UPDATE& — Die Weihnachtsmärkte in Mainz gehen auch nach dem Anschlag in Magdeburg mit den gewohnten Öffnungszeiten weiter. Das teilte die Stadt Mainz am Samstagmittag nach einem Krisengespräch mit. „Wir sind in Mainz in diesem wichtigen und sicherheitsrelevanten Bereich sehr gut aufgestellt und können unsere Großveranstaltungen entsprechend sichern“, betonte Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos). Das Begleitprogramm auf dem großen Mainzer Weihnachtsmarkt wurde aber abgesagt, am Samstagabend wird es um 19.00 Uhr eine Schweigeminute geben.

Erste Informationen über den mutmaßlichen Täter des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt von Magdeburg waren schnell verfügbar. - Screenshot: gik
Erste Informationen über den mutmaßlichen Täter des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt von Magdeburg waren schnell verfügbar. – Screenshot: gik

Am Freitagabend um kurz nach 19.00 Uhr war ein Mann mit einem Mietwagen in den Weihnachtsmarkt in Magdeburg eingebogen und mit hoher Geschwindigkeit rund 400 Meter über den Markt gerast. Der Weihnachtsmarkt war zu dieser zeit gut gefüllt, der Mann raste mit voller Absicht durch die Menge in der Budengasse. Die bisherige schreckliche Bilanz: Fünf Tote, dazu 200 Verletzte, 41 davon schwer und schwerstverletzt.

Der Fahrer des Wagens wurde unmittelbar nach der Tat gestellt und gefasst, es handelt sich um einen 50 Jahre alten Arzt und Psychiater, der aus Saudi-Arabien stammt. Taleb A. lebte bereits seit 2006 in Deutschland und hatte hier 2016 Asyl beantragt, weil er sich vom Islam losgesagt hatte. Er war als fanatischer Aktivist bekannt, der vor allem Frauen bei der Flucht aus Saudi-Arabien half, und hatte sich zuletzt stark radikalisiert – Drohungen gegen den deutschen Staat inklusive. Was noch über den mutmaßlichen Täter bekannt ist, könnt Ihr ausführlich hier bei Mainz& lesen.

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Mainzer Weihnachtsmärkte wie gewohnt weiter geöffnet

Die grauenhafte Tat löste umgehend Entsetzen aus, auch in Mainz: „Mit tiefer Betroffenheit“ reagierten am Samstagmittag der Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (Parteilos) und Ordnungsdezernentin Manuela Matz (CDU) sowie der gesamte Stadtvorstand auf die Tat. „Wo Panik und Angst geschürt werden sollen, müssen wir als Gesellschaft noch enger zusammenstehen“, betonte Haase. Er und Beigeordnete Matz appellierten an die Mainzer: „Der Weihnachtsmarkt ist ein offener Ort und das soll er auch bleiben. Lassen wir uns die vorweihnachtliche Stimmung nicht nehmen.“

Der Mainzer Weihnachtsmarkt bleibt ebenso wie die Winterzeit-Märkte wie gewohnt geöffnet, Veranstaltungen sind abgesagt. - Foto: gik
Der Mainzer Weihnachtsmarkt bleibt ebenso wie die Winterzeit-Märkte wie gewohnt geöffnet, Veranstaltungen sind abgesagt. – Foto: gik

Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer und Innenminister Michael Ebling (beide SPED) zeigten sich nach dem Anschlag in Magdeburg erschüttert, betonten zugleich aber, die Motivlage sei „noch völlig ungeklärt.“ Ebling betonte, es lägen derzeit „keine Erkenntnisse vor, die auf eine konkrete Gefährdung von Veranstaltungen im Land hindeuten.“

Das Land habe aber jetzt die sichtbare Polizeipräsenz auf entsprechenden Veranstaltungen „nochmals erhöht, und werden die entsprechenden Einsätze mit zusätzlichen Kräften begleiten.“ Auch würden Sicherheitskonzepte und Sicherheitsmaßnahmen auf den Weihnachtsmärkten im Land erneut überprüft und gegebenenfalls angepasst.

Zufahrtsschutzkonzepte in Mainz bereits auf hohem Niveau

Der Mainzer Weihnachtsmarkt sowie die Winterzeit-Märkte im Stadtgebiet sollen wie gewohnt offen bleiben, kündigte die Stadt weiter an. Das sei bei einem am Samstag einberufenen Abstimmungsgespräch mit Feuerwehr, Ordnungsamt und Polizei „aufgrund der Gefährdungsbeurteilung der Polizei einvernehmlich festgelegt“ worden. Die polizeiliche Präsenz und Ansprechbarkeit an der Außenhülle der Märkte wird in den kommenden Tagen erhöht, die Verhältnismäßigkeit der Schutzkonzepte gewahrt, betonte die Stadt.

Mehrere dieser hochwertigen TrucBlock-Sperren verhindern ein Zurasen auf den Mainzer Weihnachtsmarkt wie hier auf der Ludwigsstraße. – Foto: gik
Mehrere dieser hochwertigen TrucBlock-Sperren verhindern ein Zurasen auf den Mainzer Weihnachtsmarkt wie hier auf der Ludwigsstraße. – Foto: gik

„Wir haben in diesem Jahr unser Zufahrtschutzkonzept und die zugehörigen technischen Vorkehrungen weiter ausgebaut und professionalisiert“, betonte Haase zudem: „Unser Sicherheitskonzept wurde dieses Jahr abermals baulich und wird nun noch einmal durch eine erhöhte Polizeipräsenz verstärkt.“ Tatsächlich hatte die Stadt Mainz bereits nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz begonnen, die Feste in der Stadt mit Blockaden gegen einen Anschlag mit einem Fahrzeug zu sichern.

