Was tun gegen einen Blackout? Die Frage ist nicht banal – und sie ist durchaus aktuell: Seit dem Krieg in der Ukraine sind auch die deutschen Stromnetze unter Druck, am Sonntag bat die baden-württembergische Netzgesellschaft TransNetz BW die Bürger in dem südlichen Bundesland, zwischen 17.00 Uhr und 19.00 Uhr Strom zu sparen – es drohten massive Schwankungen im Stromnetz. In Koblenz haben sie bereits im November 2022 ein umfangreiches Konzept für den Fall eines großen Stromausfalls vorgelegt – in Mainz fehlen solche umfassenden Vorsorgepläne bislang. Experten fordern derweil Konzepte mit Kat-Leuchttürmen und Notfallplänen, so wie jetzt in Koblenz vorgestellt.

Am Sonntag sprang die Stromampel in der App "StromGedacht" auf einmal auf Rot - und warnte damit vor einer Netzüberlastung. - Screenshot: gik
Am Sonntag sprang die Stromampel in der App „StromGedacht“ auf einmal auf Rot – und warnte damit vor einer Netzüberlastung. – Screenshot: gik

Es war eine Meldung am Sonntag, die aufhorchen ließ: Man bitte die Bürger in Baden-Württemberg, ihren Stromverbrauch mit Akkuladungen oder Haushaltsgeräten doch bitte vorzuziehen – und diese nicht zwischen 17.00 Uhr und 19.00 Uhr ans Netz zu nehmen, teilte die Transnetz BW mit. Der Grund: Die Situation im Stromnetz sei „angespannt“, wegen dem hohen Windaufkommen im Norden drohten erhebliche Schwankungen, die durch Zukauf aus dem Ausland ausgeglichen werden müssten.

Kommuniziert wurde die Bitte vor allem über die App „StromGedacht“, in der informiert eine „Strom-Ampel“ über die Lage im Stromnetz Baden-Württemberg – für Rheinland-Pfalz gibt es so etwas nicht. Am Sonntag sprang die Stromampel zwischen 17.00 Uhr und 19.00 Uhr auf Rot. Das bedeute nicht, dass Stromabschaltungen zu befürchten seien, beruhigte TransNetz BW, rief aber gleichzeitig die Bürger zum Stromsparen auf – um genau das zu vermeiden. Das Szenario ist durchaus realistisch: Im August 2022 warnten etwa die Stadtwerke Wiesbaden vor einer Überlastung des Stromnetzes durch strombetriebene Heizlüfter – würden massenhaft solcher Geräte gleichzeitig eingesetzt, könne das zu einem Blackout führen.

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Blackout auch für Kassen, Eingangstüren, Geldautomaten

„Wir entscheiden zwischen Blackout und Brownout“, sagt Ulrike Mohrs (CDU), Bürgermeisterin von Koblenz und dort zuständig für den Katastrophenschutz: Ein „Brownout“ sei eine aktive Stromabschaltung durch den Netzbetreiber, mit dem eine Überlastung der Netze verhindert werden solle. Ein „Blackout“ hingegen sei genau das: ein länger anhaltender Ausfall  des gesamten Stromnetzes – und das hätte erhebliche Konsequenzen.

Gefahr für das Stromnetz droht durch Überlastung - oder durch Hackerangriffe, durchaus auch aus Russland. - Foto: gik
Gefahr für das Stromnetz droht durch Überlastung – oder durch Hackerangriffe, durchaus auch aus Russland. – Foto: gik

Denn ein echter Blackout würde nicht nur die Städte und Landstriche in Dunkelheit tauchen, Heizungen lahmlegen und Lifte stoppen, er würde auch die gesamte Infrastruktur lahmlegen. „Was alles ausfällt, wenn der Strom ausfällt, da denken viele nicht dran“, betonte Mohrs, und zählt auf: Auch Eingangstüren von Supermärkten, Kassen oder Geldautomaten funktionierten nur mit Strom. „Viele Menschen gehen täglich einkaufen, die sehen bei einem Blackout alt aus“, sagte Mohrs, und plädierte für eine Vorratshaltung mit haltbaren Lebensmitteln.

Auch ein Klärwerk brauche Energie, um „den ganzen Schlamassel aus den Haushalten ins Klärwerk zu pumpen“, erklärte Mohrs, Krankenhäuser bräuchten ebenfalls Notstrom, ebenso Verwaltungen und Feuerwehren. In Koblenz tagte deshalb bereits seit August 2022 ein Verwaltungsstab. im November legte die Stadt ein umfangreiches Notfallkonzept für den Fall einer Energiekrise vor. „Wir haben in der Pandemie und der Ahrflut gemerkt: man muss vor die Lage kommen“, betonte Mohrs: „Wenn man anfängt darüber nachzudenken, was man macht, wenn der Blackout da ist, ist es zu spät.“

Vorbildliches Koblenzer Notfallkonzept für 96 Stunden

Im Dezember stellte Mohrs den Koblenzer Notfallplan im Fall eines Blackouts in Mainz vor, auf Einladung der Mainzer CDU. Denn in Mainz gibt es vergleichbares bisher nicht: Tatsächliche gebe es auch hier eine Verwaltungsstab für Krisenlagen, der Katastrophenschutz sei aber beim Oberbürgermeister verankert, sagte die Mainzer Ordnungsdezernentin Manuela Matz (CDU), die Kandidatin der CDU bei der OB-Wahl ist.

