Die SPD Mainz sieht sich aktuell mit schweren Vorwürfen gegen eine Kandidatin ihrer Stadtratsliste für die Kommunalwahl am 9. Juni konfrontiert. Konkret geht es um die Vorsitzende des Vereins „Mombach hilft“, Daniela Gönner, ihr wird die Veruntreuung von Geldern vorgeworfen. Gönner stand auf Platz 17 der Stadtratsliste bei der Kommunalwahl, ihre Kandidatur zog sie inzwischen zurück – ohne zunächst die SPD zu informieren. Die Mainzer SPD reagiert überrascht und bestürzt, wusste von den Vorwürfen aber bereits seit spätestens Mitte März – Gönners Listenplatz muss nun neu besetzt werden. ÖDP und Freie Wähler fordern, dabei auch gleich „das Problem Ebling“ zu lösen.

Die Vorsitzenden der Mainzer SPD: Ata Delbasteh und Fraktionschefin Jana Schmöller. - Foto: gik
Die Vorsitzenden der Mainzer SPD: Ata Delbasteh und Fraktionschefin Jana Schmöller. – Foto: gik

Die Affäre kommt für die SPD Mainz zur Unzeit: Mitten in einer Phase der Neuaufstellung und fast genau acht Wochen vor der Kommunalwahl werden die Sozialdemokraten von massiven Vorwürfen wegen Gelderveruntreuung gegen eine ihrer Stadtratskandidatinnen erschüttert. Die Beschuldigte: Daniela Gönner, Gründerin und 1. Vorsitzende des Vereins „Mombach hilft“ und SPD-Kandidatin bei der Stadtratswahl auf Listenplatz 17. Gönner werde vorgeworfen, bei dem Verein „Mombach hilft“ Gelder veruntreut zu haben, und zwar „im fünf- oder sogar sechsstelligen Bereich“, wie die Allgemeine Zeitung schreibt.

Die Mainzer SPD bestätigte am Sonntagabend die Existenz der Vorwürfe: „Mitte März sind uns Vorwürfe gegen Daniela Gönner bekannt geworden, die sich auf ein möglicherweise strafrechtliches Verhalten ihrerseits zulasten des Vereins ‚Mombach hilft‘ beziehen“, teilten die beiden Parteichefs Jana Schmöller und Ata Delbasteh schriftlich mit. Zugleich betonten sie: „Die Vorwürfe sind bestürzend und wiegen schwer.“ Dass es um die Veruntreuung von Geldern geht, bestätigte Delbasteh auf Nachfrage ebenfalls. Eine rechtliche Klärung des Sachverhalts gebe es nach Wissen der SPD aber bislang nicht, betonten Delbasteh und Schmöller, und forderten: „Die Vorgänge müssen nun bei ‚Mombach hilft‘ lückenlos aufgeklärt werden.“

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Gründerin von „Mombach hilft“, Spenden für Ahrtal und Ukraine

Gönner hatte den Verein „Mombach hilft“ während der Corona-Pandemie gegründet, sein Ziel war zunächst vor allem, Nachbarschaftshilfe in Lockdown-Zeiten zu organisieren. Daraus wurde schnell eine regelrechte Hilfsorganisation: Gönner organisierte Corona-Schnelltests für Mombach und eine umfangreiche Spendenaktionen unmittelbar nach der Flutkatastrophe im Ahrtal. Der Verein half nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs und veranstaltete Spendenbasare, Flohmärkte und Weihnachtsaktionen. Daneben war Gönner in weiteren Vereinen aktiv und kurzzeitig auch Vorsitzende des Stadtelternausschusses von Mainz. Wo immer es um Hilfe für andere ging, war Gönner da.

