UPDATE& – Zwei Wochen nach der Stadtratswahl mussten am Sonntag noch einmal elf Ortsvorsteher in den Mainzer Stadtteilen in die Stichwahl. Wie zu erwarten, war die Wahlbeteiligung dabei deutlich niedriger als bei der Stadtratswahl – die Johannesnacht, die Fußball-EM und wohl leider auch ein Desinteresse in manchen Stadtteilen führten dazu, dass stellenweise lediglich knapp über 30 Prozent zur Wahl gingen. Und bei den Ergebnissen gab es vor allem eine faustdicke Überraschung. Probleme gab es während der Wahl dieses Mal keine – im Nachhinein könnte das anders aussehen: Wie Mainz& am Abend exklusiv erfuhr, wurde die Wahl angefochten.

Im Mainzer Stadthaus wurde am Sonntag erneut ausgezählt - es ging um die Stichwahl der Ortsvorsteher-Wahlen. - Foto: gik
Im Mainzer Stadthaus wurde am Sonntag erneut ausgezählt – es ging um die Stichwahl der Ortsvorsteher-Wahlen. – Foto: gik

15 Ortsvorsteher in den verschiedenen Stadtbezirken von Mainz gibt es, die „kleinen Bürgermeister“ sind die ersten Ansprechpartner für die Bürger, die Kümmerer vor Ort. Bei der Stadtratswahl vor zwei Wochen waren teilweise bis zu sechs Kandidaten pro Stadtteil angetreten, die logische Folge: jede Menge Stichwahlen. Vier Ortsvorsteher hatten die Wahl gleich im ersten Wahlgang geschafft, das gelang in Drais, in Weisenau, in Lerchenberg und Mombach.

Die übrigen elf mussten an diesem Sonntag in die Stichwahl und angesichts von Johannisnacht und Fußball-EM war das stellenweise eine Herausforderung. Ganze 31,2 Prozent gingen etwa in der Mainzer Altstadt am Sonntag zur Wahl, 31,9 Prozent in der Neustadt  – und das schloss bereits die Briefwähler ein. In manchen Wahllokalen seien gerade einmal 12 Prozent der Wähler zur Stimmabgabe aufgetaucht, sagte der stellvertretende Wahlleiter, Andreas Drubba, am Sonntagabend in Mainz.

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Wahlbeteiligung sinkt deutlich, vor allem in der Innenstadt

Stadtweit sank die Wahlbeteiligung auf 38,8 Prozent, vor zwei Wochen bei der Stadtratswahl hatte sie noch bei 63,3 Prozent gelegen. Die Wahlbeteiligung hoch hielten am Ende die Briefwähler: Rund 51.000 Briefwahlunterlagen habe man verschickt, berichtete Drubba, etwas mehr als 30.000 seien zurückgekommen. Das Versender der Unterlagen hing allerdings stellenweise arg: Bei einer Reihe von Wählern kamen die Briefwahlunterlagen erst vergangenen Dienstag an – ganze fünf Tage vor der Stichwahl.

Die Briefwahl boomte erneut in Mainz - wie damals hier bei der OB-Wahl 2023. - Foto: gik
Die Briefwahl boomte erneut in Mainz – wie damals hier bei der OB-Wahl 2023. – Foto: gik

„Es war ein Massenproblem“, sagte Drubba auf Mainz&-Nachfrage, und räumte ein „Wir hatten Anfang der Woche einen Rückstand beim Kuvertieren“, man habe sich noch einmal Verstärkung holen müssen. „Wir hatten beim Land schon mal signalisiert, dass wir gerne drei Wochen Zeit bis zur Stichwahl hätten, weil wir um die Problematik wissen“, sagte Drubba. Mainz habe deutschlandweit den drittgrößten Briefwahlanteil im Verhältnis zur Zahl der Wählerstimmen – das wird offenbar zunehmend zum Problem bei der Abwicklung.

