Die Corona-Pandemie hat die Gastronomie-Szene auch in Mainz hart getroffen, nun warnen Gastronomievertreter: Auch mit den angedachten neuen Lockerungen werden die Probleme der Branche nicht vorbei sein. Über viele Betriebe hänge weiter „ein Damoklesschwert“, knapp zwei Drittel plagten reale Existenzängste, warnten Vertreter der Szene am Dienstag in Mainz. Zeitgleich meldeten sich auch bekannte Restaurantbesitzer aus Berlin wie Tim Mälzer zu Wort – mit deutlichen Forderungen an die Politik.

Pressekonferenz von Vertretern der Gastronomie am Dienstag zeitgleich in Berlin per Livestream und Mainz in Realität. - Foto: gik
Pressekonferenz von Vertretern der Gastronomie am Dienstag zeitgleich in Berlin per Livestream und Mainz in Realität. – Foto: gik

Zwei Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie gehen Restaurants, Clubs, Bars und Hotels weiter auf dem Zahnfleisch. „Wir sind bei weitem noch nicht da, wo wir vorher waren“, sagt Markus Hoffmann, Betreiber von Gastro-Locations wie „Wilma Wunder“, „Aposto“ und “ ZENZ“ in Mainz. Den schlimmsten Einbruch habe er mit seinen Läden zuletzt Anfang Dezember 2021 erlebt: Als die Politik vom 3. auf den 4. Dezember 2Gplus in der Gastronomie verhängte, „hatten wir eine Stornierungsquote von knapp 75 Prozent“, stöhnt Hoffmann.

„Obwohl wir fast komplett voll mit Reservierung waren, war der halbe Laden leer“, erinnert sich auch Ata Delbasteh, der in Mainz unter anderem das „Bergschön“ im Kirschgarten betreibt: 50 Prozent Umsatzeinbußen habe er in der Zeit mindestens gehabt. Die Corona-Pandemie hat der Gastronomie-Branche auch in Mainz stark zugesetzt, wie viele Betriebe genau aufgeben mussten, konnten die Vertreter der Branche am Dienstag auf einer Pressekonferenz noch nicht sagen. Die Pandemie sei noch nicht vorbei, eine Entspannung noch nicht wirklich in Sicht, warnten sie: Über vielen Betrieben hänge weiter ein Damoklesschwert. „Man kann noch nicht sagen, wie viele es schaffen werden“, sagte Hoffmann, und Delbasteh ergänzte: 59 Prozent hätten Existenzängste.

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Das Mainzer Hyatt-Hotel am Rheinufer: Die Touristen bleiben bislang noch aus. - Foto: gik
Das Mainzer Hyatt-Hotel am Rheinufer: Die Touristen bleiben bislang noch aus. – Foto: gik

Und das trifft nicht nur die Restaurants, Clubs und Bars: „Es ist immer noch brutal schwierig, das Haus ist leer – wir sind noch mitten in der Krise“, berichtete auch Malte Budde, 1. Vorsitzender des Tourismusfonds und Manager des Mainzer Hyatt-Hotels. „Der Oktober war okay für uns, da hatte es wieder Fahrt aufgenommen, die Wand kam Anfang November – von heute auf morgen flogen die Stornierungen rein“, berichtet Budde. Das Vertrauen der Touristen sei noch nicht wieder zurück, die Gäste blieben noch aus, auch wegen ständig neuer, verwirrender Regelungen zu Tests oder Impf-Vorschriften.

„Wir wollen uns selbst aus der Krise arbeiten, aber wir brauchen Unterstützung“, betonte Budde: Einen Tag vor der Ministerpräsidentenkonferenz forderte deshalb ein Zusammenschluss aus mehreren Hundert Gastronomen bundesweit die Politik zu mehr Unterstützung auf. In Berlin traten dafür zeitgleich Vertreter großer Restaurants und Gastronomieunternehmen wie der Bekannte TV-Koch Tim Mälzer vor die Presse und warten vor einem Substanzabbau der Branche: Ohne die Gastronomie drohe auch den Städten ein Kahlschlag und ein hoher Attraktivitätsverlust.

