Es wird tatsächlich ernst: Die Theodor-Heuss-Brücke soll ab Sonntag, dem 12. Januar 2020, für vier Wochen komplett gesperrt werden. Das teilte am Montag jetzt auch offiziell die Stadt Wiesbaden mit. Bei der routinemäßigen Bauwerksüberprüfung seien Schäden an den Übergangskonstruktionen in den Pfeilerachsen festgestellt worden, die Traversenlager müssten ausgetauscht werden – die Arbeiten seien unaufschiebbar und müssten in der kalten Jahreszeit erfolgen. Man habe sich entschlossen, die Brücke vier Wochen voll zu sperren. Busse, Taxen sowie der Rad- und Fußverkehr dürfen die Brücke aber passieren.
Vergangenen Donnerstag hatte eine Ankündigung der Mainzer Verkehrsministerin Katrin Eder (Grüne) im Mainzer Verkehrsausschluss für Wirbel gesorgt. Eder hatte darin die Brückensperrung den Ausschussmitgliedern angekündigt, die sie prompt über die sozialen Netzwerke weiter verbreiteten. Details gab es indes zunächst so gut wie keine: Auf eine Anfrage bei der Pressestelle der Stadt Mainz hieß es am Freitag lediglich: Wir sind nicht zuständig, bitte wenden Sie sich an Wiesbaden. Dort bestätigte man zwar den Sachverhalt, teilte aber zugleich mit, Details wisse man noch nicht, nähere Einzelheiten gebe es kommende Woche.
Daraufhin entwickelte sich in den sozialen Netzwerken eine wahre „Stille Post“ von Gerüchten, Mutmaßungen und Befürchtungen, der Wirbel war so groß, dass die Stadt Mainz noch am Montagvormittag twitterte: „Liebe User, Ende der Woche wird es detaillierte Informationen“ bezüglich der Brückensperrung geben. Offenbar merkte man inzwischen auch in Wiesbaden, dass die bereit gestellten Informationen nicht wirklich ausreichend waren – am Montagnachmittag kam eine offizielle Pressemitteilung mit ausführlicheren Informationen.
Darin heißt es nun: Die Theodor-Heuss-Brücke werde ab Sonntag, den 12. Januar 2020, für voraussichtlich vier Wochen voll gesperrt. Grund seien die erforderlichen Baumaßnahmen an den Traversenlagern, diese Arbeiten müssten „in diesem Winter stattfinden, um Folgeschäden zu vermeiden.“ Die Arbeiten könnten auch nur im Winter erfolgen, weil der Stahl sich durch die Kälte zusammenziehe. So seien die Fugen in der Brückenkonstruktion breit genug, um die Lager auszuwechseln.
Die Baumaßnahme solle am 12. Januar mit der Einrichtung der Verkehrssicherung beginnen. Die Gesamtdauer sei derzeit mit vier Wochen geplant, dabei könnten sich aber durch die Wetterlage noch Veränderungen in der Bauzeit ergeben. Die Geh- und Radwege könnten fast durchgehend weiter genutzt werden, der öffentliche Personennahverkehr werde durch eine Ampelanlage geregelt. „Für die Erleichterung der Kontrolle der Absperrung ist jeweils eine Schranke mit Sicherungspersonal geplant“, heißt es weiter. Weil die Baustellendauer sich so verkürzen lasse, hätten sich die beteiligten Kommunen Mainz und Wiesbaden für eine Vollsperrung entschieden, betont die Stadt. Außerdem sollten so größere Rückstaus in der Mainzer Innenstadt vermieden werden.
Die Umleitungen für den motorisierten Individualverkehr würden großräumig beschildert, an den einzelnen Ausweichstrecken werde aber derzeit noch gearbeitet, teilte die Wiesbadener Verwaltung weiter mit. Der übergeordnete Verkehr werde über die Weisenauer Brücke (A60) und die Schiersteiner Brücke (A643) geleitet. Weitere Details zur Baumaßnahme sollen zu Beginn des neuen Jahres veröffentlicht werden. Vor der Kern-Fastnachtszeit sollen die Bauarbeiten aber beendet sein.
„Die Theodor-Heuss-Brücke mit einer Länge von 506,10 Metern und einer Breite von 18,80 Metern ist eine wichtige Verbindungsachse zwischen Wiesbaden und Mainz, die werktäglich von fast 100.000 Menschen überquert wird“, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Davon seien rund 64.000 Autos und 28.000 Fahrzeuge im Busverkehr, dazu kommen rund 3.500 Radfahrende sowie 1.900 Fußgängerinnen und Fußgänger (Stand 2017). Mainz& hatte vergangene Woche noch von 45.000 Fahrzeugen pro Tag geschrieben – unsere Zahlen waren offenbar ordentlich veraltet. Pro Tag überqueren damit heute die Theodor-Heuss-Brücke pro Tag rund 92.000 Fahrzeuge – und vermutlich auch deutlich mehr als die 100.000 von der Stadt Wiesbaden geschätzten Personen.
Die Sperrung der Theodor-Heuss-Brücke weckt die Diskussion über das Thema Rheinbrücken neu – und die Frage: Hat Mainz genug Brücken über den Rhein? Im Gegensatz zu anderen Städten hat Mainz sehr wenig Querungen – mehr zur Debatte Rheinbrücke könnt Ihr hier bei Mainz& lesen. Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Mainz-Rheinhessen, Günter Jertz, kommentierte denn auch die geplante Vollsperrung auf Twitter: „Gestresste Pendler, volkswirtschaftlicher Schaden: Die Infrastruktur zwischen beiden Landeshauptstädten bleibt Achillesferse der Region!“ Nach dem Zusammenbruch der Schiersteiner Brücke und deren Vollsperrung hatte die IHK einen wirtschaftlichen Schaden von 1,4 Millionen Euro für die Region berechnet – pro Tag.
Federführend für die Bauarbeiten ist die Landeshauptstadt Wiesbaden, die die Kosten auf voraussichtlich rund 420.000 Euro beziffert. Davon muss Wiesbaden 62,8 Prozent übernehmen, die Landeshauptstadt Mainz 37,2 Prozent. Das entspreche den Eigentumsanteilen an der Brücke.
Info& auf Mainz&: Wie wichtig Brücken heute für die Pendlerströme sind, zeigt unter anderem die IHK-Pendlerstudie, hier unser Bericht dazu aus dem Jahr 2018.