Eine neue Corona-Welle rollt über die Republik, täglich melden derzeit die Gesundheitsämter neue Rekordwerte bei den Neuinfektionen in bisher nie gesehener Höhe. Trotzdem sollen ab kommendem Montag die Masken in den Schulen in Mainz und Wiesbaden fallen, zunächst in den Grundschulen, ab dem 20. März auch in den weiterführenden Schulen. Auch die Coronatests pro Woche werden reduziert, die Bildungsminister freuen sich: Nach langer Zeit sei „endlich mehr normaler Schulalltag möglich.“ Eltern reagieren derweil in den sozialen Netzwerken entsetzt, der Philologenverband warnt vor Problemen beim mündlichen Abitur.

Der Osterhase kämpft mit einer hochschießenden Corona-Inzidenz - diese Karikatur zeichnete Ralf Böhme vor ziemlich genau einem Jahr. - Grafik: RABE Cartoon
Der Osterhase kämpft mit einer hochschießenden Corona-Inzidenz – diese Karikatur zeichnete Ralf Böhme vor ziemlich genau einem Jahr. – Grafik: RABE Cartoon

Seit gut einer Woche sind die Coronazahlen in Rheinland-Pfalz wieder im rasanten Anstieg, binnen einer Woche schnellte die Sieben-Tage-Inzidenz von unter 1005 auf 1500 hoch – am Donnerstag meldete das Gesundheitsamt für die Stadt Mainz gar einen Wert von 1619, das war noch einmal ein neuer Rekord. Besonders hoch ist die Zahl der laborbestätigten Neuinfektionen mit einer Inzidenz von 1995 weiter in der Gruppe der unter 20-Jährigen – genauer weist der Tagesbericht des Landesuntersuchungsamtes die Zahlen nicht aus. Im jüngsten Wochenbericht zeigt sich jedoch: Es ist vor allem die Gruppe der 12- bis 19-Jährigen, die derzeit unter besonders hohen Infektionsraten leidet – hier liegt die Inzidenz derzeit bei 2667.

Trotzdem sollen ab kommendem Montag die Masken im Schulunterricht Stück für Stück fallen und weitere Einschränkungen wie Sitzordnungen oder Vorgaben für Musik- und Sportunterricht fallen. „Die allgemeine Entwicklung der Infektionslage erlaubt es uns jetzt, die Schulen in Rheinland-Pfalz in den kommenden Wochen mit maßvollen Schritten aus dem Corona-Betrieb herauszuführen“, verkündete Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) Anfang März: „Jetzt ist nach langer Zeit endlich mehr normaler Schulalltag möglich, wie ihn sich unsere Schulgemeinschaften schon lange wünschen.“

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Die rasant steigenden Zahlen erklärt man im Mainzer Gesundheitsministerium mit den Winterferien, dass danach mehr Menschen positiv getestet würden, entspreche den Prognosen der Fachleute, heißt es von dort. „Wir haben im Anschluss an die Winterferien sehr bewusst unsere konsequenten Regeln zur Maskenpflicht und zum Testen für zwei Wochen beibehalten“, betont wiederum Bildungsministerin Hubig. Nun „können wir Maßnahmen ergreifen, die unseren Schülern sowie den Lehrkräften mehr Normalität im Alltag ermöglichen.“ Das tue man „mit Augenmaß, ohne das Infektionsgeschehen aus den Augen zu verlieren“ – in Hessen das gleiche Bild.

Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) auf einer Pressekonferenz 2021. - Foto: gik
Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) auf einer Pressekonferenz 2021. – Foto: gik

„Die Omikron-Welle ist gebrochen, die Infektions- und Quarantänezahlen in unseren Schulen sinken deutlich“, verkündete der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU) am 4. März: „Deshalb geben wir den Kindern und Jugendlichen ein Stück Freiheit zurück.“ Doch die Omikron-Welle ist keineswegs gebrochen: Ein Subtyp der Omikron-Variante des Coronavirus, BA.2 genannt, erobert derzeit die Oberhoheit im Pandemiegeschehen – und Ba.2 gilt als noch einmal ansteckender als die ohnehin schon hoch-infektiöse Omikron-Variante.

„Es herrscht weiterhin ein sehr hoher Infektionsdruck in der Bevölkerung“, heißt es beim Robert-Koch-Institut, der aktuelle neuerliche Anstieg der Covid-19-Fälle sei vermutlich „auf die leichtere Übertragbarkeit der Sublinie BA.2 und die Rücknahme von kontaktreduzierenden Maßnahmen zurückzuführen.“ . Der Anteil der Omikron-Sublinie BA.2 sei mittlerweile auf 48 Prozent angestiegen. „Damit kann eine weitere Zunahme der Fallzahlen nicht ausgeschlossen werden“, heißt es im neuesten Wochenbericht des RKI weiter, den Ihr hier herunterladen könnt.

