Ein Jahr vor der nächsten Kommunalwahl macht die Opposition im Mainzer Stadtrat mit allerlei Themen mobil: Bei der Stadtratssitzung heute forderte die CDU unter anderem die Offenlegung der Kosten für den Bau der Mainzelbahn, ein umfangreicheres Breitensportangebot in der Mainzer Neustadt sowie einen Regionalausschuss für Rheinhessen. Zudem will die CDU ihrer Forderung nach einer zusätzlichen Rheinbrücke Nachdruck verleihen und warnt vor Auswirkungen der Großbaustelle Große Langgasse auf die Geschäfte in der Straße: Es drohten Insolvenzen. Weitere Themen: der Weinprobierstand am Rhein, der stockende Neubau der Bürgerhäuser – und natürlich der Bibelturm.
Es wird ein spannender Stadtrat, randvoll mit relevanten Stadtthemen: Situation des innerstädtischen Einzelhandels, Bau der Bürgerhäuser und der Ärger rund um den Weinprobierstand, Unfälle mit Straßenbahnen, der mögliche Verkauf der Gonsenheimer Housing Area – der Mainzer Stadtrat hat in dieser Woche wahrlich eine große Bandbreite von Themen. Ein Jahr vor der Kommunalwahl 2019 geben die Parteien Gas – allen voran in diesem Stadtrat die CDU-Opposition. Gleich elf Anfragen und zwei Anträge bringen die Christdemokraten an diesem Mittwoch in den Stadtrat ein.
FDP kritisiert Luftmessstationen: “Niemand hält sich lange an Hauptstraßen auf”
Auf Platz zwei liegen FDP, ÖDP und Freie Wähler mit je vier Anfragen, von SPD, Linken und der Mainzer Bürgerfraktion (früher AfD). Letztere fragt nach Steuerausfällen durch Unternehmensschließungen und nach einer Kostenexplosion bei der Klärschlammverbrennungsanlage, die Linken fragt nach der Wohnsituation von Geflüchteten in der Housing Area und in eigenen Wohnungen in Mainz. Genau eine Anfrage kommt von den Grünen, sie wollen wissen, ob der leer stehende Kiosk auf der Verkehrsinsel in der Kapellenstraße in Gonsenheim weiter genutzt werden wird.
Die FDP fragt unter anderem nach, wie die Altersfeststellung bei minderjährigen Flüchtlingen in Mainz gehandhabt wird und ob die Stadt Konsequenzen aus dem Gutachten der IHK zum Zentrenkonzept ziehen will – das Gutachten hatte das Zentrenkonzept der Stadt erneut kritisch bewertet und eine erneute Überarbeitung empfohlen (mehr demnächst auf Mainz&).
Zudem bezweifelt die FDP die Sinnhaftigkeit der Luftmessstationen in Mainz: In der Nähe der Messstellen Parcusstraße, Zitadelle und Großer Langgasse sei “kaum mit einem längeren Aufenthalt von Fußgängern” und damit auch nicht mit einer längeren Exposition von Stickstoffdioxid zu rechnen, heißt es in der Anfrage der FDP: “Niemand hält sich dauerhaft an Hauptstraßen auf”, deshalb sei doch die Frage, ob überhaupt ein “einziger Mainzer Bürger einer NOx-Belastung von mehr als 40Mikrogramm ausgesetzt.” Mainz drohen im Sommer dieses Jahres wegen der anhaltenden Überschreitung der Stickoxid-Grenzwerte Diesel-Fahrverbote, falls die Deutsche Umwelthilfe vor Gericht Erfolg hat.
FWG und ÖDP: Neubau der Bürgerhäuser und Umrüstung der Mainzer Kläranlage gegen resistente Keime
Die Freien Wähler wiederum haken beim stockenden Neubau der Bürgerhäuser nach: Der Abriss und Neubau der Bürgerhäuser in Hechtsheim, Finthen und auf dem Lerchenberg sei “durch die fehlende Freigabe der ADD Trier in Verzug geraten”, heißt es in der Anfrage, man wolle wissen, wann mit einer verbindlichen Fertigstellung der Gebäude zu rechnen sei. Ferner sorgen sich die Freien Wähler um ausreichende Parkplätze im Umfeld der Rheingoldhalle: Die Sanierung der wichtigsten Mainzer Kongresshalle solle 2020 fertig gestellt sein, nun wolle man von der Verwaltung wissen, ob dabei auch der steigende Bedarf an Parkplätzen berücksichtigt sei, sagte Claus Berndroth – das Parkhaus am Rathaus platze schon jetzt aus allen Nähten.
Die ÖDP will derweil wissen, wo die lange angekündigten “Leitlinien zur Bürgerbeteiligung” aussehen, und was die Pläne der Stadt diesbezüglich sind. Zudem fragt die ÖDP nach dem Stand der Umrüstung der Mainzer Straßenbeleuchtung auf energiesparende LED-Lampen und will wissen, ob man die Mainzer Kläranlage so umrüsten kann, dass auch multiresistente Keime aus dem Wasser gefiltert werden können.
