Das Mainzer Rheinufer gehört zu den beliebtesten Flanierzielen der Mainzer, doch wirklich schön gestaltet ist es höchstens in Teilen: Seit Jahren kommt eine durchgehende Sanierung für ein Rheinufer mit Aufenthaltsqualität nicht voran. „Wir haben zwar ein „Rheinuferforum“, aber das klingt wie aus einer anderen Zeit“, kritisierte jetzt sogar der SPD-Politiker Andreas Behringer in der jüngsten Stadtratssitzung: Das Konzept sei völlig veraltet, viele Probleme seien ungelöst. Nun sei es dringend an der Zeit, ein neues, aktualisiertes Konzept auf den Weg zu bringen. Behringer tritt aktuell für die SPD als Ortsvorsteher-Kandidat in der Altstadt sowie für den Mainzer Stadtrat an, mit seiner Kritik ist er indes nicht allein: Auch der amtierende Ortsvorsteher Brian Huck (Grüne) stimmte in die Kritik mit ein – und OB-Kandidat Nino Haase schlägt mehr Wildwiesen am Rheinufer vor.

Die Mainzer Rheinpromenade am Rathaus: Viel Fläche, wenig Gestaltung. – Foto: gik

Tatsächlich stammen Konzept und die Bürgerbeteiligung im sogenannten „Rheinuferforum“ aus dem Jahr 2000, wirklich viel getan hat sich seither nicht. Vor allem die Gestaltung des Ufers zu Füßen des Rathauses lässt weiter auf sich warten, das Rheinufer ist in manchen Teilen noch immer eine Betonwüste. Einer der Gründe für den Stillstand: Die 130 Jahre alte Kaimauer ist marode, die Sanierung schreitet nur langsam voran.

Doch auch an vielen Bereichen jenseits der Rathaus-Bereichs lässt die Aufenthaltsqualität zu wünschen übrig. Entlang der Böschungen auf Höhe des Fischtorplatzes etwa finden sich wild wuchernde Grünzonen, überwachsen mit Brennnesseln – ein schön gestaltetes Rheinufer sieht anders aus. Einer der wenigen schön gestalteten Bereichen ist die Promenade zwischen Fischtorplatz und Fort Malakoff mit der Freiluft-Kunst-Galerie, doch auch hier mutet der Weg direkt am Ufer eher ungestaltet an.

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Der Ortsbeirat Altstadt übte nun kurz vor der Kommunalwahl in der letzten Stadtratssitzung scharfe Kritik an dem Stillstand in Sachen Rheinufergestaltung. „Die Barriere zwischen Altstadt und Rhein ist noch immer nicht gelöst“, kritisierte SPD-Stadtrat Andreas Behringer, das sei eines der Kernprobleme aus Sicht der Altstadtbewohner – die viel befahrene Rheinallee und auch das Rathaus wirken weiter als Sperre in Richtung Rheinufer. Auch Spielplätze seien weiter Mangelwaren, rügte der SPD-Ortsvorsteher-Kandidat aus der Mainzer Altstadt.

Verwilderte Böschung am Mainzer Rheinufer in Höhe Fischtorplatz: Brennnesseln statt Blühstreifen. – Foto: gik

Schützenhilfe bekam er vom amtierenden Altstadt-Ortsvorsteher Brian Huck (Grüne), der ebenfalls zur Wiederwahl antritt: Die Verwaltung habe sich jahrelang über die Mahnungen des Ortsbeirats Altstadt hinweggesetzt, kritisierte Huck. Das Rheinufer werde vor allem als Festmeile genutzt, die Feste immer mehr – vor allem die Ausdehnung der Mainzer Sommerlichter sei zu Lasten des Grüns gegangen. So gebe es am Rheinufer weiter keine gute Ausstattung oder Spielplätze, auch sei das Ufer inzwischen Teil einer internationalen Radroute – davon sehe man aber nichts. Die Radroute kollidiere mit der Nutzung als Festmeile, eine erneuerte und verbesserte Planung sei dringend nötig.