Die Koblenzer Bürgermeisterin Ulrike Mohrs (CDU, links) war auf Einladung der Mainzer CDU-OB-Kandidatin Manuela Matz zu Gast. - Foto: gik
Die Koblenzer Bürgermeisterin Ulrike Mohrs (CDU, links) war auf Einladung der Mainzer CDU-OB-Kandidatin Manuela Matz zu Gast. – Foto: gik

In dem Krisenstab sei auch das Ordnungsamt vertreten, „nur für das bin ich zuständig“, betonte Matz – die Gesamtplanung und Koordinierung aber liege beim Oberbürgermeister – und der hieß bis zum 13. Oktober Michael Ebling (SPD). Im Stadtvorstand sei 2022 „über dieses Thema nicht geredet worden“, sagte Matz weiter, die Kommunikation zwischen den Dezernaten sei „eher dürftig“. „Wir müssen das Thema dringend angehen“, betonte Matz – und da helfe es sicher nicht, „von den Besten zu lernen.“

Tatsächlich ist das Koblenzer Konzept bundesweit vorbildlich, denn es sieht einen Gesamtplan in Sachen Vorsorge bei einem Stromausfall vor. Die Stadt habe im Dezember 16 Notstromaggregate an die Feuerwehr übergeben, berichtete Mohrs, auch die Trinkwasserbrunnen sowie die Krankenhäuser in Koblenz seien alle mit Notstrom ausgerüstet. Mit einem Tanklager habe man ein Abkommen über Benzin-Nachschub getroffen. Auch gebe es Nahrungsmittelversorgungsämter in der Stadtverwaltung, die im Notfall hochgefahren werden könnten, dazu Absprachen mit großen Lebensmittelmärkten, damit diese im Notfall auch ohne Strom Lebensmittel ausgäben.

Leuchttürme, Wärmeinseln und Leuchtpunkte für Strom und Infos

Dazu sieht der Koblenzer Notfallplan die Einrichtung von speziellen „Leuchttürmen“ vor: Im Bürgeramt der Stadt sowie im Bauberatungszentrum sollen Informationen für Bürger und wichtige Leistungen für den Notfall vorgehalten werden. 30 Minuten nach Beginn der Krise sollen zudem in elf Stadtteilen sogenannte „Leuchtpunkte“ öffnen, und zwar an den Feuerwehrhäusern: „Hier haben wir Notstrom und können Informationen für die Bevölkerung aushängen“, erklärte Mohrs. Die Menschen könnten an den Leuchtpunkten ihre Handys aufladen und Hilfe holen für medizinische Notfälle.

Die Koblenzer Bürgermeisterin Ulrike Mohrs (CDU) mit dem Flyer zum Vorsorgeplan im Fall eines Blackouts. - Foto: gik
Die Koblenzer Bürgermeisterin Ulrike Mohrs (CDU) mit dem Flyer zum Vorsorgeplan im Fall eines Blackouts. – Foto: gik

Zudem sollen elf Grundschulen im Krisenfall als „Wärmeinseln“ fungieren, an denen sich Menschen ohne Heizung aufwärmen können. In drei Evakuierungshallen – Sporthallen im Stadtgebiet – könne man insgesamt 600 Menschen eine Notfallunterkunft bieten, berichtete Mohrs weiter, das reiche aber nur für die, denen es „wirklich dreckig geht“, betonte sie weiter: „Im Notfall werden die Menschen zusammenrücken müssen bei denen, die einen Kamin oder Kachelofen haben.“

Mit der Sparkasse sei besprochen, dass die im Notfall Bargeld auszahlen könne, für den städtischen Fuhrpark gebe es die Anweisung, den Tank im Winter nicht leer zu fahren: Fällt der Marker unter halb, muss getankt werden. Zur Vorsorge verteilte die Stadt Koblenz im Dezember zudem an alle Haushalte einen Informationsflyer, der auch Tipps für das Anlegen von Lebensmittel- und vor allem Wasservorräten enthält. Die Liste mahnt auch zum Bereithalten von Kerzen und Taschenlampen, von Campingkochern, Reservebatterien und einer Bargeld-Reserve für zwei Einkäufe.

