Hätte die Stadt Mainz trotz der bestehenden Rechtslage ein Böllerverbot rund um das Tierheim in Mainz erlassen können? In Mainz ist genau darüber eine Debatte entbrannt – so behauptet etwa die Mainzer SPD, es gebe „rechtliche Möglichkeiten“. Die zuständige Ordnungsdezernentin widerspricht energisch: „Wir haben das sehr eingehend geprüft“, sagte Manuela Matz (CDU) im Gespräch mit Mainz&: Die Aussage der Juristen sei gewesen, „es gibt keinen Ermessensspielraum.“ Das bestätigt auch das Mainzer Umweltministerium. Auch beim Deutschen Städtetag fordert man die Aufnahme der Tierheime in den Verbotskatalog des Sprengstoffgesetzes.
Das Mainzer Tierheim appelliert bereits seit Jahren an die Stadtverwaltung, zu Silvester ein Böllerverbot rund um seine Einrichtung in der Zwerchallee zu erlassen – geschehen ist das bislang nicht. Nach einer erneuten Horrornacht für das Tierheim zum Jahreswechsel, hatte sich nun der neue Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) eingeschaltet, und in Briefen vor allem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zur Änderung der Sprengstoffverordnung aufgefordert. Die sieht nämlich Böllerverbote rund um Kirchen, Krankenhäuser und Altenheime vor – nicht aber um Tierheime oder Tierparks.
„Mir ist es ein Herzensanliegen, gegen dieses Leid vorzugehen“, hatte Haase vergangenen Mittwoch betont, und zugleich mitgeteilt: Er habe aber in den Wochen vor seinem ersten Silvester im Amt des Oberbürgermeisters „feststellen müssen, wie stark das Bundes- und Landesrecht die Kommunen daran hindert, hier wirkungsvolle Verbote zu erlassen.“ Dies müsse sich ändern, forderte Haase, und bat in zwei Briefen Faeser sowie die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) um Hilfe.
Matz: Kein Ermessensspielraum für Böllerverbot am Tierheim
Prompt regte sich daran Kritik: Die beiden Mainzer SPD-Vorsitzenden Jana Schmöller und Ata Delbasteh nannten die an das Land und den Bund gerichteten Forderungen Haases „verwunderlich“: Die Städte, also auch die Stadt Mainz, verfügten bereits über rechtliche Möglichkeiten. Dem aber widerspricht die zuständige Ordnungsdezernentin Manuela Matz (CDU) vehement: „Ich habe das vergangenes Jahr schon prüfen lassen, und in diesem Dezember noch einmal, das war eine sehr eingehende Prüfung“, sagte Matz auf Mainz&-Anfrage. Das Ergebnis der Juristen sei eindeutig gewesen: „Es gibt da keinen Ermessensspielraum.“
„Ich bin selbst sehr tierlieb, ich habe vollstes Verständnis für die Forderung des Tierheims“, betonte Matz, die selbst einmal bekannte, sie habe zu Hause einen „halben Zoo“. „Aber aus Sicht des Rechtsamtes besteht keine Möglichkeit, es sei denn, es werden Tierheime in den Katalog aufgenommen“, unterstrich Matz. Das Problem liege im Sprengstoffgesetz des Bundes, dort seien eine Reihe von schützenswerten Einrichtungen aufgeführt, „da taucht aber kein Tierheim auf und kein Zoo“, unterstrich Matz – und das Sprengstoffgesetz sei „abschließend.“ Auch in anderen Städten könnten deshalb die Straßen rund um Tierheime nicht mit Böllerverbot belegt werden.
Das bestätigt man auch im Mainzer Umweltministerium: „Für den Bereich des Sprengstoffrechts hat ausschließlich der Bundesgesetzgeber die Kompetenz, Gesetze zu erlassen“, teilte eine Sprecherin auf Mainz&-Anfrage mit – in Rheinland-Pfalz habe man dabei „keine eigenen Gestaltungsmöglichkeiten“. Eine Änderung des Sprengstoffrechts zwecks Aufnahme von Tierheimen würde man unterstützen. Nach dem geltenden Sprengstoffrecht gebe es aber auch die Möglichkeit das Abbrennen von Silvesterfeuerwerk in der Nähe von Gebäuden oder Anlagen, die besonders brandempfindlich sind am 31.12. und 01.01. zu verbieten, heißt es aus dem Ministerium weiter.
Ministerium: Tierheime nicht per se brandempfindliche Gebäude
„Allerdings sind Tierheime oder auch Tierparke nicht generell als solche als besonders brandempfindliche Gebäude oder Anlagen einzuordnen“, so das Ministerium weiter. Die Prüfung im Einzelfall obliege der zuständigen kommunalen Behörde, in diesem Fall der Stadtverwaltung. Matz bestätigt, auch ein Verbot unter diesem Blickwinkel sei von der Verwaltung geprüft worden. Das Problem dabei: „Dann müssten wir andere Gebiete in der Stadt Mainz genauso behandeln, etwa Kleingartenanlagen“, gibt Matz zu bedenken.
Ein Verbot müsse auch rechtssicher sein, das sei derzeit nach Auskunft der Juristen aber nicht gegeben, unterstrich die Ordnungsdezernentin: „Wir haben Sprengstoffverordnung, Emissionsschutzrecht und die Gefahrenabwehrverordnung geprüft, aus unserer Sicht hat keines dieser Instrumente eine Handhabe geboten.“
Unterstützung kommt vom Deutschen Städtetag, dort hatte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy schon Ende 2022 gefordert, Tierparks, Tierheime sowie Natur- und Landschaftsschutzgebiete in den Katalog der Sprengstoffverordnung für Böllerverbote aufzunehmen. Geschehen ist das bislang nicht. „Die Forderung ist weiter aktuell“, sagte ein Sprecher auf Mainz&-Anfrage m Freitag: „Die Aufnahme in den Katalog halten wir weiter für nötig.“
CDU-Fraktionschef Holle: „Thema rechtlich sauber klären“
Unterstützung kommt indes auch von der Mainzer CDU-Stadtratsfraktion: „Die Situation darf so nicht bleiben“, sagte CDU-Stadtrat Torsten Rohe: „Natürlich sollen Böller und Feuerwerke weiterhin erlaubt sein, aber Mainz ist groß genug – man muss nicht in der Nähe von Tierparks oder Tierheimen feiern.“ Es liege jetzt an den Parteien in Mainz, gemeinsam „dafür zu sorgen, in den kommenden elf Monaten die Situation zum nächsten Silvester zum Besseren zu verändern“, mahnte Rohe.
„Es ist notwendig, das Thema rechtlich sauber zu klären“, betonte zudem CDU-Fraktionschef Ludwig Holle und fügte hinzu: Das sei doch eine gute Gelegenheit „für alle Landesminister, die in diesem Jahr für den Mainzer Stadtrat kandidieren“, sich auf höherer Ebene für Mainzer Interessen einzusetzen. Für den Mainzer Stadtrat kandidieren bei der Kommunalwahl im Juni nicht weniger als drei Landesminister: Innenminister Michael Ebling (SPD), Familienministerin Katharina Binz (Grüne) – und Umweltministerin Eder.
Haase und Matz wollen sich am Montag im Mainzer Tierheim vor Ort über die Situation informieren und dabei auch Möglichkeiten für ein Verbot erörtern – die Presse ist bei dem Termin bislang nicht zugelassen.
Info& auf Mainz&: Einen ausführlichen Bericht zum Thema der Briefe Haases an Bund und Land samt Begründung lest Ihr hier bei Mainz&.