Die Auszählung wiederum dauerte nicht lange, bereits um kurz nach 19.00 Uhr standen die Ergebnisse fest. Und dabei stellte sich heraus: Die Wahlen verlaufen inzwischen deutlich enger als in früheren Jahren – in einem Fall kippte gar eine langjährige Amtsinhaberin: Sabine Flegel, beliebte und langjährige CDU-Ortsvorsteherin in Mainz-Gonsenheim zog gegen den jungen Herausforderer Josef Aron den Kürzeren – Aron setzte sich mit 53,7 Prozent durch.

Knappe Rennen, Flegel verliert in Gonsenheim

Verlor überraschend in Mainz-Gonsenheim: Die langjährige Ortsvorsteherin Sabine Flegel (CDU). - Plakat: CDU Mainz
Verlor überraschend in Mainz-Gonsenheim: Die langjährige Ortsvorsteherin Sabine Flegel (CDU). – Plakat: CDU Mainz

In den übrigen Stadtteilen gewannen fast immer die bisherigen Amtsinhaber, vielerorts wurde es aber ungewöhnlich knapp. Die höchste Wahlbeteiligung gab es denn auch immer dort, wo ein enges Rennen absehbare war: So gingen in Gonsenheim 46,2 Prozent zur Wahl, in Bretzenheim gar 46,3 Prozent – hier setzte sich ganz knapp CDU-Neu-Kandidat Manfred „Specki“ Lippold mit 51,7 Prozent durch. Die höchste Wahlbeteiligung gab es in Mainz-Ebersheim mit 51,4 Prozent, hier hatte Amtsinhaberin Anette Odenweller (CDU) nur um ganze vier Stimmen die absolute Mehrheit im erste Wahlgang verpasst.

Die Ergebnisse der Ortsvorsteher-Stichwahlen im Einzelnen:

Altstadt

  • Grüne: Dr. Brian Huck (Amtsinhaber): gewählt mit 59,6 Prozent
  • SPD: Fabian Christen: 40,4 Prozent
  • Wahlbeteiligung: 31,2 Prozent

Bretzenheim

  • CDU: Manfred Lippold: gewählt mit 51,7 Prozent
  • Grüne: Florian Kärger: 48,3 Prozent
  • Wahlbeteiligung: 46,3 Prozent

Neustadt

  • Grüne: Christoph Hand (Amtsinhaber): gewählt mit 53,9 Prozent
  • SPD: Yvonne Wuttke: 46,1 Prozent
  • Wahlbeteiligung: 31,9 Prozent

Ebersheim

  • CDU: Anette Odenweller (Amtsinhaberin): gewählt mit 54,7 Prozent
  • SPD: Johannes Blüm: 45,3 Prozent
  • Wahlbeteiligung: 51,4 Prozent

Finthen

  • SPD: Manfred Mahle: gewählt mit 57,1 Prozent
  • CDU: Semih Cavlak: 42,9 Prozent
  • Wahlbeteiligung: 39,4 Prozent

Gonsenheim

  • Grüne: Josef Aron: gewählt mit 53,7 Prozent
  • CDU: Sabine Flegel (Amtsinhaberin): 46,3 Prozent
  • Wahlbeteiligung: 46,2 Prozent.

Hartenberg-Münchfeld

  • Grüne: Christin Sauer (Amtsinhaber): 64,3  Prozent
  • CDU: Jutta Lukas: 35,7 Prozent
  • Wahlbeteiligung : 34,8 Prozent

Hechtsheim

  • CDU: Ulrike Cohnen (Amtsinhaber): gewählt mit 58,9 Prozent
  • SPD: Ylva Dayan: 41,1 Prozent
  • Wahlbeteiligung: 37,8 Prozent

Laubenheim

  • CDU: Norbert Riffel (Korrektur: NEU im Amt): gewählt mit 65,8 Prozent
  • SPD: Ina Neuhäuser: 34,2 Prozent
  • Wahlbeteiligung: 40,6 Prozent

Marienborn

  • ÖDP: Dr. Claudius Moseler (Amtsinhaber): gewählt mit 58,1 Prozent
  • SPD: Prof. Dr. Lennart Brumby: 41,9 Prozent
  • Wahlbeteiligung: 34,6 Prozent

