Hält die Stadt Mainz seit Monaten ein kritisches Gutachten zur geplanten ECE-Shopping-Mall zurück? Das behauptet die Bürgerinitiative Ludwigsstraße. Bei einer Akteineinsichtnahme habe man „ein hoch brisantes Gutachten“ gefunden, sagte BI-Sprecher Hartwig Daniels, das der Stadtvorstand seit sieben Monaten geheim halte. Das wäre in der Tat ein Skandal. Derweil fordern ÖDP und der SPD-Stadtrat Andreas Behringer den Ausstieg aus dem Mall-Projekt. Und OB Ebling will sich noch in diesem Monat mit ECE-Chef Otto treffen.

Karstadt mit Vorplatz und Apotheke Die Bürgerinitiative Ludwigstraße argwöhnt ja schon seit Monaten, dass das ECE-Projekt zum Scheitern verurteilt ist und warnt vor den katastrophalen Auswirkungen eines Rieseneinkaufszentrum an der Ludwigstraße. Dort will eigentlich der Investor ECE aus dem Karstadt-Haus und den angrenzenden Gebäuden eine Shopping Mall von gut 26.500 Quadratmeter Fläche plus 3.000 Quadratmeter Gastronomie errichten.

BI: Auswirkungsanalyse seit sieben Monaten unter Verschluss

Die BI nutzte nun noch einmal die Möglichkeiten des Informationsfreiheitsgesetzes, um einen Einblick in die Unterlagen der Verhandlungen zwischen Stadt Mainz und ECE zu nehmen. „Die Akteneinsichtnahme hat offenbart, dass im Stadtvorstand ein hoch brisantes Gutachten der Firma Bulwien Gesa vorliegt“, sagte Daniels am Donnerstag in Mainz. Bulwien Gesa ist nach eigenen Angaben in Europa eines der großen unabhängigen Analyseunternehmen der Immobilienbranche.

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Bei dem Gutachten handelt es sich laut Daniels um eine „Auswirkungsanalyse“, in der die Folgen einer Shopping-Mall mit 26.500 Quadratmetern zusätzlicher Verkaufsflächen auf den Mainzer Einzelhandel detailliert untersucht. Und offenbar stehen darin kritische und brisante Fakten: „Der Stadtvorstand hält das Gutachten seit sieben Monaten geheim, nicht einmal die Mitglieder des Stadtrats kennen das Gutachten“, sagt Daniels.

Und so eine Geheimhaltung mache man „nicht ohne Grund“, sagt Daniels. Außerdem sei schon die Geheimhaltungsstrategie „bereits ein Skandal an sich.“ Die BI kündigte an, sie werde die gefunden Akten nun analysieren und sie kommende Woche im Internet veröffentlichen – inklusive des Einzelhandels-Gutachtens. China Pavvillon Ludwigstraße

Zündstoff für Gespräch zwischen OB Ebling und ECE-Chf Otto

Das dürfte neuen Zündstoff geben, auch für das Gespräch zwischen Oberbürgermneister Michael Ebling (SPD) und dem ECE-Chef Ralf Otto, das irgendwann im Mai stattfinden soll. Es wird wohl ein Krisengespräche werden, Ebling kündigte jedenfalls in der Allgemeinen Zeitung an, er wolle mit dem ECE-Mann Klartext reden. Das wird ja auch wirklich mal Zeit.

Das ECE-Projekt hängt nämlich seit Monaten in der Schwebe, in der Immobilienszene wird gemutmaßt, das Unternehmen wolle sich von großen Einkaufszentren verabschieden, weil deren Zeit vorbei sei. Und in Mainz hat ECE außerdem große Probleme; die noch fehlenden Grundstücke zu erwerben: Der China-Pavillion wird nicht verkauft, das Haus der Deutschen Bank bislang auch nicht. Ausführlich könnt Ihr das hier und hier bei Mainz& nachlesen.

Behringer: „Time to say Goodbye“

„Time to say Goodbye“, kommentiert deshalb der SPD-Stadtrat Andreas Behringer die Entwicklung, der ja auch in der Altstadt lebt. Endlich öffne sich die Stadtspitze kritischen Überlegungen und Alternativen zum ECE-Center und erkenne, „dass uns Denkverbote nicht weiterhelfen“, betont Behringer. ECE sein übrigens gar nicht an der Grundstücksfrage gescheitert, vielmehr habe sich ECE bereits 2011 für gut 14 Millionen Euro eine Option auf das Deutsche-Bank-Gebäude gesichert. „Diese Option hat ECE im Jahr 2013 aus rein ökonomischen Gründen auslaufen lassen“, betont Behringer.

Der Grund: die jüngsten ECE-Shopping-Center hätten sich deutschlandweit als Flops erwiesen. Shopping-Center seien nämlich besonders vom Internet-Handel bedroht, daher ziehe die ECE-Eigentümer-Familie Otto „zunehmend bei den Bauprojekten die Notbremse“, sagt Behringer. Gleichzeitig warnt der SPD-Politiker davor, ECE einfach durch einen anderen „Shopping-Center-Entwickler aus der zweiten Reihe ersetzen zu wollen.“

Behringer: Alternative ist kleinteiliges Stadtquartier

Grafik ECE Shopping Mall Mainz Ebling hatte im AZ-Interview den Betreiber der Ingelheimer „Neuen Mitte“ ins Gespräch gebracht, Behringer hält das für falsch: „Es war städtebaulich wie ökonomisch eine Schnapsidee, ein Shopping-Center ins Herz von Mainz hineinklotzen zu wollen“, betont Behringer, und fordert: „Wer sich diesen Klotz nicht länger ans Bein binden möchte, muss die Idee endgültig politisch begraben.“

Die Alternative seien ein offenes und kleinteiliges Stadtquartier: Sanierung von Karstadt, Abriss des Parkhauses, Erhalt des wertvollen Deutsche-Bank-Gebäudes und die Wiederherstellung des Gutenbergplatzes im napoleonischen Maßstab. „Dafür lohnt es sich, einen Investor zu finden, nicht für ein Shopping-Center von vorgestern“, fügte Behringer hinzu,

Unterstützung erhält er davon von der ÖDP: Der Stadtvorstand müsse die Möglichkeit zum Ausstieg aus dem ungeliebten ECE-Projekt zu nutzen und „die Hängepartie in bester Innenstadtlage endgültig beenden“, fordert ÖDP-Einzelhandelsexpertin Dagmar Wolf-Rammensee. „ECE will nicht zu Mainz passen“, betont sie, das hätten die bisherigen Verhandlungsjahre gezeigt. Dass Ebling Otto zum Rückzug auffordere, sei „überfällig.“

ÖDP: Ausstieg jetzt

„Die Stadt hält schon viel zu lange in unbegründetem Vertrauen an ECE fest“, kritisiert Wolf-Rammensee. Mainz habe jetzt die Chance „die Totgeburt eines Einkaufsmolochs in der Ludwigsstraße zu verhindern.“ Man könne andere Investoren finden, die sich an die vom Stadtrat beschlossenen Leitlinien halten „ECE ist beileibe nicht das Maß aller Dinge“, fügte sie hinzu.

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