Experten fordern bessere Vorsorge mit Kat-Leuchttürmen

Ausgelegt sei der Notfallplan auf 96 Stunden, sagte Mohrs weiter: „Wir planen mit vier Tagen, weil wir fest davon ausgehe, dass dann der Strom wieder da ist.“ Der Plan sei mit den Ortsvorstehern besprochen und in großer Einmütigkeit im Stadtvorstand erarbeitet und aufgestellt worden, sagte Mohrs weiter. In so einer Lage sei es ratsam, nicht mit Hilfe von außen zu rechnen, betonte die Bürgermeisterin weiter: „Ich gehe immer noch davon aus, dass es nicht kommt – aber wenn es kommt, wollen wir Pläne in der Schublade haben, die wir nur rausziehen müssen.“

Legte ein ausführliches Konzept für besseren Katastrophenschutz in Rheinland-Pfalz vor: Ex-THW Präsident Albrecht Broemme. - Foto: THW
Legte ein ausführliches Konzept für besseren Katastrophenschutz in Rheinland-Pfalz vor: Ex-THW Präsident Albrecht Broemme. – Foto: THW

Genau eine solche Vorsorgeplanung mit Wärmeinseln und „Leuchttürmen“ als Anlaufstellen für die Bevölkerung im Notfall fordern Experten für Katastrophenschutz seit Langem für alle Städte in Deutschland, So hatte etwa der frühere Präsident des THW-Bundesverbandes, Albrecht Broemme, in einem Zehn-Punkte-Papier für besseren Katastrophenschutz für das Land Rheinland-Pfalz explizit solche Kat-Leuchttürme gefordert – und dazu deutlich mehr Vorausdenken, Vorsorge und Planung in den Kommunen.

In Mainz hatte bisher vor allem CDU, ÖDP, Freie Wähler und AfD genau solche Konzepte für Notfälle und Krisen gefordert. Im April 2022 hatte die Stadt Mainz etwa auf Anfrage der ÖDP einräumen müssen: Nein, Bunker für Kriegsfälle gebe es in Mainz keine mehr – und auch keine Evakuierungspläne für konkrete Krisenfälle. Flyer zur Information für Notfälle existieren ebenso wenig wie mehrsprachige Informationsplattformen, räumte der damalige Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) und heutige Innenminister ein. Es gebe aber eine festgelegte Auswahl von Sporthallen, die im Krisenfall flexibel als Notunterkünfte eingerichtet werden könnten.

Mainz: „Thema eines Stromausfalls betrachtet“

Aus den Parteien der regierenden Ampel-Koalition, Grüne, SPD und FDP kamen solche Vorstöße bislang nicht – im Dezember-Stadtrat stellte FDP-Stadträtin Cornelia Wilius-Senzer pikanterweise eine „persönliche Anfrage“, wie sich die Stadt denn auf eine mögliche Blackout-Gefahr vorbereite – offenbar mochte man aus der Fraktion der FDP heraus, diese Anfrage nicht stellen. In der Antwort der Stadt heißt es, man habe „im Rahmen einer möglichen Gasmangellage auch das Thema eines Stromausfalls betrachtet.“

In Mainz ist nur das Stadthaus in der Großen Bleiche mit Notstrom ausgerüstet. - Foto: gik
In Mainz ist nur das Stadthaus in der Großen Bleiche mit Notstrom ausgerüstet. – Foto: gik

Als vorbereitende Maßnahmen seien Stromerzeuger und Elektromaterial zur Sicherstellung der Betriebsfähigkeit der Gerätehäuser der Freiwilligen Feuerwehren sowie Satellitentelefone für die Stadtverwaltung beschafft worden. Ein Konzept für den Betrieb von Notrufmeldestellen sei erarbeitet und befinde sich „derzeit in der finalen Abstimmung.“ Bevölkerung oder Presse wurden solche Konzepte bislang nicht vorgestellt. Die Nutzung von Kachelöfen oder Kaminöfen müsse Schornsteinfeger genehmigt werden, heißt es in der Antwort der Stadt zudem – das gelte auch für Notsituationen.

In Koblenz hat die Stadt eine eigene Homepage mit ausführlichen Informationen zum Fall eines Blackouts eingerichtet, Vorsorgetipps und Flyer zum Download inklusive. „Wir hoffen, dass es nicht zu einem längeren Stromausfall kommen wird, trotzdem müssen wir uns vorbereiten, um bestmöglich gewappnet zu sein“, heißt es dort im Grußwort von Oberbürgermeister David Langner (SPD): „Deshalb informieren wir Sie mit dieser Seite darüber, welche Vorkehrungen Sie treffen sollten und wie Sie sich im Falle eines Blackouts verhalten.“

Info& auf Mainz&: Die Homepage der Stadt Koblenz zur Vorsorge gegen Blackout findet Ihr hier im Internet, einen ausführlichen Bericht über das Gutachten Broemmes für den besseren Katastrophenschutz in Rheinland-Pfalz lest ihr hier bei Mainz&. Mehr zur StromGedacht-App und der Aufforderung zum Stromsparen am vergangenen Sonntag findet ihr hier im Internet.

Flutkatastrophe Ahrtal: Experte Broemme schlägt Landesamt für Katastrophenschutz vor – Krisenstäbe und Katastrophen-Leuchttürme