Just in diesem Jahr wurden die Zufahrtssperren rund um den Mainzer Weihnachtsmarkt auf den Domplätzen noch einmal ergänzt. So sorgen drei sogenannte TrucBlock-Reihen auf der Ludwigsstraße dafür, dass kein Fahrzeug in gerader Linie auf den Eingang zum Weihnachtsmarkt zupreschen kann – die städtischen Busse etwa sind hier zu einem zeitraubenden Zick-Zack-Kurs gezwungen. Auch sämtliche Nebenstraßen sind nun durch massive Poller-Installationen gegen den Angriff mit einem Fahrzeug geschützt, als letztes kamen Sperren in der Domstraße hinzu.

Schweigeminute am Samstagabend, Gottesdienst am Sonntag

Eine Fahrt auf den Mainzer Weihnachtsmarkt, der ohnehin geschützt zwischen Häusern liegt, wäre damit hier nicht möglich. „Wir erhöhen im Umfeld des Veranstaltungsgeländes das Sicherheitsniveau für die Weihnachtsmarkt-Besucher nochmals deutlich“, hatte zudem die Mainzer Ordnungsdezernentin Manuela Matz (CDU) Ende November bereits versichert – das hatte gute Gründe: Nur zwei Tage vor Eröffnung des Mainzer Weihnachtsmarktes war ein Jugendlicher in Bingen unter Terrorverdacht verhaftet worden. Der Jugendliche habe einen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt mit Rohrbomben geplant, so die Mainzer Polizei – er habe sich zuvor im Internet islamistisch radikalisiert.

Auch in Mainz wird es am Samstagabend eine Schweigeminute auf dem Mainzer Weihnachtsmarkt geben. - Foto: Stadt Mainz
Auch in Mainz wird es am Samstagabend eine Schweigeminute auf dem Mainzer Weihnachtsmarkt geben. – Foto: Stadt Mainz

„Unsere Sicherheitskonzepte stehen, wir danken der Polizei für die erhöhte Präsenz und wünschen allen Besuchern Marktbeschickern auf den verschiedensten Weihnachts- und ‚Mainzer WinterZeit‘-Märkten im Stadtgebiet viel Freude“, sagten Haase und Matz. Als Zeichen der Solidarität mit den Opfern des Anschlags in Magdeburg wird aber das Begleitprogramm auf den Bühnen der Märkte für die kommenden Tage abgesagt. Der für Sonntagabend, den 22. Dezember 2024 um 18.00 Uhr angesetzte Gottesdienst auf dem Liebfrauenplatz werde stattfinden und im Zeichen des Gedenken stehen.

Schock und Anteilnahme auch bei Mainzer Schaustellern groß

UPDATE&: Für den Samstagabend um 19.00 Uhr hatten Schausteller bundesweit zu einer Schweigeminute aus Solidarität mit den Opfern des Anschlags aufgerufen, auch in Mainz ging pünktlich zu dieser Uhrzeit das Licht an den Buden aus. Der Betrieb auf dem Mainzer Weihnachtsmarkt stand urplötzlich still, Besucher verharrten, wo sie gerade standen, die Glocken des Mainzer Doms schlugen sieben Mal – eine beklemmende Stimmung, die zu dem Gedenken an die vielen Opfer in Magdeburg passte. Zuvor hatte eine kurze Ansage die Besucher des Weihnachtsmarktes über die Schweigeminute unterrichtet – ein Video dazu findet Ihr hier auf Mainz&.

Schweigeminute auf dem Mainzer Weihnachtsmarkt am Samstagabend. - Foto: gik
Schweigeminute auf dem Mainzer Weihnachtsmarkt am Samstagabend. – Foto: gik

Überhaupt war es am Samstagabend auf dem Mainzer Weihnachtsmarkt deutlich leerer als sonst, vielen war nicht nach ausgelassener Geselligkeit zumute. Dazu trug allerdings auch das Wetter mit eisigem Regen und der Beginn der Weihnachtsferien bei. Der 4. Adventssamstag sei traditionell der schlechteste vom Umsatz her, sagte Mario Sottile, Sprecher der Interessensgemeinschaft Mainz Schausteller – das sei normal. Der Schock in der Schausteller-Familie über das Geschehen in Magdeburg sei groß, sagte Sottile im Gespräch mit Mainz& zudem.

„Das geht schon die ganze Nacht so, dass man telefoniert, und denkt: woran hat es gehangen, gab es eine Sicherheitslücke“, berichtete Sottile weiter, „wir sind emotional alle sehr betroffen, was das angeht.“ Man kenne ja auch viele der Kollegen, die auf dem Magdeburger Markt stünden, „wenn Du hier in Deinem Stand stehst, und das miterlebst, den Schock muss man auch erst einmal verarbeiten“, sagte Sottile weiter. „Und für die betroffenen Familien so kurz vor Weihnachten – schlimmer geht’s nicht“, fügte er hinzu. Am Sonntagabend stand auch der traditionelle Gottesdienst der Schausteller zum 4. Advent im Zeichen des Gedenkens.

Info& auf Mainz&: Einen ausführlichen Bericht über den Anschlag und darüber, was über den Täter und seine Hintergründe bislang bekannt ist, lest ihr hier auf Mainz&.