Es ist eine Erfolgsgeschichte, wie sie so eigentlich nur Mainz schreiben kann, finden wir: Zwei Kommunikationsdesignstudenten schreiben eine Bachelor-Arbeit – und gründen damit aus Versehen ein Unternehmen, hauchen der Mainzer Bierlandschaft neues Leben ein und erwecken eine vergammelnde, aber traditionsreiche Trinkhalle zu neuem Leben. Eulchen Bier heißt die Marke für das coole Bier aus Mainz, und deren Macher stellen am Wochenende bei der Bierbörse schon ihr zweites selbst gebrautes Bier vor.

Lazaridis und Vogel auf der Trinkhalle - Foto Eulchen Bier
Philip Vogel und Leonidas Lazaridis auf der Trinkhalle – Foto: Eulchen Bier

„Wir wollten nicht einfach nur ein Etikett gestalten, sondern alles machen rund um das Bier“, erzählt Philip Vogel, einer der beiden Gründer von Eulchen Bier, wie alles anfing. Also recherchierten er und sein Kumpel Leonidas Lazaridis gründlich, brauten hobbymäßig eigenes Bier – und klapperten Brauereien in ganz Deutschland mit über 300 Sorten Bier ab. Das nennen wir mal eine gründliche Recherche 😉

„Das war nicht immer ganz so lecker, wie es sich anhören mag – das waren auch Biere dabei, die nicht so gut waren“, wehrt Vogel ab. Schließlich fand sich ein Braumeister in einer Gasthausbrauerei hinter Frankfurt, dort brauten die Bachelor-Anwärter ihr erstes eigenes Bier: ein untergäriges, ungefiltertes Märzen-Bier, bernsteinfarben, leicht malzig und caramellartig mit einer frischen Hopfennote.

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2.000 Flaschen brauten die Jungs, um sie zu verkaufen eröffneten sie einen Popup-Store in der Gaugasse, das war im November 2013. Die 2.000 Flaschen waren nach einer Woche verkauft, und Vogel und Lazaridis bekamen weiter Mails und Anfragen nach dem leckeren Bier… „So kamen wir darauf, dass wir es weiter machen“, erzählt Vogel, und gesteht: „Wir machen das mittlerweile hauptberuflich.“

Eulchen Bier mit Eule in der Trinkhalle - Foto Eulchen Bier
Eulchen Bier mit Namensgeber in der Trinkhalle – Foto: Eulchen Bier

Inzwischen wird das „Eulchen“, wie das Bier liebevoll heißt, in einer ganz kleinen Brauerei im Süden von Baden-Württemberg gebraut – in Mainz, erzählt Vogel, gibt es ja keine Brauereien mehr, und die im Umkreis waren entweder zu klein oder wie Licher oder Binding viel zu groß. Nun brauen sie eine Charge von 10.000 Flaschen im Süden der Republik, dann lagert das Bier erst einmal zum Durchreifen etwa acht Wochen. „Wir fahren zwischendurch immer wieder hin und probieren und gucken, wie geht’s dem Bier“, verrät Vogel.

Und dann kam die Trinkhalle. „Wir hatten einen Riesenspaß mit den Menschen, die zu uns gekommen sind und unser Bier trinken wollen“, sagt Vogel. Die Leute hätten viele Fragen gestellt wie: Warum macht ihr das, wie macht man Bier? „Wir brauchten wieder irgendetwas, wo wir den Leuten das erklären können“, sagt der Firmengründer, und erzählt, dass sie nach dem Ende des Popup-Stores lange nach einer neuen Location suchten.

„Wir wollten etwas Kleines, wir brauchten nicht viel Platz“, sagt Vogel – und schließlich entdeckten sie die Trinkhalle. Die steht am Kaiser-Wilhelm-Ring direkt an der Straßenbahnhaltestelle Leibnizstraße und fristete ein trauriges Dasein. Der Kiosk in der Halle war lange weg, seit vier Jahren stand das Büdchen leer und verkam ein bisschen.

Trinkhallen wurden in den Städten Mitte des 19. Jahrhunderts tatsächlich für den Wasserkonsum errichtet: Arbeitern wurde Mineralwasser und andere alkoholfreie Getränke angeboten, denn ungekochtes Leitungswasser war gesundheitsschädlich, Getränke in Gaststätten aber waren zu teuer – die Männer griffen vermehrt zu Bier und Schnaps.

Trinkhalle - Foto Eulchen Bier
In der Trinkhalle am Kaiser-Wilhelm-Ring brennt wieder Licht – Foto: Eulchen Bier

Nun füllen die Jungunternehmer die Trinkhalle mit Alkoholisch-Innovativen. „Wir finden, in ein historische Trinkhalle mit einem jungen Start-Up, das passt gut“, sagt Vogel. Und so beleben die Eulchen-Macher nicht nur die Neustadt wieder ein Stück, sondern beleben gleich auch noch die lange Mainzer Biertradition ein Stück weit wieder.

600 Jahre lang war Mainz nämlich nicht nur eine Weinstadt, sondern eine Bierhochburg, rund 100 Brauereien gab es im Laufe der Geschichte in Mainz. Anfangs waren es nur kleine Gasthausbrauereien, die Bier für den Ausschank im eigenen Haus produzierten. Größere Brauereien entstanden erst zu Zeiten der Industrialisierung, als Bier in Flaschen abgefüllt und sogar ins Ausland exportiert wurde.

Eisgrubbräu Braukessel hoch
Braukessel in der einzigen modernen Brauerei in Mainz: dem Eisgrubbräu- Foto: gik

Altmünsterbrauerei, Mainzer Aktien-Bier, Sonnenbräu – das waren einmal große Namen in Mainz. Die 1859 gegründete MAB gehörte mit rund 300.000 Hektolitern Ausstoß zeitweise sogar zu den zehntgrößten Brauereien Deutschlands, 1928 hatte man sogar eine eigene Gaststätte in Paris. Doch der Zweite Weltkrieg zerstörte die Brauereigebäude auf der Kupferbergterrasse, die Brauerei fand nie wieder zurück zu alter Größe.

In den 1970er Jahren setzte dann ein Brauereisterben ein: kleinere Brauereien machten dicht oder wurden von größeren aufgekauft und verschmolzen zu immer größeren Konzernen. Eine Entwicklung, die die Macher des Eulchen Biers ausgesprochen kritisch sehen: „Die entstandenen Großkonzerne strebten nach immer höheren Gewinnen und vernachlässigten dabei oft den Geschmack und die Innovationen“, schreiben sie auf ihrer Homepage. Das Eulchen Bier sei deshalb auch eine Rebellion gegen den Einheitsbiergeschmack.

Und die geht weiter: Am Wochenende stellen die Biermacher ihr zweites selbstgebrautes Bier auf der Mainzer Bierbörse vor. Allzuviel wollte Vogel noch nicht verraten und ließ sich dann doch so viel entlocken: „Es wird ein obergäriges, kalt-gehopftes, frisches Sommerbier.“ Wir freuen uns drauf!

Info& auf Mainz&: Mehr zum Eulchen Bier und der Trinkhalle findet Ihr auf der Internetseite eulchen-bier.de und auf dieser Facebook-Seite. Die Trinkhalle am Kaiser-Wilhelm-Ring hat im Sommer immer von Mittwoch bis Samstag von 16.00 Uhr bis 21.00 Uhr geöffnet. Mehr zur 17. Mainzer Bierbörse und der Biergeschichte von Mainz findet Ihr in diesem Mainz&-Artikel.

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