FFP2-Masken schützen besonders gut vor dem Coronavirus, sagen Studien. - Foto: MPI Göttingen
FFP2-Masken schützen besonders gut vor dem Coronavirus, sagen Studien. – Foto: MPI Göttingen

Es sei „weiter unbedingt erforderlich und angeraten“, bei Symptomen einer neu auftretenden Atemwegserkrankung zu Hause zu bleiben und sich je nach ärztlicher Einschätzung testen zu lassen, rät man beim RKI eindringlich. Die Experten fordern zudem, Kontakte auch weiter nach Möglichkeit zu reduzieren, Reisen zu vermeiden – und unbedingt weiter Masken zu tragen und Mindestabstände sowie Hygieneregeln einzuhalten. „In Innenräumen sollten kontinuierlich medizinische Masken getragen werden“, mahnt das RKI man rate „dringend dazu, größere Veranstaltungen und enge Kontaktsituationen, wie Tanzveranstaltungen und andere Feiern im öffentlichen und privaten Bereich abzusagen oder zu meiden.“

In den Schulen aber soll nun deutlich gelockert werden: Ab dem 14. März entfällt in Rheinland-Pfalz die Maskenpflicht in Grundschulen und Förderschulen am Platz, die Organisation der Ganztagsschulen erfolgt wieder im Regelbetrieb – sogar die erweiterte Beurlaubungsmöglichkeit wird gestrichen. Die regelmäßigen Coronatests werden allgemein von drei auf zwei pro Woche reduziert, die Einschränkungen für Sport- und Musikunterricht entfallen ganz. Ab dem 21. März soll dann die Maskenpflicht auch in allen weiterführenden Schulen fallen – in Hessen fallen bereits ab dem 14. März die Masken in allen Klassenstufen.

Schüler mit Maske und Coronatest. - Foto: dpa
Schüler mit Maske und Coronatest. – Foto: dpa

Gerade Eltern von Kindern mit Vorerkrankungen reagierten auf die Ankündigungen entsetzt: Die neuen Lockerungen gefährdeten massiv Kinder mit Vorerkrankungen oder Familien mit vorerkrankten oder behinderten Personen, schimpfen Elternbündnisse in den sozialen Netzwerken. In diesen sogenannten „Schattenfamilien“ leben Kinder mit Herzfehlern, Mütter mit Krebs oder seltenen Nervenkrankheiten oder andere Familienmitglieder mit Vorerkrankungen oder Behinderungen, seit zwei Jahren isolieren sich diese Familien stark, oft sogar komplett – aus Angst vor den wahrscheinlich tödlichen Folgen des Virus für die Vorerkrankten.

Nun fühlen sich diese Familien von der Politik „geopfert“, wenn alle Einschränkungen fallen sollen, Schätzungen gehen von rund 500.000 Kindern in Deutschland aus, die das betrifft – und gut 5,5 Millionen Erwachsenen. „Die Abschaffung der Maskenpflicht in den Schulen ist eine dumme Idee, gefährdet die Gesundheit der Schüler und ihrer gesamten Familie“, kritisiert das Bündnis „Bildung aber Sicher Rheinland-Pfalz“ auf Twitter, das sich für diese Familien einsetzt, und mahnt: „Covid ist nicht vorbei, so sehr wir uns alle Normalität wünschen.“ Manche drücken es drastischer aus: „Bei 262.752 Fällen in 24 Stunden kommen nur Narren auf die Idee, man könne jetzt die Maskenpflicht aufheben“, schimpfte ein Baden-Württemberger auf Twitter.

Der Philologenverband warnt vor Lehrermangel durch hohe Corona-Infektionen. - Foto: gik
Der Philologenverband warnt vor Lehrermangel durch hohe Corona-Infektionen. – Foto: gik

Auch der Philologenverband Rheinland-Pfalz warnt derweil vor steigenden Corona-Infektionen und weiteren Öffnungen: „Aktuell erleben wir an den rheinland-pfälzischen Schulen ein erhebliches Infektionsgeschehen“, sagte die Vorsitzende Cornelia Schwartz. Die Öffnungen in den vergangenen Wochen und gerade über die Fastnachtstage hätten den Schulen „nicht gutgetan“. Die Aufhebung der Maskenpflicht sei „das falsche Signal“, schimpfte Schwartz, man rate der Politik dringend dazu, die Maskenpflicht weiterhin beizubehalten – auch an den Schulen.

Der Philologenverband sieht ansonsten sogar das mündliche Abitur in Gefahr: Den Verband erreichten von Seiten der Lehrkräfte verstärkt Berichte von sogenannten „milden Covid-Verläufen“, die denen einer schweren Grippe mit Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber, starken Erkältungssymptomen und Atemnot ähnelten. Schon jetzt fielen nach Angaben der Schulbehörden mehr als 2000 Lehrer in Rheinland-Pfalz wegen einer Corona-Erkrankung aus, das seien zwischen vier und fünf Prozent – und das in einer Zeit, in der für das mündliche Abitur jede Gymnasiallehrkraft dringend gebraucht werde.

„Gerade angesichts des mündlichen Abiturs sind wir in einer wirklich prekären Lage“, warnte Schwartz: „Für Prüflinge wäre es sehr unangenehm, wenn sie nun auf den eigenen Lehrer oder die eigene Lehrerin verzichten und von fremden Lehrkräften geprüft werden müssten.“ Die jetzige Corona-Welle könnte sich nicht nur gesundheitlich äußerst negativ auf viele Menschen auswirken, sondern auch zu erheblichen Störungen beim Abitur führen, fürchtet sie. Es sei nun „dringend nötig, dass jetzt keine Signale von Seiten der Politik an die Gesellschaft gesendet werden, die Corona-Welle sei vorbei, vielmehr ist weiterhin Vorsicht angebracht.“

Info& auf Mainz&: Mehr zu den jüngsten Corona-Rekordzahlen und dem neuen Omikron-Subtyp BA.2 lest Ihr hier auf Mainz&.  Warum FFP2-Masken herausragend gut vor dem Coronavirus schützen, könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen.