Jetzt ist es amtlich: Die vorgezogene Bundestagswahl nach dem Bruch der Berliner Ampel soll am 23. Februar 2025 stattfinden. Damit steht den Mainzer Narren ein Spagat bevor: Die Wahl findet eine Woche vor dem Fastnachtshöhepunkt statt – und damit mitten in der Hochphase der Saalfastnacht. Die Stadt Mainz sieht sich trotz der knappen Fristen für die Wahlen gewappnet, die Fastnachter bitten unterdessen: Verschont die Fastnachter bei der Suche nach Wahlhelfern! Ohnehin bedeutet die Wahl in der Fastnachtszeit gehörigen Stress gerade für die politischen Redner: Sie müssen ihre Reden ständig an die aktuelle Lage anpassen.

Garden am 11.11.2024 auf dem Schillerplatz in Mainz: Anfang 2025 ist jetzt das Volk gefragt - mitten in der Narrenzeit. - Foto: gik
Garden am 11.11.2024 auf dem Schillerplatz in Mainz: Anfang 2025 ist jetzt das Volk gefragt – mitten in der Narrenzeit. – Foto: gik

Vor knapp einer Woche war die Berliner Ampel-Koalition am Streit über den Haushalt und die Wirtschaftspolitik gescheitert, vergangenen Mittwoch entließ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Streit. Was folgte, war ein tagelanges Gezerre um die Frage: Wann wählt Deutschland einen neuen Bundestag? Scholz wollte zunächst einen Termin Ende März, das kritisierte die Opposition vehement als parteipolitische Verzögerungstaktik – am Sonntagabend lenkte Scholz nach tagelangem Dauerfeuer in der Sendung „Caren Miosga“ ein.

Am Dienstagabend einigten sich nun SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und CDU-Oppositionschef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz auf einen neuen Fahrplan, dem Bundespräsident Frank Walter Steinmeier am Abend sein Plazet gab. Danach wird nun der Bundestag am 16. Dezember über die Vertrauensfrage von Kanzler Scholz abstimmen. Verliert dieser die Vertrauensfrage wie geplant – Scholz hat seit dem Austritt der FDP aus der Ampel keine Mehrheit mehr im Bundestag -, hat der Bundespräsident 21 Tage Zeit, den Bundestag aufzulösen.

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Steinmeier will „rasch“ Bundestag auflösen – Zuletzt vor zehn Jahren

Steinmeier kündigte am Abend an, er werde „rasch über die Auflösung entschieden“ – de facto steht dieser Beschluss bereits fest. Entscheidend ist indes der Zeitpunkt dieser Auflösung, denn danach muss binnen 60 Tagen ein neuer Bundestag gewählt werden, so sieht es das Grundgesetz vor, um lange Vakanzen zu vermeiden. Zuletzt war dies vor zehn Jahren der Fall: Gerhard Schröder (SPD) stellte am 1. Juli 2005 im Bundestag die Vertrauensfrage, nachdem die Hartz IV-Reformen eine tiefe Krise ausgelöst hatten – es kam zu Neuwahlen, die Angela Merkel (CDU) zur ersten Bundeskanzlerin der Republik machten.

Der Plenarsaal im deutschen Bundestag im Abendlicht: Herzkammer der Demokratie. - Foto: Deutscher Bundestag
Der Plenarsaal im deutschen Bundestag im Abendlicht: Herzkammer der Demokratie. – Foto: Deutscher Bundestag

Schröders Move war die bisher fünfte Vertrauensabstimmung im Deutschen Bundestag, davor hatten zu diesem Instrument Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl gegriffen. Am, 20. September 1972 stellte mit dem SPD-Kanzler Willy Brandt erstmals ein Bundeskanzler überhaupt eine Vertrauensfrage im Deutschen Parlament, auch Brandt hatte damals keine Mehrheit mehr für seinen Haushalt. Helmut Schmidt (SPD) wiederum überstand am 5. Februar 1982 eine Vertrauensfrage im Parlament, wurde aber am 1. Oktober durch ein Konstruktives Misstrauensvotum gestürzt, das Helmut Kohl (CDU) zum Kanzler machte.

Kohl wiederum stellte daraufhin am 17. Dezember 1982 die Vertrauensfrage im Bundestag, um Neuwahlen herbeizuführen – Kohl wollte den Bundestag bewusst neu wählen lassen, um sich eine Legitimation durch die Wähler für seine Regierungszeit zu verschaffen – was auch gelang: Am 6. März gewann die Union die Bundestagswahl deutlich. Zuletzt hatte Gerhard Schröder die Vertrauensfrage zwei Mal gestellt: am 16. November 2001 überstand Schröder den Belastungstest im Parlament, 2005 folgten Neuwahlen – Schröder aber hatte da sogar noch eine Mehrheit im Parlament.

Wahltermin 23. Februar 2025: Stadt Mainz sieht sich gewappnet

Nun also soll ein neuer Bundestag am 23. Februar 2025 gewählt werden, für die Narrenhochburgen wie Mainz bedeutet das eine Besonderheit: Erstmals wird mitten in der Fastnachtszeit gewählt. Der 23. Februar liegt genau eine Woche vor dem Höhepunkt der Kampagne, die mit Weiberfastnacht in die Straßenfastnacht startet, und mit Fastnachtssonntag und Rosenmontag ihren Höhepunkt findet. Tatsächlich war auch der 2. März, also Fastnachtssonntag, als Wahltermin in der Debatte gewesen – dann hätte die Bundestagswahl mit der Wahl der Hamburger Bürgerschaft zusammengelegt werden können.