Ordnungsamt: keine größeren Verstöße rund um den Weinprobierstand am Fischtorplatz
Die SPD fragt derweil, was die Stadt gegen Lärm und Verschmutzung rund um den Weinprobierstand der Mainzer Winzer tut. Der Weinprobierstand musste vergangenes Wochenende von seinem Standplatz am Fischtorplatz weichen, weil sich Anwohner anhaltend über Lärm, Müll und wildes Pinkeln beschwerten. Die SPD wollte deshalb von der Verwaltung wissen, wie häufig finden Kontrollgänge oder Patrouillen des Ordnungsamtes im Umfeld des Weinprobierstandes stattfinden?
Man führe “grundsätzlich zunächst zwei Kontrollen durch, nämlich zum Zeitpunkt der Eröffnung und zum Zeitpunkt der Schließung des Weinstandes”, antwortete Ordnungsdezernent Christopher Sitte (FDP), das Umfeld werde zudem “mehrfach in unregelmäßigen Abständen über einen längeren Zeitraum überwacht.” Die bisher durchgeführten Kontrollen hätten zu keinen Beanstandungen der Öffnungszeiten geführt, Verstöße durch Besucher würden entsprechend geahndet, “sofern diese festgestellt werden sollten.”
CDU: Kosten der Mainzelbahn und Ursache für Straßenbahnunfälle
Einen breiten Themenkatalog fächert derweil die CDU auf: Auch sie will wissen, ob vermehrt Drogen im Abwasser festgestellt werden. Zudem fragt die CDU nach Unfällen mit Straßenbahnen: In den vergangenen Wochen und Monaten sei es im Stadtgebiet zu einer Vielzahl von Unfällen mit Straßenbahnen gekommen, nun wolle man wissen, wie die Stadtverwaltung die Sache beurteile und was die Gründe dafür sein könnten. Gleichzeitig fragt die CDU nach den echten Kosten für den Bau der Mainzelbahn: Seit Dezember 2016 fahre die Mainzelbahn durch Mainz, bis heute sei aber unklar, wie hoch die tatsächlichen Kosten für dieses Verkehrsprojekt gewesen seien, kritisiert Fraktionschef Hannsgeorg Schönig: “Eineinhalb Jahre nach Inbetriebnahme der Mainzelbahn ist es an der Zeit, dass die Mainzer Mobilität endlich Zahlen liefert.”
Das Thema ist nicht ohne Brisanz, argwöhnen Kritiker doch, dass der Bau der Mainzelbahn erheblich mehr Geld verschlungen hat, als bislang von Stadt und Mainzer Mobilität bekannt gegeben – und dass seither Geld für notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen der bestehenden Infrastruktur fehlt. Tatsächlich hatte die Mainzer Mobilität selbst eingeräumt, dass etwa für die Ertüchtigung des Wendehammers im Hechtsheimer Ortskern derzeit kein Geld da sei. Auch die Wieder-Instandnahme der Linie 52 vom Jägerhaus Richtung Schinnergraben nach dem schweren Autounfall verzögerte sich monatelang.
Dazu sorgt die Weiche am Mainzer Hauptbahnhof immer wieder für Probleme und Entgleisungen bei Straßenbahnen, und erst vor wenigen Wochen wurden bei einem Unfall mit einer entgleisten Straßenbahn in Mainz-Zahlbach rund zwei Dutzend Menschen verletzt. Auch hier entgleiste eine Bahn an einer Weiche – die Ursache hat die Mainzer Mobilität bis heute nicht mitgeteilt.
CDU: Baustelle Große Langgasse für manche Ladeninhaber existenzbedrohend
Zudem treibt die CDU die Sorge um die Situation der Geschäfte in der Großen Langgasse um: Unter den in diesem Frühjahr gestarteten Umbaumaßnahmen litten vor allem Einzelhändler und Gastronomiebetriebe, viele berichteten von massivem Umsatzrückgang und ausbleibenden Kunden, heißt es in einer Anfrage der CDU. Grund sei die sich ständig ändernde, unübersichtliche Verkehrsführung im Zuge der Baustelle. “Mittlerweile ist die Situation für einige Ladeninhaber existenzbedrohend”, heißt es weiter, “etliche haben angekündigt, in nächster Zeit Mitarbeiter entlassen zu müssen.” Nun wolle man wissen, welche Hilfen die Stadt den betroffenen Unternehmern anbieten könne.