Daniela Gönner im Februar 2022 als neue Vorsitzende des Stadtelternausschusses in Mainz. - Foto: gik
Daniela Gönner im Februar 2022 als neue Vorsitzende des Stadtelternausschusses in Mainz. – Foto: gik

Inzwischen sind sämtliche Inhalte von der Homepage des Vereins „Mombach hilft“ verschwunden, Gönner selbst reagiert auf Anfragen nicht, ihre im Impressum angegebene Handynummer ist abgeschaltet. Nach Angaben der „Allgemeinen Zeitung“ erstattete ein Vereinsmitglied von „Mombach hilft“ am 17. März Anzeige gegen Gönner bei der Polizei. „Wir wurden benachrichtigt, kannten die Vorwürfe aber nur vom Hörensagen“, betont der Mainzer SPD-Chef Ata Delbasteh gegenüber Mainz&: „Wir wurden von Frau Gönner selbst nicht informiert, bis zum heutigen Tag liegen uns keine schriftlichen Aussagen vor.“

Stattdessen habe Gönner ihre Kandidatur zur Stadtratsliste selbst zurückgezogen, darüber aber zunächst nur den Oberbürgermeister als Wahlleiter der Stadt Mainz informiert, sagte Delbasteh im Mainz&-Gespräch weiter. Die SPD begrüßte den Rückzug Gönners, kritisierte aber zugleich, Gönner habe sich „auch nicht gegenüber dem Unterbezirk der SPD Mainz erklärt“, für den sie für den Mainzer Stadtrat kandidieren wollte. „Wir sind völlig überrascht und schockiert von den Vorwürfen“, betonte Delbasteh.

SPD-Bundestagsabgeordneter Baldy kündigte Gönner im Februar

Doch womöglich hätte man bei der Mainzer SPD auch früher Hinweise auf Probleme haben können: Gönner arbeitete bislang auch als Mitarbeiterin für den Mainzer SPD-Bundestagsabgeordneten Daniel Baldy und organisierte für ihn etwa Reisen von Besuchergruppen nach Berlin. Auf Mainz&-Anfrage sagte Baldy am Sonntagabend, er habe „bereits Mitte Februar Frau Gönner mit Wirkung zum 31. Juli gekündigt.“ Grund seien aber „Büro interne Sachen“ gewesen, „das hatte mit den aktuellen Vorwürfen nichts zu tun“, betonte Baldy.

Daniela Gönner (Mitte) bei einem Bürgerempfang der Stadt Mainz als Vertreterin von "Mombach hilft". - Foto: gik
Daniela Gönner (Mitte) bei einem Bürgerempfang der Stadt Mainz als Vertreterin von „Mombach hilft“. – Foto: gik

Gönner sei seit Mitte März krankgeschrieben, er selbst habe von den aktuellen Vorwürfe erst nach ihrer Krankschreibung erfahren, sagte Baldy gegenüber Mainz& weiter. „Ich werde mit ihr sprechen, wie das Arbeitsverhältnis bis zu ihrer Kündigung aussehen soll“, sagte Baldy weiter – bislang habe er von Gönner keine direkten Informationen und auch kein Gespräch mit ihr gehabt. Nach dem Bekanntwerden der neuen Vorwürfe habe sein Büro sofort die Kasse geprüft, „wir konnten glücklicherweise keine Unregelmäßigkeiten feststellen“, betonte Baldy. Er sei von den Vorwürfen „völlig überrascht“.

Die SPD stehe „für Integrität“, betonten die Parteichefs Schmöller und Delbasteh zudem schriftlich: „Eine Kandidatur auf der Liste der SPD Mainz ist mit hohen persönlichen Anforderungen verbunden, die wir an jede und jeden Einzelnen stellen.“ Erst Gründonnerstag hatte die Mainzer SPD völlig überraschend zu einem neuen Listenparteitag für den 15. April eingeladen, zur Begründung wurden zu dem Zeitpunkt „persönliche Gründe“ einer Kandidatin angegeben. Man werde einen neuen Vorschlag für den Listenplatz machen, sagte Delbasteh, um weitere Kandidaten gehe es auf dem Parteitag aber nicht.