Leere Tische, ausbleibende Gäste - die Gastronomie leidet unter der Corona-Pandemie. - Foto: gik
Leere Tische, ausbleibende Gäste – die Gastronomie leidet unter der Corona-Pandemie. – Foto: gik

„In Mainz steht die Gastronomie noch viel mehr für die Lebendigkeit der Mainzer Innenstadt“, betonte auch Budde. Gerade in Lockdown-Zeiten hätten die Einzelhändler in der Stadt geklagt: Ohne die Gastronomie mache „das alles keinen Sinn.“ Doch die Unternehmen könnten nicht investieren und auch nicht wieder neues personal einstellen, weil es keine Planungssicherheit gebe. Dazu kämen ständig wechselnde Regeln, die sich auch noch von Bundesland zu Bundesland unterschieden, klagten die Gastro-Vertreter.

So galt etwa vor Weihnachten in Hessen 2G in der Gastronomie, in Mainz brauchte man aber zusätzlich einen Corona-Test. „Es war wirklich so, dass Leute umgedreht, wieder in die S-Bahn gestiegen sind und nach Wiesbaden gefahren sind“, berichtete Hoffmann. „Bundeseinheitliche Regelungen wären auch gerade hier sehr wichtig“, forderte auch Delbasteh. Weitere Kernforderung der Gastronomen: Die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer im Gastgewerbe von 19 auf 7 Prozent müsse dauerhaft bleiben, forderten sie. Das sei auch kein Einzelfall in Europa, betonte Delbasteh: 21 Länder in Europa erlaubten ein3en reduzierten Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie.

Der Mainzer Kirschgarten mit dem Restaurant "Bergschön": Ohne Gastronomie ist alles nichts. - Foto: gik
Der Mainzer Kirschgarten mit dem Restaurant „Bergschön“: Ohne Gastronomie ist alles nichts. – Foto: gik

Und auch sonst hatten die Gastronomie-Vertreter viele Ideen, wie man ihre Branche unterstützen könne: „Ich müsste eigentlich jetzt Mitarbeiter einstellen für das Terrassengeschäft im Sommer – aber ich darf nicht“, klagte Hoffmann – die Kurzarbeiterregeln der Agentur für Arbeit stünden dem entgegen. „Es war sowieso schon schwer nach dem zweiten Lockdown, Mitarbeiter zu finden“, betonte Hoffmann. 100.000 Mitarbeiter habe man an andere Branchen verloren. Es brauche deshalb bessere Regeln beim Kurzarbeitergeld, dazu wünschen sich die Gastronomen ein Vorziehen der neuen Minijob-Anhebung auf 520 Euro schon ab April – das helfe beim Finden von Saisonkräften.

Auch die Stadt Mainz könne mehr tun, um den Gang in die Stadt wieder attraktiver zu machen, fanden speziell die Mainzer Gastronome: „Ich würde mir mehr Nachdruck bei der ‚Marke Mainz‘ wünschen“, sagte Delbasteh. Es brauche dringend wieder mehr Feste und Kulturevents in Mainz, „der Weihnachtsmarkt und die Banksy-Ausstellung, das hat uns allen geholfen.“ Die Stadt könne doch Gutscheine für Mainzer Neubürger verteilen, schlug er vor.  Wien habe nach den Lockdowns jedem Bürger einen Gutschein geschickt, der nur vor Ort in der Stadt ausgegeben werden konnte, berichtete Budde: „Das war eine smarte Idee, die Stadt wurde wieder belebt“, berichtete er.

Mainzer werde Dank Biontech doch nun „einen soliden Haushalt haben“, sagte Hoffmann, und schlug vor: „Wie wäre es mit einem zweijährigen Aussetzen der Gewerbesteuer die, die am meisten gelitten haben in den letzten zwei Jahren – also für Diskos, Clubs und Bars?“ Es brauche ein Auffangnetz auch für künftige Krisen, betonte Delbasteh, denn niemand wisse, wie sich die Corona-Pandemie weiter entwickele. Bis Ostern werde sich noch nicht wirklich viel tun, glaubte er, die Erholung erst langsam anlaufen: „Es wird noch dauern, bis der Mensch verstanden hat: ich kann wieder in die Gastronomie gehen“, sagte Delbasteh, „dass man da wirklich sicher ist.“

Info& auf Mainz&: Die Bund-Länder-Konferenz beschloss am Mittwoch einen Fahrplan zu Lockerungen für Deutschland – mehr dazu lest ihr hier bei Mainz&. Die Gastronomie hatte bereits im April 2020 mit der „Aktion leere Stühle“ auf die Nöte ihrer Branche aufmerksam gemacht – alles dazu könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen.