Mögliche Wende aus dem Wohnungsmarkt, Mieten sinken erstmals seit 2005 wieder, meldete Spiegel Online diese Woche, es klang wie eine echte Sensation. Eine „Trendwende“ deute sich an, jubelte das Online-Magazin, doch Vorsicht: Für Mainz sind Entwarnungs- und Jubelmeldungen zu früh. In der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt sind auch im ersten Quartal 2019 die Mieten weiter deutlich gestiegen – inzwischen müssen hier 10,35 Euro für Neuvermietungen auf den Tisch gelegt werden. Mainz ist damit inzwischen eine der teuersten Städte der Republik – vor Städten wie Düsseldorf, Berlin und sogar Köln. Und auch bei den Kaufpreisen liegt Mainz ganz weit vorn, sogar noch vor der Nachbarstadt Wiesbaden.

Teer, teurer, Mainz : Die Preise für Mieten und Immobilien sind in Mainz auch 2019 weiter gestiegen – Mainz gehört inzwischen zu den teuersten Städten der Republik. Hier Wohnungen im neuen Mainzer Zollhafen. – Foto: gik

Grundlage für die Meldung auf Spiegel Online war der F+B Wohn-Index, der jedes Quartal den Durchschnitt der Preis- und Mietentwicklung von Wohnimmobilien für alle Gemeinden in Deutschland ermittelt und auswertet. Und danach stieg der Wohnindex im ersten Quartal 2019 weiter an, um 1,2 Prozent im Vergleich zum letzten Quartal 2018 – und sogar um 5 Prozent zum 1. Quartal 2018.

„Die Wachstumsdynamik ist nach Beobachtungen von F+B im Frühjahr 2019 in der Gesamtschau des deutschen Wohnimmobilienmarktes ungebrochen“, konstatierte F+B-Geschäftsführer Bernd Leutner. Das sei Zunder für die „die immer emotionaler geführte öffentliche Debatte insbesondere um die Wohnungsmieten.“ Preistreiber seien dabei vor allem die Eigentumswohnungen, deren Preise stiegen um 2,1 Prozent im Vergleich zu Ende 2018. Bei den Ein- und Zweifamilienhäusern stiegen die Preise im Vergleich zum Vorquartal 4/2018 um 0,8 Prozent – aber um 6,1 Prozent im Vergleich zu vor einem Jahr.

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Tatsächlich berichtete F+B aber auch, dass die Neuvertragsmieten erstmals seit 2005 sanken – und zwar um 0,3 Prozent. Das ist ein bundesweit gemittelter Wert, der zeige, dass „das Wachstum der Neuvertragsmieten aktuell eine Pause einlegt“, konstatierte Leutner. Ob sich dieser Trend auch in den nächsten Quartalen festige, sei „wahrscheinlich eine der spannendsten Fragen der Wohnungspolitik überhaupt.“ Denn im Jahresvergleich zum 1. Quartal 2018 wuchsen die Mieten weiter, um plus 2,0 Prozent.

Aber auch Bestandsmieten sind in Mainz von Normalverdienern der Mittelschicht kaum noch zu bezahlen. – Foto: gik

Auch die Bestandsmieten stiegen Anfang 2019 bundesweit noch weiter, wenn auch nur leicht um 0,4 Prozent, im Vergleich zum ersten Quartal 2018 sogar um 1,4 Prozent. Damit ist auch bundesweit eine echte Trendwende mitnichten in Sicht. Das belegt auch die von F+B festgestellte sinkende Umzugsbereitschaft der Mieter: „Wer umzieht, muss in der Regel je Quadratmeter mit einer deutlich höheren Miete rechnen“, sagte Leutner. „Mobilität wird behindert, wenn nicht bestraft. Damit wird die Freisetzung von Wohnfläche beschränkt, was die Marktanspannung vergrößert.“

Besonders drastisch wird der anhaltende Anstieg beim Blick auf die Mainzer Zahlen: Im ersten Quartal 2014 stand in unserer Stadt noch eine Durchschnittsmiete von 9,35 Euro im Wohn-Index, zum 1. Quartal 2018 stieg der Wert schon auf 9,88 Euro – und sprang Anfang 2019 über die 10-Euro-Marke: 10,35 Euro misst der Wohn-Index jetzt für Mainz, das ist mehr als in Wiesbaden (9,48 Euro), mehr als in Berlin (9,33 Euro) und sogar mehr als in Düsseldorf (10,09 Euro) oder Köln (10,23 Euro).

Von größeren Städten im Wohn-Index lagen nur Städte wie Frankfurt (11,55 Euro) und Freiburg (11,28) höher, sogar eine Stadt wie Hamburg lag mit 10,52 Euro nur minimal über den Mainzer Preisen. Zum Vergleich: in großen Städten im Osten wie Leipzig liegt der Mietdurchschnitt gerade einmal bei 5,46 Euro. Einsamer Spitzenreiter in Deutschland ist weiter die bayrische Landeshauptstadt München mit inzwischen 16,82 Euro pro Quadratmeter.

