Heute feiert Rheinland-Pfalz Geburtstag, das Bundesland wird 75 Jahre alt – und längst sind seine Regionen zu einer Einheit zusammengewachsen. Doch 75 Jahre nach seiner Gründung schauen die Rheinland-Pfälzer offenbar ausgesprochen kritisch auf ihr Land: Positiv beurteilen die Menschen vor allem Natur und Landschaft im Land, doch rund zwei Drittel empfinden das Land auch als provinziell und wenig modern. Besonders kritisch sehen die Rheinland-Pfälzer die Infrastruktur und die Verkehrspolitik im Land, die politische Führung – und den Katastrophenschutz. Positiv hingegen wird der Ausbau der Präsenz der US-Amerikaner beurteilt.

Natur und Landschaft in Rheinland-Pfalz stehen in der Gunst der Menschen ganz oben. - Foto: gik
Natur und Landschaft in Rheinland-Pfalz stehen in der Gunst der Menschen ganz oben. – Foto: gik

Wie eng fühlen sich die Rheinland-Pfälzer mit ihrem Bundesland verbunden, was sehen sie kritisch, und was schätzen sie besonders an ihrem Bundesland? Vom 28. April bis zum 2. Mai befragte das Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap im Auftrag der SWR-Sendung „zur Sache RP“ 1.161 wahlberechtigte Rheinland-Pfälzer nach ihrer Meinung – die repräsentative Umfrage erfolgte per Telefon sowie Online.

Demnach fühlen sich die meisten Rheinland-Pfälzer 75 Jahre nach der Gründung des Bundeslandes ihrem Land durchaus verbunden, 92 Prozent der Befragten waren mit den Lebensbedingungen in Rheinland-Pfalz zufrieden. Natur und Landschaft, sowie die hohe Lebensqualität vor Ort „sind die zentralen positiven Eigenschaften, die die Menschen in Rheinland-Pfalz besonders mit ihrem Bundesland in Verbindung bringen“, heißt es beim SWR PoliTrend zur Auswertung. Die Rheinland-Pfälzer seien gesellig und traditionsverbunden – doch schon beim Adjektiv „erfolgreich“ schwindet die Zustimmung.

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Nur 69 Prozent der Befragten gaben an, Rheinland-Pfalz mit dem Adjektiv „erfolgreich“ in Verbindung zu bringen, 67 Prozent aber beurteilen das Bundesland als „provinziell“ – und nur 58 Prozent sehen es als „modern“. 75 Jahre nach seiner Gründung hat Rheinland-Pfalz damit ganz offensichtlich einen erheblichen Nachholbedarf, schließlich handelt es sich hier um das Urteil von Menschen, die sich dem Land zum weit überwiegenden Teil stark verbunden fühlen. Das einstige „Land der Reben und Rüben“, das Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) in seinen 16 Jahren Amtszeit zum Land der Wissenschaft und Innovation machen wollte, ist zuletzt offenbar wieder zurückgefallen in der Einschätzung der Menschen.

Baustelle Autobahnkreuz Mainz-Süd: Die Baustelle, die nicht fertig wird. - Foto: gik
Baustelle Autobahnkreuz Mainz-Süd: Die Baustelle, die nicht fertig wird. – Foto: gik

Denn während 85 Prozent die Einkaufsmöglichkeiten als positiv beschrieben, und immerhin 71 Prozent zufrieden mit Schulen und Kitas sind, schwindet die Zufriedenheit dahinter schnell: Nur rund zwei Drittel sind mit der Polizeipräsenz zufrieden (66 Prozent), mit dem Arbeitsplatzangebot (65 Prozent) oder der ärztlichen Versorgung (64 Prozent).

Ganz finster wird es dann beim Bereich Infrastruktur und Verkehr: Nur 34 Prozent sind mit dem Öffentlichen Nahverkehr im Land zufrieden, und nur 33 Prozent mit dem Zustand von Brücken und Straßen – damit sind deutlich mehr als zwei Drittel der Rheinland-Pfälzer mit der Verkehrsinfrastruktur im Land unzufrieden. Tatsächlich sind die Brücken die Sorgenkinder im Land, viele Straßen mit Schlaglöchern übersät, Baustellen scheinen vielfach ein Eigenleben zu führen – nur fertig werden sie nicht. Gerade in Mainz kann man davon ein Lied singen.

 

Die Infrastruktur, die Verkehrspolitik, die Staus und der schlechte Nahverkehr waren denn auch mit Abstand die am häufigsten genannten Mängel – auf Platz zwei kamen dann schon die Politik im Land samt Regierung und Ministerpräsidentin. Als negative Aspekte über Rheinland-Pfalz wurden in der Umfrage zudem Rückständigkeit und Provinzialität genannt, sowie der Umgang mit der Flutkatastrophe im Ahrtal und der nach wie vor mangelhafte Katastrophenschutz.

Der Umgang der Politik mit der Flutkatastrophe im Ahrtal sorgt für Kritik. - Foto: Polizei
Der Umgang der Politik mit der Flutkatastrophe im Ahrtal sorgt für Kritik. – Foto: Polizei

Die Hälfte der Befragten (50 Prozent) urteilte, Rheinland-Pfalz sei auf Katastrophen „weniger gut“ vorbereitet, weitere 14 Prozent nannten die Vorbereitung sogar „schlecht“ – zehn Monate nach der Flut im Ahrtal stellen damit zwei Drittel der Menschen im Land dem Katastrophenmanagement ein ausgesprochen schlechtes Zeugnis aus. Nur 20 Prozent sahen das Land hier gut aufgestellt nur ganze ein Prozent sogar „sehr gut“. Im Ahrtal selbst dürfte die Haltung noch deutlich drastischer ausfallen: „Mit der Politik muss man uns nicht mehr kommen“, sagte Jüngst ein Betroffener gegenüber Mainz&.

Die meisten Sorgen machen sich die Rheinland-Pfälzer derzeit denn auch um den Frieden in Europa (87 Prozent) sowie um die weitere Entwicklung bei Umwelt und Klima (70 Prozent). 58 Prozent sorgen sich aber auch um den Zusammenhalt in der Gesellschaft, die wirtschaftliche Entwicklung macht hingegen nur 57 Prozent Sorgen. Das Bedürfnis nach Sicherheit spiegelt sich auch in dieser Antwort: 64 Prozent fanden es richtig, dass die USA ihre Militärstandorte in Rheinland-Pfalz wegen des Kriegs in der Ukraine verstärken wollen – 23 Prozent halten das für falsch.

Info& auf Mainz&: Den ganzen Poli-Trend zu 75 Jahre Rheinland-Pfalz findet Ihr hier im Internet.