Der Mainzer OB Nino Haase sieht die Stadt Mainz auch für die vorgezogene Neuwahl des Bundestags gut gerüstet. - Foto: gik
Der Mainzer OB Nino Haase sieht die Stadt Mainz auch für die vorgezogene Neuwahl des Bundestags gut gerüstet. – Foto: gik

Doch offenbar wollten weder Hamburg noch Bundespolitiker die Zusammenlegung, die in Deutschland eigentlich üblich ist: Der amtierende Bürgermeister von Hamburg, Peter Tschentscher (SPD), befürchtete, in den Abwärtsstrudel der SPD gerissen zu werden, die CDU-Opposition im Bund einen positiven Aufwärtsschub für die Bundes-SPD durch ihre Hochburg Hamburg. Den Narren steht nun trotzdem ein Wahlkampf und ein Wahltermin mitten in der Kampagne bevor – rund um den 23. Februar tobt der Hohepunkt der Saalfastnacht. Besonders für die politischen Redner bedeutet das eine gehörige Portion Stress: Die Reden dürften in der Kampagne laufend umgeschrieben werden müssen, um aktuell zu bleiben.

Die Stadt Mainz sieht sich derweil für die Durchführung des Wahlgeschehens gewappnet: „Wir werden trotz knapper Fristen eine ordnungsgemäße Bundestagswahl im Wahlkreis 204 garantieren und umsetzen“, betonte Oberbürgermeister und Kreiswahlleiter Nino Haase (Parteilos) am Dienstagabend. In Mainz sind zur Bundestagswahl rund 160.000 Menschen wahlberechtigt, dazu kommen noch einmal rund 100.000 Wahlberechtigte im Umkreis aus dem Landkreis Mainz-Bingen und den Verbandsgemeinden Rhein-Nahe, Gau-Algesheim und Nieder-Olm.

Papier vorhanden, Wahlhelfer gesucht: Verschont die Fastnachter!

Die notwendigen Papiermengen würden binnen kürzester Zeit dem Landeswahlleiter gemeldet, betonte Haase weiter: „Wir stehen hier bereits im engen Kontakt.“ Benötigt werden für die Wahl zudem rund 2200 Wahlhelfer und Räume für die vorgesehenen 121 Urnenstimmbezirke im Mainzer Stadtgebiet für den Wahltag. „Auch hier werden wir aber trotz der ambitionierten Zeitschiene probate und schnelle Lösungen finden“, versprach Haase. In Mainz werden überwiegend Schulen, Kitas und Altenheime als Wahllokale genutzt, Überschneidungen mit Sälen für die Saalfastnacht dürften eher selten sein.

MCC-Präsident Florian Sitte als "Till" in der Fernsehsitzung "Mainz bleibt Mainz": Verschont die Fastnachter bei der Suche nach Wahlhelfern! - Foto: gik
MCC-Präsident Florian Sitte als „Till“ in der Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz“: Verschont die Fastnachter bei der Suche nach Wahlhelfern! – Foto: gik

Haase appellierte aber jetzt schon: „Interessierte, die sich bei der Bundestagswahl engagieren möchten, können sich bereits jetzt als Wahlhelfer anmelden – unter www.mainz.de/wahlhelfer ist zu diesem Zweck ein Online-Formular hinterlegt. Wir freuen uns über jegliche Unterstützung!“ Die Fastnachter haben indes eine dringende Bitte an die Stadt: „Die Fastnacht ist immer Ehrenamt“, sagte der Präsident des Mainzer Carneval Clubs (MCC), Florian Sitte, am Abend im SWR: „Es wäre schön, wenn die Behörden Wähler als Wahlhelfer beauftragen, die nicht fastnachtlich engagiert sind.“

Haase verwies zudem darauf, dass die vorgezogene Wahl zu verkürzten Fristen führen wird – unter anderem bei der Einreichung der Kandidatenlisten, aber auch bei der Briefwahl. Schon jetzt wird debattiert, dass es für die Briefwahl eine verkürzte Frist von nur zwei Wochen geben könnte.   sowie bei der Durchführung der Briefwahl – vom Landeswahlleiter verkürzt werden könnten. „Es ist eine anspruchsvolle Situation, welche alle Kommunen vor sehr große organisatorische Herausforderungen stellen wird – wir werden diese Aufgabe in Mainz aber meistern“, zeigte sich Haase überzeugt.

Mainz hat Erfahrung mit der Organisation kurzfristiger Wahlen und mit Wahlkampf in der Fastnachtszeit: Zuletzt musste im Herbst 2022 eine Neuwahl des Oberbürgermeisters organisiert werden, nachdem der bis dahin amtierende Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) zum Innenminister berufen worden war. Die Oberbürgermeisterwahl fand damals dann am 12. Februar 2023 statt – Mainz hatte damals allerdings die vorgeschriebene 90-Tage-Frist gerissen.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Scheitern der Berliner Ampel lest Ihr hier auf Mainz&. Einen Rückblick auf die Geschichte der Vertrauensfrage im Deutschen Bundestag findet Ihr hier bei den Kollegen der Tagesschau.