Das Jahr 2016 war in Mainz ja schon von Baustellen geprägt, 2017 wird, wir müssen es leider sagen, nicht wirklich besser: Mainz baut weiter, und das an allen Ecken und Enden. Die gute Nachricht dabei: Für die Autofahrer wird die Lage hoffentlich besser, denn am Samstag wird die Mainzelbahn eingeweiht – viele Baustellen gehören dann der Vergangenheit an. Doch Mainz steht weiter vor großen Herausforderungen, die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sei dabei eine der größten, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) am Dienstag bei der Jahresbilanz. Weitere Themen für 2017: Neue Kitas, aber auch neue Schulen, Rathaussanierung, die Rettung des Taubertsbergbades – und der Ausbau des „Fußverkehrs“ in der Innenstadt von Mainz.

Luftballons 200 Jahre Rheinhessen vor dem Staatstheater
Große Party zum 200. Geburtstag Rheinhessens in Mainz – Foto: gik

Zum vierten Mal stellte die Stadtspitze nun den Jahresbericht der Stadtverwaltung Mainz vor, darin gibt das „Dienstleistungsunternehmen Stadtverwaltung“ Einblick in seine tägliche Arbeit. Die Stadt wolle damit „Rechenschaft ablegen und zeigen, welche Herausforderungen die 4.381 Mitarbeiter der Stadtverwaltung und der Eigenbetriebe in den vergangenen Monaten gemeistert haben“, sagte Oberbürgermeister Ebling bei der Vorstellung am Dienstag in Mainz. Und der OB nutzte den Termin natürlich auch, um Bilanz zu ziehen für 2016 – und eine Vorschau auf 2017 zu geben. Mainz& dokumentiert die Themen im Überblick und nach Dezernenten geordnet.

Bilanz 2016: Wirtschaft gut, Jubiläum 200 Jahre Rheinhessen topp

Eblings Bilanz für 2016 lautete vor allem: Mainz stehe „entgegen allen Unkenrufen wirtschaftlich sehr gut da“, das belegten die aktuellen wirtschaftlichen Kennzahlen und Studien. „Die Mainzer Wirtschaft ist stark, sie ist modern und international wettbewerbsfähig – nicht zuletzt aufgrund der guten Rahmenbedingungen, die wir als Landeshauptstadt zu bieten haben“, betonte der OB. Der Arbeitsmarkt entwickele sich „robust“, die Beschäftigungszahlen befänden sich seit Jahren auf einem kontinuierlichen Wachstumspfad. Derzeit habe man das Rekordniveau von rund 110.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Das sei allein in den vergangenen fünf Jahren eine Steigerung von acht Prozent gewesen. Im November 2016 betrug die Arbeitslosenquote in Mainz laut Agentur für Arbeit 5,2 Prozent.

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Als Highlights des abgelaufenen Jahres nannte Ebling das Jubiläum 200 Jahre Rheinhessen. Veranstaltungen wie die Wahl der Deutschen Weinkönigin oder die wöchentlichen Kulturveranstaltungen in der Infovinothek „Cuvèe“ im Gutenberg-Museum „werden uns sicherlich noch lange in guter Erinnerung bleiben“, sagte der OB. Interessanterweise erwähnte er die Mainzer Sommerlichter dabei nicht – zumindest nicht in der uns vorliegenden Pressemitteilung. „Ich bin überzeugt, dass wir den Schwung des Jubiläumsjahres nutzen können, um Mainz und Rheinhessen wirtschaftlich, infrastrukturell und bildungspolitisch in die Zukunft zu führen“, betonte Ebling.

Herausforderung 2017: Bezahlbarer Wohnraum und neue Bauprojekte

Modell Dock1 Zollhafen - Foto gik
Dock 1 im Zollhafen: Wohnen und Arbeiten im Luxussegment – Foto: gik

Die Mega-Herausforderung für die Zukunft von Mainz benannte Ebling ganz klar mit einem Thema: bezahlbarer Wohnraum. Tatsächlich hat die Stadt hier in der jüngsten Vergangenheit gerade gegenteilige Signale gesetzt: Am Winterhafen wurde Wohnen am Wasser für Hochbetuchte realisiert, in der Neustadt läuft, was man Gentrifizierung nennt – die Vertreibung der alteingesessenen, ärmeren Bevölkerung – und am Zollhafen wurden entgegen großer Versprechungen bisher nur Luxuswohnungen und Luxusbüros realisiert. Bezahlbares Wohnen? Nicht in Sicht. Das Ergebnis: Die Mieten in den vergangenen zwei Jahren explodierten in astronomische Höhen.