ÖDP und Freie Wähler: Jetzt auch „Fall Ebling“ lösen

Das aber fordern nun ÖDP und Freie Wähler: Mit dem neuen Listenparteitag sei nun auch die Chance zu einer größeren Korrektur der Stadtratsliste gegeben, sagte ÖDP-Chef Claudius Moseler. Die ÖDP-Stadtratsfraktion sehe nämlich „nach wie vor in der Kandidatur von Innenminister Michael Ebling und Finanzministerin Doris Ahnen auf der SPD-Stadtratsliste einen Interessenkonflikt zwischen Amt und Mandat.“ Das betonen auch die Freien Wähler: Die neue Listenaufstellung „bietet die Gelegenheit, auch den aus unserer Sicht noch immer nicht abschließend geklärten ‚Fall Ebling‘ zu lösen“, sagte Erwin Stufler, Stadtrat der Freien Wähler.

Michael Ebling bei seinem Wahlkampfauftakt zur OB-Wahl 2019 in Mainz. - Foto: gik
Michael Ebling bei seinem Wahlkampfauftakt zur OB-Wahl 2019 in Mainz. – Foto: gik

Die Mainzer SPD hatte ihre Liste zur Stadtratswahl im November 2023 aufgestellt, für heftige Kritik hatte danach die Tatsache gesorgt, dass auf der Liste auch der frühere Mainzer Oberbürgermeister und heutige Innenminister Michael Ebling (SPD) antritt. Die Freien Wähler sehen darin einen Interessenskonflikt, ist doch der Innenminister zugleich Kommunalminister und hat damit als oberste Instanz über die Einhaltung des Haushaltsrechts in den Kommunen zu wachen. Der Innenminister des Landes habe qua Amt die oberste Staatsaufsicht über die Kommunen, betont auch die Grünen-nahe Heinrich Böll-Stiftung – die SPD Mainz aber sieht in der Kandidatur des Ministers für den Stadtrat keinerlei Problem.

Die Freien Wähler aber pochen weiter auf Paragraph 5, Absatz 1 des Kommunalwahlgesetzes, nach dem ein Mitglied des Gemeinderates nicht zugleich als Beamter hauptamtlich tätig sein darf, der unmittelbar mit Aufgaben der Staatsaufsicht über die Gemeinde oder mit der überörtlichen Prüfung der Gemeinde befasst ist. Eblings Kandidatur auf der Liste sei „moralisch und juristisch sehr fragwürdig“, betonte Christian Weiskopf, Kreisvorsitzender der Freien Wähler in Mainz, das Problem ließe sich nun aber bei der Neuaufstellung der Liste einfach klären – indem auch Eblings Listenplatz 30 neu besetzt werde.

„Die gesetzlichen Regelungen sind eindeutig“, betont auch Moseler: Die Unvereinbarkeit, die für einen städtischen Mitarbeiter und einen Dezernenten gelte, gelte „vor allem für einen Innenminister, der für die kommunalen Aufsichtsbehörden des Landes verantwortlich zeichnet, die auch die Stadt Mainz hinsichtlich des Haushalts kontrollieren.“ Auch die Kandidatur von Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) auf der Stadtratsliste hält die ÖDP für unvereinbar. Nun müsse die Liste ohnehin neu aufgestellt werden, „wir sehen jetzt die Chance, dass die SPD ihre Stadtratsliste auch in dieser Angelegenheit nun korrigieren kann“, forderte Moseler.

Info& auf Mainz&: Einen ausführlichen Bericht zur Kandidatur von Innenminister Ebling auf der Stadtratsliste der SPD Mainz lest Ihr hier bei Mainz&.
UPDATE&: Mainz& hatte zunächst geschrieben, die SPD Mainz habe bereits vor der Anzeige von den Vorwürfen gewusst, eine etwas unklare Formulierung aus der Pressemitteilung der SPD hatte uns das schließen lassen. Die SPD hat den Sachverhalt klargestellt. Wir haben die Passage deshalb geändert.