Das Baustellenmanagement der Stadt war vergangenes Jahr auf scharfe Kritik gestoßen, weil die Geschäfte am Schillerplatz und in der Schillerstraße nur mangelhaft über Baumaßnahmen informiert worden waren. Die Stadt hatte daraufhin Besserung gelobt. Die SPD-Stadtratsfraktion sprach deshalb auch von “reiner Panikmache”, die CDU “erfindet Probleme wo keine sind”, schimpfte der Mainzer SPD-Chef Marc Bleicher. Hier würden “mit haltlosen Behauptungen gezielt Existenzängste der Menschen geschürt.” Die von der CDU geschilderten Auswirkungen seien bisher gar nicht aufgetreten, die Arbeiten an der Großen Langgasse “zwingend notwendig, um den langen Investitionsstau abzuarbeiten.”
CDU Mainz-Neustadt fordert mehr Breiten- und Kindersport
Die CDU in der Mainzer Neustadt fordert derweil ein umfangreicheres Breiten- und Kindersportangebot für die Mainzer Neustadt. “Das aktuelle Sportangebot ist für einen Stadtteil in der Größe der Mainzer Neustadt absolut unzureichend”, sagte der CDU-Stadtbezirksvorsitzende Karsten Lange. Zwar gebe es ein gutes Angebot an Fitnessstudios, aber das Vereinssportangebot schwächele stark: “In der Neustadt leben viele Menschen, die über ein geringes Einkommen verfügen und für sich und ihre Kinder einen preiswerten Zugang zu Breitensportangeboten benötigen”, sagte Lange. Vereine wie der Sportverein “Solidarität” spielten da eine wichtige Rolle und müssten gestärkt werden.
Die CDU fordert deshalb eine bessere Zugänglichkeit der bisher verschlossenen Sportanlagen im Stadtteil für Freizeit- und Vereinssportler, eine bevorrechtigte Raum- und Platzvergabe an Sportvereine sowie ein sportpädagogisches Projekt für Kinder und Jugendliche. Zudem müsse die Sporthalle im Mainzer Zollhafen gebaut werden – und die Stadt solle den Belag der Rollschuhbahn auf dem Goetheplatz durch einen rollschuhgeeigneten Belag austauschen.
Ein großes Thema wird auch die geplante Vergabe der Gonsenheimer Housing Area an die Wohnbau spielen, die auf dem ehemaligen US-Gelände Wohnraum errichten will – viele Gonsenheimer fürchten hier ein Zubauen des noch weitgehend grünen Areals. Die CDU fordert, das Grün zu erhalten und die Bürger des Stadtteils bei der Entwicklung eines gemeinsam Projektes für Alters- und generationenübergreifendes Wohnen einzubeziehen. Mehr dazu demnächst bei Mainz&.
Dreieinhalb Wochen nach dem Bürgerentscheid zum Bibelturm am Gutenberg-Museum gibt es dazu nun die ersten Initiativen für die Entwicklung eines neuen Konzeptes – wie Mainz& erfuhr, wurden dazu in den vergangenen Tagen hinter den Kulissen intensive Gespräche geführt. Bilden wird sich nun ein Runder Tisch mit allen Seiten und Beteiligten – dazu erzählen wir Euch morgen mehr.
Freie Wähler wollen Tonaufzeichnungen der Ratssitzungen für die Bürger
Mainzer Bürger können übrigens jederzeit die Sitzungen des Mainzer Stadtrats besuchen, bis auf den nicht-öffentlichen Teil kann man die Sitzung live von der Besuchertribüne des Ratssaals verfolgen. Allerdings beginnt die Ratssitzung bereits um 15.00 Uhr – normal arbeitende Bürger haben da meist keine Chance anwesend zu sein. Die Freien Wähler stellen deshalb nun einen Antrag, Tonaufzeichnungen der Ratssitzungen zu erstellen, und sie den Mainzern im Ratsinformationssystem zur Verfügung zu stellen. Die Sitzungen würden ohnehin für Archivzwecke aufgezeichnet und aufbewahrt, argumentieren die Freien Wähler, dann könne man sie auch den Bürgern zur Verfügung stellen. Die Verwaltung solle nun Vorschläge unterbreiten, wie die Satzung des Rates entsprechend geändert werden könne.
In Zeiten der Digitalisierung könnte Mainz auch noch einen Schritt weiter gehen: Im Mainzer Landtag gibt es bereits seit einigen Jahren einen Livestream. Auf der Internetseite des Landtags selbst sowie im Landtags-eigenen Youtube-Channel können hier Bürger die Sitzungen des rheinland-pfälzischen Parlaments live mitverfolgen – ohne selbst im Mainzer Landtag sitzen zu müssen.
Info& auf Mainz&: Alle Themen, Anfragen und Anträge zum Mainzer Stadtrat könnt Ihr Euch auch selbst im Internet durchlesen – es ist durchaus interessant, in den Unterlagen zu stöbern. Unter www.mainz.de gibt es im Ratsinformationssystem einen eigenen Zugang für die Bürger, hier findet Ihr Unterlagen zu Ausschüssen und eben auch zum Mainzer Stadtrat.