Mainz sei als Wohnort ausgesprochen beliebt und benötige deshalb deutlich mehr Wohnraum, insbesondere bezahlbaren, sagte Ebling nun noch einmal. Bis 2020 sollen deshalb 6.500 neue Wohnungen in der Landeshauptstadt geschaffen werden. Und so bringe Mainz in den kommenden Jahren „erfreulicherweise viele große Wohnbauprojekte auf den Weg.“ In Sachen bezahlbarem Wohnraum setzt die Stadt dabei vor allem auf das Heiligkreuz-Areal an der alten IBM, allein hier sollen 1950 Wohneinheiten auch für die kleineren Geldbörsen entstehen. Weitere Bauprojekte liegen an der ehemaligen Peter-Jordan-Schule mit dem Bau von Einfamilienhäusern sowie auf der Frankenhöhe.

Aufwertung Innenstadt, Rathaussanierung und Tag der Deutschen Einheit

Mainzer Rathaus von Rheinallee aus 1
Die Rathaussanierung wird 2017 großes Thema werden – Foto: gik

2017 soll zudem die Aufwertung der Mainzer Innenstadt weitergehen: Der Umbau der Bahnhofstraße ist bereits auf den Weg gebracht, der Umbau der Großen Langgasse soll folgen. Die Boppstraße soll ebenfalls aufgewertet werden, der Münsterplatz harrt weiter einer Neuordnung seiner kuriosen Nachkriegsarchitektur. Darüber hinaus wird 2017 das Thema Rathaus wieder spannend: 2017 würden die Ergebnisse des Generalplaners für die Sanierung des Rathauses erwartet, sagte Ebling, er sei „sicher, dass wir für die weiteren Schritte die notwendigen Beschlüsse fassen und eine erfolgreiche Ausschreibung auf den Weg bringen können.“ Ebling hatte ja eine Sanierung des völlig maroden Baus durchgesetzt und dafür einen Kostendeckel von 50 Millionen Euro versprochen – im Juli hatte die Stadt den Auftrag an den Generalplaner zur Erstellung eines Konzepts vergeben.

Im Herbst steht Mainz dann erneut ein Großevent ins Haus: Im Oktober richtet die Stadt die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit aus. Der Grund: Rheinland-Pfalz hat turnusgemäß den Vorsitz des Bundesrates inne, und das jeweilige Land feiert dann eben auch den Tag der Deutschen Einheit bei sich. Zuletzt hatte Mainz den Tag der Deutschen Einheit 2001 ausgerichtet – kurz nach den Anschlägen aufs World Trade Center in New York. Es wurde trotzdem eine friedliche und fröhliche Feier, und das soll auch 2017 wieder so sein: „Wir werden Mainz als weltoffene, tolerante und gastfreundliche Stadt präsentieren, in der Hass und Fremdenfeindlichkeit keinen Platz finden“, sagte Ebling.

Beck: Haushalt gelungen, Taubertsbergbad neu ausrichten, Bürgerhäuser sanieren

Bürgermeister und Finanzderzernent Günter Beck (Grüne) freute sich naturgemäß über die rechtzeitige Verabschiedung des Doppelhaushalts 2017/2018 im November. Das Werk sieht für 2017 Erträge in Höhe von 651,5 Millionen Euro und Ausgaben von 686 Millionen Euro vor. Das macht zwar ein Defizit von 34,5 Millionen Euro, Beck ist trotzdem zufrieden: Schuld seien die Kosten der sozialen Sicherung, die 2017 mit 255,2 Millionen Euro veranschlagt seien. Würden diesen eine Gegenfinanzierung – etwa durch Bund oder Land – entgegenstehen, „hätte die Stadt Mainz einen ausgeglichenen Haushalt“, betonte Beck. Und immerhin sehe der Doppelhaushaltsplan Investitionen in Höhe von 153,9 Millionen Euro in beiden Jahren vor.

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Was wird aus dem Taubertsbergbad? Das wird eines der großen Themen 2017 werden – Foto: gik

Investieren werde Mainz vor allem in den Ausbau, Neubau und die Sanierung von Schulen und Schulsporthallen, von Krippen und Kitas. Auch die Feuerwehr soll ordentlich Mittel bekommen. Eine Herausforderung wird 2017 aber noch die Sicherung des Taubertsbergbades: Durch die Insolvenz des Betreibers 2016 steht die Stadt nun mit einem stark renovierungsbedürftigen Bad mit ungewisser Zukunft da. Es sei aber mit vereinten Kräften und in enger Abstimmung mit dem Insolvenzverwalter gelungen, „dass das Bad weiterhin geöffnet hat und die ersten Mängel beseitigt wurden“, betonte Beck. 2017 würden Neuausrichtung und Neustrukturierung des Bades „einen wesentlichen Stellenwert“ einnehmen. Zudem beginnt die Stadt mit den ersten Renovierungsmaßnahmen bei den Bürgerhäusern.