Die soll es nun endlich auch geben, versprach die Stadtverwaltung in der Sitzung: Man wolle im kommenden halben Jahr ein Büro suchen, das Planungen von damals unter die Lupe nehme und schaue, „ob das noch zeitgemäß ist“, sagte Umweltdezernentin Katrin Eder (Grüne). Auch eine groß angelegte Bürgerbeteiligung wolle man durchführen um zu erfahren, „was wollen denn die Leute?“

Auch weiter ungestaltet: die Rheinpromenade an der Caponniere in der Mainzer Neustadt. Hier wird derzeit eine Autoabsetzanlage geplant. – Foto: gik

Dabei liegen die Wünsche der Mainzer längst auf dem Tisch. Schon vor drei Jahren stellte eine Kommunikations-Studentin auf Facebook die Frage: „Was fehlt Euch in Mainz?“ Die Mainzer antworteten spontan mit einem ganzen Schwall von Wünschen, ganz oben stand dabei ein schöneres und besser nutzbares Rheinufer. Da wurden etwa Tischtennisplatten und ein Badmintonplatz genannt, ein echter Rheinstrand, an dem man auch Baden kann.

Ähnliches forderte Ende 2018 die Mainzer CDU bei der Aufstellung ihres Kommunalwahlprogramms: Eine Aufwertung des Rheinufers mit einem Konzept, das Anwohner, Bürger, Restaurants und Einzelhandel für die Rheinpromenade in Einklang bringe, mehr Fitnessanlagen und Sitzmöglichkeiten realisiere – und mehr legale Grillplätze am Rheinufer.

Als deutlich ausbaufähig wird vor allem auch die Gastronomie am Rhein empfunden: Zwischen der Caponniere am Feldbergplatz und dem „Big Easy“ an der Rheingoldhalle herrscht Gastro-Ödnis, in Richtung Süden muss der Besucher bis zu den Biergärten am Fort Malakoff laufen, um etwas zu Trinken zu finden. Ein Café sucht man indes vergeblich, auch Restaurants sind Mangelware, lediglich das „Big Easy“ und das Bootshaus erfüllen das Bedürfnis auf Essen am Fluss. Der Weinstand der Mainzer Winzer am Rheinufer wird förmlich überrannt, sobald er öffnet, am Samstag treffen sich hier inzwischen Hunderte zum Chillen und Genießen.

Eine durchgehende Gestaltung des Rheinufers gibt es in Mainz bis heute nicht. – Foto: gik

Vermisst werden auch Grillmöglichkeiten am Rhein: Seit die Stadt die Wiesen auf Höhe der Mainzer Neustadt für das entspannte Grillen sperrte, bleiben nur noch wenige Flächen vor dem Schloss und die Wiese am Winterhafen. Den Mainzern fehlen schlicht Flächen zum Verweilen und Genießen am Rhein, wie wichtig die Promenade als Naherholungszone geworden ist, zeigte sich jüngst auch an den Protesten gegen die Schiffsanleger am neuen Zollhafen: Nicht nur die Neubewohner des Wohnviertels gehen hier auf die Barrikaden, sondern auch zahlreiche Alt-Anwohner, die um die Aufenthaltsqualität in der Grünanlage fürchten.

Die verschiedenen Nutzungswünsche müssten endlich mit einem Konzept in Einklang gebracht werden, mahnte Behringer. Die Politiker der im Stadtrat bisher noch regierenden Ampel-Koalition schlossen sich einhellig an und mahnten die eigenen Dezernenten zum Handeln.Eine Finanzspritze aus dem Bund-Länder-Programm soll nun die Neuplanung möglich machen, viel Zeit bleibt allerdings nicht. „Wir müssen bis spätestens 2021 gebaut haben“, sagte Eder.

„Die Entwicklung dort finde ich sehr traurig, weil sie einfach nicht stattfindet“, sagte nun der parteilose Oberbürgermeisterkandidat Nino Haase, der auch für die CDU-Opposition antritt, bei einer Diskussion zum Thema Artenvielfalt – und schlug vor, dabei auch neue Wege zu gehen: Am Rheinufer könnten doch Wildwiesenflächen integriert werden, sagte Haase, und fragte auch angesichts von Klimawandel und sich aufheizenden Innenstädten: „Warum begrünen wir das Rheinufer nicht mehr?“

Info& auf Mainz&: Mehr zu der kleinen Facebook-Umfrage im April 2016 und den Wünschen der Mainzer lest Ihr hier auf Mainz&.

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