Im Heiligkreuz-Areal sollen in den kommenden Jahren mehr als 1.000 neue Wohnungen entstehen, 25 Prozent davon geföderte Sozialwohnungen. – Foto: gik

Auch bei den Immobilienpreisen hat Mainz einen drastischen Anstieg zu verzeichnen: 3.597 Euro kostet inzwischen ein Quadratmeter zum Kauf in Mainz – 1.000 Euro mehr als im ersten Quartal 2014, als der Quadratmeter in Mainz 2.590 Euro kostet. Die Nachbarschaft Wiesbaden liegt inzwischen einige Euro günstiger (3.589) – und selbst eine Stadt wie Köln (3.572 Euro). Zum Vergleich: In Düsseldorf zahlt man 3.752 Euro pro Quadratmeter, in Frankfurt 4.743 Euro und in Hamburg 4.565 Euro. In Leipzig kostet der Quadratmeter dagegen nur 1.772 Euro – in München hingegen 6.911 Euro.

Die Preissteigerungen seien Zündstoff in einer „sich rasant verschärfenden wohnungspolitischen Debatte“, sagte Leutner weiter – und verwies dabei auf die gerade von Juso-Chef Kevin Kühnert ausgelöste Debatte um Enteignungen, aber auch von Mietinitiativen wie in Berlin. Die von den enorm steigenden Mieten betroffenen Normalverdiener oder Transfereinkommensempfänger, vor allem in den prosperierenden Ballungsräumen, erlebten derzeit, dass das Grundbedürfnis „Wohnen“ in der gewohnten Form und Qualität „akut bedroht ist“, warnte Leutner – das führe zu immer heftigeren emotionalen Reaktionen. Politik und Wirtschaftselite aber reagierten darauf „unsicher und hilflos“.

Preisentwicklung der Mieten und Immobilien seit 2004 in Deutschland laut F+B Wohn-Index. – Grafik: F+B

Der F+B-Chef plädierte deshalb „für deutlich mehr politischen Mut, auch unangenehme Wahrheiten zu benennen und auszuhalten“ – und für Aktionen: Noch immer stelle der Bund den Ländern deutlich zu wenige Mittel zur Förderung von sozialem Wohnraum zur Verfügung, 2014 seien es ganze 0,04 Prozent des bereinigten Bundeshaushalts gewesen. Dabei könne der Staat doch auch mal ernsthafte regulierende Maßnahmen erwägen, „um Übernahmen sozial engagierter Unternehmen durch markt-aggressive international agierende Investoren zu verhindern“, schlägt Leutner vor. Und privatwirtschaftlich organisierte Wohnungsunternehmen und Kleinvermieter könnten freiwillig auf weitere Mietpreissteigerungen verzichten.

Das Land Rheinland-Pfalz zumindest schloss in dieser Woche eine Kooperation mit vier größeren Städten im Land, bei der sich die Städte verpflichten, eine bestimmte Zahl neuer geförderter Wohnungen zu schaffen, dazu gehören allerdings sowohl Mietwohnungen als auch selbst genutzter Eigentumswohnraum. Mainz verpflichtete sich dabei zur Schaffung von 900 Wohneinheiten, Speyer auf 150, Landau auf 180 und  Trier auf 240 Wohneinheiten. Das Land versprach im Gegenzug – kurz vor der Kommunalwahl am 26. Mai -, die konkret anstehenden Maßnahmen mit rund 200 Millionen Euro zu fördern.

Für Mainz war das eine leichte Übung: Zwischen 2019 und 2025 sollen in der Landeshauptstadt ohnehin 5.500 neue Wohnungen entstehen. Gleichzeitig legte das Land dabei eine Mindestquote von 25 Prozent gefördertem Wohnraum für die neuen Wohngebiete fest, die in Mainz etwa beim Heiligkreuz-Areal bereits angewendet wird. Experten halten diese Quote für zu gering und fordern, wenigstens für einen Übergangszeitraum Gebiete mit 40 Prozent Sozialwohnungen bei Neubau auszuweisen, bis der Mietenanstieg gestoppt ist.

Tatsächlich geben auch andere Immobilien-Marktforschungsinstitute noch keine Entwarnung für den Wohnungsmarkt: Zwar sei so langsam „Licht am Ende des Tunnels“ in Sicht, schreibt etwa das bekannte Institut Empirica, doch noch gehe es nur um eine „baldige Mäßigung der Mietpreissteigerungen“ – eine Mietensenkung sei beileibe nicht in Sicht. Um den Mietpreisanstieg tatsächlich zu stoppen, müsse weiter gebaut werden – und zwar deutlich mehr über dem Bedarf und zu niedrigeren Herstellungskosten als bisher. „Nach zehn Jahren zunehmend steigender Mietpreise“, schreibt Empirica, „wäre das doch einmal was anderes.“

Info& auf Mainz&: Den aktuellen Wohn-Index von F+B findet Ihr hier im Internet, den Artikel auf Spiegel Online findet Ihr hier. Zu den Aussagen von Empirica geht es hier entlang.

 

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