Sitte: Ansiedlungspolitik erfolgreich, Renovierung Rheingoldhalle, fünf neue Hotels

2016 verlor Mainz gleich eine ganze Reihe großer Unternehmen und wichtiger Arbeitgeber: Nestlé wird Ende 2017 sein Werk schließen, Cargill, die Spedition Hensel und jüngst sogar Camping Müller – die Liste der abwandernden Unternehmen ist lang. Trotzdem zog Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte (FDP) ein positives Fazit des Jahres: „Die positive Ansiedlungsentwicklung setzt sich fort“, betonte der Dezernent allen Ernstes – und verwies auf zuletzt drei Neuansiedlungen: Die Firma Deublin mit 175 Arbeitsplätzen im Mainzer Wirtschaftspark, der Spatenstich für die Hermes Logistik Gruppe Ende November sowie die Techniker Krankenkasse, die mit einem neuen Fachzentrum 300 Arbeitsplätze schaffen werde. Mainz sei als Standort beliebt, belege sehr gute Platzierungen in verschiedenen aktuellen Städte-Rankings und sei vor allem auch bei Gründern enorm angesagt, betonte Sitte.

Rheingoldhalle mit Jockel-Fuchs-Platz
Auch die Rheingoldhalle braucht eine Renovierungskur – Foto: gik

Auch beim Tourismus sei Mainz erfolgreich, mit den Übernachtungszahlen stehe man unangefochten an der Spitze in Rheinland-Pfalz. Allerdings hatte das Gästewachstum 2015 mit einem Plus von 3,2 Prozent noch unter dem Schnitt von Rheinland-Pfalz und zum Teil deutlich hinter anderen Tourismusregionen gelegen. Viele ausländische Gäste, insbesondere Japaner und Chinesen, steigen inzwischen lieber in Wiesbaden ab, nur rund 30 Prozent der Mainzer Touristen kamen 2015 aus dem Ausland. Es dürfte spannend werden, wie sich diese Zahlen 2016 entwickelt haben. Mainz rüstet sich jedenfalls mit neuen Hotels: Derzeit stünden fünf  neue Hotels mit verschiedenen Standards kurz vor der Eröffnung, sagte Sitte. Dazu steht 2017 der Start für die Renovierung der Rheingoldhalle an, dem wichtigsten Tagungsort von Mainz.

Merkator: Neue Schulen, mehr Kitas, Integration von Flüchtlingen

Dass Mainz wächst, treibt einem Dezernenten die Sorgenfalten ins Gesicht: Die Stadt kommt einfach nicht mit dem Bau von Kindergärten hinterher. Ein Schwerpunkt werde 2017 deshalb „die Suche nach geeigneten Standorten für unsere Kindertagesstätten und nach qualifiziertem Personal für unser vielfältiges Angebot an Tagesbetreuung sein“, sagte Sozialdezernent Kurt Merkator (SPD) deshalb. Der Dezernent wird das selbst aber nur noch bedingt erleben: Merkator hat angekündigt, zum Sommer 2017 aus Altersgründen aufzuhören. Sein Nachfolger wird weiter vor großen Herausforderungen stehen: Ausbau der Kinderbetreuung und Kindertagespflege – und zunehmend auch die Schulentwicklungsplanung. Denn die ganzen Kleinen werden größer und brauchen dann auch Schulen. „So werden wir im kommenden Jahr die Weichen stellen müssen für den Ausbau von Grundschulen und weiterführenden Schulen, um der wachsenden Schülerzahlen gerecht zu werden“, sagte Merkator. Weiteres Thema wird natürlich die Integration der 2015 gekommenen Flüchtlinge bleiben.

Bahnhofstraße mit Bus
Die Bahnhofstraße wird 2017 renoviert, die Große Langgasse soll folgen – Foto: gik

Eder: 2017 Schwerpunkt auf den Fußverkehr in Mainz

Umwelt- und Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne) hat ja 2016 die meiste Haue einstecken müssen, das Mega-Projekt Mainzelbahn sorgte für Baustellen-Chaos und viel Unmut. Nun rollt die Mainzelbahn ab dem kommenden Wochenende, sehr zur Erleichterung der Dezernentin. „2016 war verkehrlich vom größten Infrastrukturprojekt in Mainz seit Jahrzehnten geprägt“, sagte Eder denn auch in ihrer Bilanz. Quer durch die Stadt seien mehr als 60 Firmen an der über neun Kilometer langen Strecke zu Gange gewesen – ein Kraftakt. Auch Eders Vorliebe für den Radverkehr kam nicht immer bei allen gut an, dabei hat Mainz weiter eines der schlechtesten Radwegenetze der Republik, vor allem was den baulichen Zustand angeht.