Oberstadt

  • Grüne: Daniel Köbler (Amtsinhaber): gewählt mit 56,8 Prozent
  • CDU: Melissa Enders: 43,2 Prozent
  • Wahlbeteiligung: 40,1 Prozent

Die Grünen sprachen am Abend von einer aus ihrer Sicht „historischen Wahl“: Erstmals konnten sich gleich fünf Grüne als Ortsvorsteher in den Stadtteilen durchsetzen. Damit haben nun die Altstadt, die Neustadt und die Oberstadt, sowie Gonsenheim und Hartenberg-Münchfeld grüne Ortsvorsteher. In HaMü erzielt die Amtsinhaberin Christin Sauer mit 64,3 Prozent zudem das beste Ergebnis der wiedergewählten Ortsvorsteher. In Gonsenheim sei gar „eine Sensation gelungen“, sagte Grünen-Kreischef Jonas König. Das zeige, „dass wir als Grüne in Mainz nicht nur in der Innenstadt fest verankert sind.“

UPDATE&: Damit halten die Grünen nun von 15 Ortsvorstehern fünf, die CDU hat ebenfalls fünf Ortsvorsteher. Die SPD hat vier dieser Amtsträger in ihren Reihen – und die ÖDP hält mit Claudius Moseler den 15. Posten in Mainz-Marienborn. Die Grünen gewannen bei dieser Zahl also einen Ortsvorsteher hinzu, die CDU verlor Mainz-Gonsenheim.

Wahl angefochten: Wahl Eblings und zwei Oberstadt-Kandidaten

Ein Innenminister als Stadtrat im Mainzer Stadtparlament? Ja, sagt die Mainzer SPD, das geht - Nein sagen die Freien Wähler. - Foto: gik
Ein Innenminister als Stadtrat im Mainzer Stadtparlament? Ja, sagt die Mainzer SPD, das geht – Nein sagen die Freien Wähler. – Foto: gik

Allerdings könnte die gesamte Wahl ein unangenehmes Nachspiel bekommen: Wie Mainz& am Abend erfuhr, wurde die Wahl angefochten. Erwin Stufler, Stadtrat der Freien Wähler, sagte am Abend gegenüber Mainz&, er habe bei Wahlamt der Stadt Einspruch eingelegt – und zwar aus drei Gründen: In der Oberstadt seien der grüne Ortsvorsteher Daniel Köbler sowie der SPD-Kandidat David Wilk „nicht wählbar gewesen“, weil beide nicht ihren Hauptwohnsitz in dem Stadtteil hätten.

Stufler focht deshalb die gesamte Stadtratswahl an, sein dritter Grund: Die Wahl von Innenminister Michael Ebling (SPD) in den Mainzer Stadtrat, die Wähler hatten den früheren Mainzer OB von Platz 30 auf Platz 4 vorgewählt. Eblings Kandidatur war von vorneherein umstritten gewesen, weil Ebling als Innenminister qua Amt oberster Chef der Kommunalaufsicht ist. So ist ihm direkt die Dienstaufsichtsbehörde ADD in Trier unterstellt, ein Innenminister könne sich nicht als oberster Kommunalaufseher selbst beaufsichtigen, hatten die Freien Wähler schon im Vorfeld argumentiert.

UPDATE&: Wie die Stadt Mainz am Montag auf Mainz&-Anfrage mitteilte, entscheidet nicht der am Dienstag tagende Wahlausschuss der Stadt Mainz über die Anfechtung der Wahl. Weitere Informationen folgen.

Info& auf Mainz&: Alle Infos und Ergebnisse findet Ihr zudem hier bei der Stadt Mainz im Internet. Wie Mainz bei der Stadtratswahl am 9. Juni 2024 abgestimmt hat, könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen. Wie es jetzt nach der Wahl weiter geht, lest Ihr in der Mainz&-Analyse „Mainz gegen den Bundestrend – kommt jetzt die V-Ampel?