worden und mussten in der Folge schließen.“ Dass mit dem Caveau „jetzt auch ohne Not eine echte Institution, ein beliebter und gut besuchter Anlaufpunkt, vor dem Aus steht, ist nicht hinnehmbar“, kritisiert Gerster weiter, und warnte: „Wird das Clubsterben nicht gestoppt, wird dies eine endgültige Verödung der Innenstadt zur Folge haben.“

Der Erhalt des Caveaus sei deshalb ein entscheidender Faktor für die grundsätzliche Zukunft der Mainzer Kulturszene und müsse unbedingt gesichert werden“, forderte Gerster. Der Vorsitzende der CDU-Stadtratsfraktion, Ludwig Holle, forderte zudem: „Die Mainzer Ampel-Koalition muss sich bei ihrem Pendant im Land für eine Verlängerung des Pachtvertrags stark machen und die Universität zu einem Umdenken bewegen.“ Nun sei Kulturdezernentin Marianne Grosse (SPD) gefragt, sie müsse „schnellstmöglich die Initiative ergreifen.“

Universität schweigt zu Kündigung, Treffen mit Krausch geplant

Das Gebäude am Schillerplatz gehört der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität – doch die schweigt sich zu dem Vorgang bislang aus. Es habe „zwischenzeitlich ein Telefonat zwischen Herrn Wittmeier und dem Präsidenten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz stattgefunden“, teilte die Pressestelle lediglich auf Anfrage mit. In diesem Telefonat sei  „ein zeitnahes Treffen“ vereinbart worden – „diesem direkten Austausch möchte die JGU nicht vorgreifen.“ Auch auf Mainz&-Nachfrage zu den Gründen der Kündigung äußerte sich die Universität nicht – damit wird der Vorgang immer rätselhafter.

Kämpft um den Erhalt seines Clubs: Caveau-Betreiber Wieland Wittmeier. - Screenshot: gik
Kämpft um den Erhalt seines Clubs: Caveau-Betreiber Wieland Wittmeier. – Screenshot: gik

Wittmann wiederum gab am Dienstag in einem weiteren Video bekannt, es gebe eine enorme Unterstützungswelle für seine Club. Eine kurzfristig gestartete Petition erhielt bis Mittwochnachmittag bereits mehr als 8.000 Unterschriften. „Ihr seid großartig“, sagte Wittmannn in dem Video sichtlich bewegt, es habe nur so Anrufe gehagelt. „So ziemlich jeder Lokalpolitiker aus Mainz hat mich kontaktiert“, berichtete Wittmann, das sei wichtig. Dabei seien aber auch viele Landespolitiker gewesen – und die hätten die Entscheidung über das, was als nächstes passiere. Am Dienstagmorgen habe ihn auch Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) kontaktiert, ebenso aber auch Hochschulpräsident Georg Krausch, bestätigte Wittmeier.

Man habe für „Ende der Woche“ ein Gesprächstreffen vereinbart, was dabei aber herauskommen werde, sei völlig unklar. Deshalb bat Wittmann: „Bitte, bitte haltet den Druck aufrecht. Wir müssen weiter präsent sein. Wenn wir nachlassen, lassen ‚die‘ es garantiert auch.“

Info& auf Mainz&: Das „Caveau“ hat zu den aktuellen Umständen eine spezielle E-Mail Adresse eingerichtet, in der man Ideen oder Unterstützung zur Rettung des Caveau loswerden kann: Die Adresse lautet rettet.das(at)caveau.de. Auch eine Petition wurde umgehend ins Leben gerufen, Ihr findet sie hier auf Change.org.