Paukenschlag am Montag aus dem Vatikan: Die Glaubenskongregation der katholischen Kirche verbot jede Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, in Deutschland sorgt das für große Empörung. Am Dienstag reagierte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf – und verteidigte weiterhin alternative Segensformen für gleichgeschlechtliche Paare. Viele gläubige Menschen seien durch das Verbot aus dem Vatikan „enttäuscht und verletzt, keineswegs nur unmittelbar Betroffene“, sagte Kohlgraf, er nehme dies sehr ernst. Deutlicher wurden indes Kirchenvertreter aus Worms und Speyer.

Die katholische Kirche tut sich weiter schwer mit der Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare. - Foto: gik
Die katholische Kirche tut sich weiter schwer mit der Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare. – Foto: gik

Am Montag hatte die Glaubenskongregation im Vatikan eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare grundsätzlich abgelehnt. Gott könne „Sünde nicht segnen“, heißt es in dem Papier, Hintergrund ist die Einstellung der katholischen Kirche zur Institution der Ehe: Danach ist nur eine Ehe zwischen Mann und Frau Gott gefällig, weil nur diese Ehe Teil von Gottes Plan zur Schaffung neues Lebens sei. Homosexuelle seien mit Würde und Respekt zu behandeln, betont das Papier zwar, gleichgeschlechtliche Partnerschaften könnten aber nicht von der Kirche gesegnet werden. Gott „segnet Sünde nicht und kann es nicht: Er segnet den sündigen Menschen, auf dass er anerkennen möge, dass er Teil seines Plans der Liebe ist und es zulässt, sich von ihm verändern zu lassen“, zitiert die Tagesschau aus dem Dokument.

In Deutschland sorgten diese Aussagen für Fassungslosigkeit und Wut. „Ich glaub’s ja nicht… im wahrsten Sinne des Wortes, diese Stellungnahme aus Rom macht mich fassungslos“, sagte der Wormser Dompropst Tobias Schäfer in einem viel beachteten Video-Statement auf Facebook: „Wenn die Kirche keine Vollmacht hat zu segnen, wo immer Menschen sich nach Segen sehnen: hat sie da nicht ihre ureigenste Aufgabe aufgegeben?“ Segen sei doch „kein Instrument für moralisches Urteil, sondern die Zusage, dass Gott da ist, das er mit uns geht“, betonte Schäfer, und kritisierte: „Was für eine Hybris zu glauben, wir müssten Gott vor mutmaßlich sündigen Situationen schützen; wir müssten den Segen Gottes schützen, dass ja er nicht die ‚Falschen‘ erreicht.“

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Wo die Kirche glaube, „sich zur Wächterin über den Segen Gottes machen zu müssen, ist sie kein Segen mehr für die Welt“, betonte Schäfer. Er glaube nicht, „dass Schwule, Lesben, Transgender sündige Menschen sind“, schreibt Schäfer weiter, „sie sind von Gott geliebt wie jeder liebende Mensch. Und stehen unter Gottes Segen.“ Er habe als Priester seinem Bischof und seiner Kirche Gehorsam geschworen, „doch gibt es gerade um diesen Gehorsam willen auch einen Punkt, wo ich sagen muss: Den Segen Gottes zu spenden, wer immer ihn braucht, erbittet und ersehnt: das kann und werde ich niemandem verweigern“, betonte Schäfer – und flankierte seine Worte mit dem berühmten Luther-Zitat: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders…“

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bei einem Gottesdienst in der Gotthardkappelle in der Corona-Pandemie. - Foto: Bistum Mainz
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bei einem Gottesdienst in der Gotthardkappelle in der Corona-Pandemie. – Foto: Bistum Mainz

Schäfer war nicht der einzige, der deutliche Worte fand: Eine Vertreterin der Frauenbewegung Maria 2.0 kritisierte die Vatikan-Stellungnahme als „Engstirnigkeit und theologische Ahnungslosigkeit“: „Gott kann viel mehr, als Ihr verbohrten alten Männer glauben wollt“, schrieb Martina Freisinger, ebenfalls auf Facebook, „denn Gott ist Gott, und damit allmächtig und grenzenlos liebend.“

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf äußerte sich hingegen zurückhaltend: Ihn hätten „viele Rückmeldungen erreicht, die ihr Unverständnis und ihre Enttäuschung“ äußerten, teilte Kohlgraf am Dienstag schriftlich mit: „Viele gläubige Menschen sind dadurch enttäuscht und verletzt, keineswegs nur unmittelbar Betroffene.“ Er nehme dies sehr ernst. Seine eigene Einstellung zu dem Thema machte Kohlgraf indes sozusagen durch die schriftliche Blume deutlich: Er habe sich schon im Februar in einem Beitrag in der Kirchenzeitung „Glaube und Leben“ zum Thema Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare geäußert – zu seinen Äußerungen „stehe ich nach wie vor“, betonte Kohlgraf.

In dem Artikel ging es um ein gerade erschienenes Buch auch von Mitarbeitern des bischöflichen Ordinariats in Mainz, das Beispiele liturgischer Segensfeiern vorstellt, die unter anderem auch gleichgeschlechtlichen Paaren von Seelsorgern angeboten wurden. „Ich habe die Veröffentlichung des Buches befürwortet“, betonte Kohlgraf im Februar. Das Buch werte nicht, es sammele „Beispiele aus der Praxis“ – Beispiele auch von Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare. Diese Feiern seien „zumeist gegen die kirchliche Ordnung, aber es gibt sie und wird sie weiter geben“, schrieb Kohlgraf, und fügte hinzu: „Kann ich als Bischof einen Segen rückgängig machen? Will ich derart viel zartes Porzellan bei glaubenden Menschen zerbrechen? Mir erscheint dies wenig sinnvoll.“

Schwule Paare feierten den ersten Christopher Street Day 2014 im Schatten des Mainzer Doms. - Foto: gik
Schwule Paare feierten den ersten Christopher Street Day 2014 im Schatten des Mainzer Doms. – Foto: gik

Die Segensfeiern seien meist weder kirchlichen Trauungen nachgebildet, noch würden sie den Anspruch erheben, eine Einheitsliturgie zu entwickeln, sie seien vielmehr „entstanden aus der seelsorglichen Begleitung der betroffenen Menschen“, so der Mainzer Bischof weiter. „Seelsorgerinnen und Seelsorger haben Menschen begleitet und über das Gute ihres Lebens den Segen gesprochen“, sagte Kohlgraf – und machte deutlich: Genau das halte er für richtig. Das Verbot nehme er „als Auftrag und Ansporn“, im Bistum Mainz verstärkt seelsorgliche Angebote und Konzepte gemeinsam mit homosexuellen Menschen zu entwickeln.

Manche Katholiken wünschten sich danach aber klarere Worte ihres Mainzer Bischofs – so, wie sie der Generalvikar des Bistums Speyer auf Facebook fand: Er habe immer wieder schwule und lesbische Paare kennengelernt, die ihr Leben mit allen Höhen und Tiefen gemeinsam gestaltet hätten, und die auch in tiefsten Krisen füreinander dagewesen seien, schreibt Andres Sturm auf seiner Facebookseite: „Ich habe Wohnungen, Autos, Fahrstühle, unzählige Rosenkränze usw. gesegnet und soll zwei Menschen nicht segnen können, die sich lieben? Das kann nicht Gottes Wille sein.“

Info& auf Mainz&: Mehr zum Verbot der Segnungen durch die katholische Glaubenskongregation lest Ihr hier bei Tagesschau.de. Mehr zur Protestaktion Maria 2.0 haben wir hier bei Mainz& berichtet.

 

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