Trotzdem will Eder 2017 einen ganz neuen Schwerpunkt legen: auf den Fußverkehr in Mainz. Die „fußgängerfreundliche Umgestaltung in der Großen Langgasse“ gehe in die entscheidende Planungsphase, barrierefreie Zugänge mit Aufzugsanlagen sollen unter anderem den Bahnhof Römisches Theater mit der Oberstadt verbinden. Dazu soll die Querung der Saarstraße am Friedrich-von-Pfeifer-Weg verbessert werden – Letzteres überrascht uns etwas, war der Neubau der Fußgängerbrücke doch eigentlich integraler Bestandteil der Mainzelbahn gewesen, dachten wir… Weiterer Schwerpunkt für 2017: Die Energieeinsparung, dazu haben wir aber leider noch keine Infos. Beschäftigen wird die Dezernentin sicher 2017 aber auch das Thema Luft: Es steht schließlich die Klage der Deutschen Umwelthilfe in Sachen Diesel-Fahrverbote an.

Grosse: Neubauten am Gutenberg-Museum und am Naturhistorischen Museum

Bücherturm Gutenberg Museum Perspektive Sommer - DFZ Architekten
Der Bücherturm fürs Gutenberg-Museum kommt – Foto: gik

Auch die Kultur baut 2017 fleißig: Das Naturhistorische Museum erhält ja bekanntlich einen neuen Überbau des alten Innenhofs und damit eine deutliche Erweiterung seiner Räume, dazu steht der Bau der Gutenberg-Museums-Erweiterung – des Bücherturms – an. Der Bau darf nur 5,2 Millionen Euro kosten, mehr Geld hat die Stadt für das Vorhaben nicht, es dürfte spannend werden, ob das reicht. Kultur- und Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) betonte, es gehe darum, beide Museen zukunftsfähig zu machen. Angesichts von mehr als 126.000 Besuchern im Gutenberg-Museum 2015 und von rund 42.000 im Naturhistorischen Museum seien die Haushaltsmittel für die Erweiterung der beiden Häuser „gut investiertes Geld.“

Dazu muss sich die Dezernentin 2017 um die weitere Renovierung des Kurfürstlichen Schlosses, die Fertigstellung des Archäologischen Zentrums am Südbahnhof sowie den Erhalt des Römischen Mainz kümmern: das Römische Bühnentheater, den Drusus-Stein und die Römersteine nannte Grosse hier als Schwerpunkte. Große Sprünge wird es aber vor allem am Römischen Theater nicht geben: Für 95.000 Euro gab es gerade einen neuen Zaun, 2017 könnte die erste Sitzreihe restauriert werden – mehr ist nicht drin. Ein professionelles Planungsbüro soll ab Sommer Ideen für die Entwicklung des Theaters erstellen, Materialien für die Sitze vorschlagen und auch das Thema Überdachung angehen.

Mainz& Fazit: Es bleibt viel zu tun in Mainz. Das Jahr 2017 wird weiter bestimmt werden von Baustellen im ganzen Stadtgebiet. Doch das ist auch nötig: Die Stadt hat massiven Nachholbedarf in Sachen Wohnungsbau und laboriert an vielen Ecken noch mit dem Erbe der Nachkriegszeit. Der Münsterplatz ist ein bislang völlig ungelöstes städtebauliches Problem, das Einkaufszentrum an der Ludwigsstraße noch immer nicht auf dem Gleis – doch wenn es kommt, wird es das Gesicht der LU für immer verändern. Und Mainz muss weiter Lösungen für den wachsenden Verkehr finden, Probleme wie die marode Hochbrücke lösen – und mit der Megabaustelle Schiersteiner Brücke leben.

Und nicht zuletzt brauchen die Verantwortlichen in der Stadtspitze endlich ein Konzept für eine lebendige Mainzer Innenstadt und die Ansiedlung neuer Unternehmen – mit dem Zentrenkonzept leistet man sich einen wenig zukunftsträchtigen Betonklotz, im Wirtschaftspark Hechtsheim eine wenig hilfreiche Blockadepolitik. Mainz braucht Lösungen für einen attraktiven Handel – und offene Türen und Ohren dafür in der Stadtspitze. Sich selbst auf die Schulter zu klopfen wird auf Dauer nicht reichen – während Hessen mit fertigen Verträgen winkt. Es bleibt spannend in Mainz…

 

 

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