Zum vierten Mal binnen weniger Wochen wollen die Erzieherinnen in den Kitas am Mittwoch streiken: Die Gewerkschaft ver.di hat bundesweit zu einem Streik- und Aktionstag aufgerufen, betroffen ist auch wieder Mainz. Bestreikt werden sollen erneut die Kitas, dazu aber auch die betreuenden Grundschulen. Hintergrund sind die bislang weiterhin ergebnislosen Verhandlungen für die Beschäftigten im aktuellen Tarifstreik. Währenddessen wehren sich Kita-Fachkräfte gegen Kritik von Elternseite.

Die Kitas in Mainz werden schon wieder bestreikt - am Mittwoch, den 4. Mai 2022. - Foto: gik
Die Kitas in Mainz werden schon wieder bestreikt – am Mittwoch, den 4. Mai 2022. – Foto: gik

Im März hatten erst die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und drei Wochen später die Gewerkschaft GEW die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst zum Streik aufgerufen, am 29. April waren erneut die Kitas in Mainz bestreikt worden – jetzt ist es schon wieder so weit: Für Mittwoch, den 4. Mai 2022 hat Ver.di zu einem bundesweiten Streik- und Aktionstag aufgerufen, betroffen davon sind auch wieder die städtischen Kitas in Mainz, dazu aber auch die betreuenden Grundschulen.

Bundesweit seien Erzieherinnen, Kinderpflegerinnen, Sozialassistentinnen (männliche Vertreter sind jeweils mit gemeint) und andere Berufsgruppen aus Kitas und in der betreuenden Grundschule am Mittwoch,  zum Ausstand aufgerufen, teilte Ver.di am Montag mit. Anlass sei die aktuelle Tarifauseinandersetzung mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), aber auch „die angespannte Situation in den Einrichtungen der Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern.“

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Seit dem 25. Februar verhandeln die Gewerkschaften mit den kommunalen Arbeitgebern über die neuen Gehälter in den Kitas und Sozialeinrichtungen, doch die Verhandlungen sind festgefahren: Die Gewerkschaft Ver.di klagte zuletzt, es gebe keine Fortschritte, man wolle daher vor der nächsten Tarifrunde am 16. und 17. Mai Druck aufbauen – das war vergangene Woche. Obwohl die nächste Verhandlungsrunde erst in knapp zwei Wochen stattfindet, soll nun aber schon wieder gestreikt werden, ein Fortschritt war – es ist der nunmehr vierte Streik seit Ende Februar in den Kitas.

Verhandlungen wegen Corona zwei Jahre verschoben

Leere Kinderwagen im alten Mainzer Rathaus bei einer Protestdemo von ein paar Jahren. - Foto: gik
Leere Kinderwagen im alten Mainzer Rathaus bei einer Protestdemo von ein paar Jahren. – Foto: gik

Das sorgt durchaus auch für Unmut unter den Eltern, in Ludwigshafen etwa klagte der Stadtelternbeirat, Kinder und ihre Eltern würden „in Geiselhaft genommen“, die andauernden Streiks seien unverhältnismäßig. Bei Ver.di weist man das zurück: „Die Beschäftigten der Kindertagesstätten haben seit Beginn der Pandemie den Laden am Laufen gehalten“, sagte Ver.di-Tarifkoordinator Volker Euskirchen. Die Verhandlungen seien wegen der Pandemie sogar für zwei Jahre ausgesetzt worden, „dennoch zeigt der kommunale Arbeitgeberverband Null Verständnis für die begründeten Forderungen nach Entlastung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen“, kritisierte er.

Dabei sei die Situation in den Tageseinrichtungen „seit Jahren angespannt“, klagt der Gewerkschafter. Nun habe dazu auch noch die neue Personalberechnung durch das neue Kitagesetz des Landes Rheinland-Pfalz in Verbindung mit den durchgängigen Öffnungszeiten „dazu geführt, dass die Beschäftigten am Limit sind“, betonte Euskirchen. Ver.di fordert in den Tarifverhandlungen daher nicht nur eine Lohnsteigerung, sondern auch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel.

 

So fordert die Gewerkschaft etwa auch, Vor- und Nachbereitungszeiten einzuberechnen, damit die Fachkräfte mehr Zeit für die pädagogische Arbeit mit den Kindern haben. Auch brauche es Zeitkontingente, um Praktikanten zu begleiten, ferner einen Anspruch auf Weiterqualifizierung und die finanzielle Anerkennung der gestiegenen Herausforderungen. „Wir brauchen endlich ein akzeptables Angebot“, betonte Euskirchen.

Fachkräfteverband: Kita-Erzieherin ist Mangelberuf

Kinder ohne Erzieherin - immer öfter bleiben Stellen in Kitas unbesetzt. - Foto: Bistum Mainz
Kinder ohne Erzieherin – immer öfter bleiben Stellen in Kitas unbesetzt. – Foto: Bistum Mainz

„In dieser Tarifauseinandersetzung wird nicht nur über höhere Löhne, sondern auch über bessere Rahmenbedingungen verhandelt“, heißt es auch beim Kita-Fachkräfteverband Rheinland-Pfalz. „Ich bin seit über 30 Jahren Erzieherin, die Arbeit hat sich mittlerweile so verdichtet, dass eine bedürfnisorientierte Betreuung und gute frühkindliche Bildung nur noch sehr eingeschränkt leistbar sind“, schreibt die Verbandsvorsitzende Claudia Theobald in einem Offenen Brief an die Eltern im Internet, den Ihr hier nachlesen könnt.

„Unsere Berufsgruppe jammert nicht auf hohem Niveau. Die Betreuungsschlüssel und oft auch die räumlichen Voraussetzungen in unseren Kitas liegen weitab fachlicher Mindeststandards für eine kindgerechte Betreuung und Bildung“, schreibt Theobald weiter. Viele Kitas seien unterbesetzt und hätten Schwierigkeiten, Fachkräfte zu finden – in Mainz etwa sind derzeit rund 140 Kita-Stellen unbesetzt. Trotzdem behaupte der Arbeitgeberverband einfach, „dass Erzieherin kein Mangelberuf sei und es keinen Fachkräftemangel gäbe“, kritisiert Theobald: „Das ist für uns völlig unverständlich.“

 

„Der gravierende Fachkräftemangel gefährdet langfristig eine verlässliche Kita-Betreuung“, schriebt Theobald weiter. „Aufnahmestopps und Einschränkungen der Öffnungszeiten seien mittlerweile vielerorts unvermeidbar. „Die Kitas brauchen dringend bessere Rahmenbedingungen“, fordert sie weiter: „Gute Arbeitsbedingungen für Kita-Fachkräfte sind gute Rahmenbedingungen für Ihre Kinder.“

Auch in den Grundschulen wird die Betreuung am Mittwoch bestreikt. - Foto: gik
Auch in den Grundschulen wird die Betreuung am Mittwoch bestreikt. – Foto: gik

Nicht nur Kinder, Eltern, Kita-Fachkräfte und Träger seien von den Problemen betroffen, „unsere ganze Gesellschaft ist auf eine verlässliche Kinderbetreuung und Kitas, die gute Entwicklungschancen bieten, angewiesen“, betont die Verbandschefin. Nach zwei Jahren Pandemie mit ihren vielen Einschränkungen seien die Eltern „verständlicherweise erschöpft, und sehnen sich nach einer verlässlichen stabilen Betreuungssituation für Ihre Kita-Kinder – genauso geht es uns Erzieherinnen“, so der Brief weiter: „Die allermeisten Erzieherinnen wären froh, wenn bereits eine Einigung erzielt worden, und damit auch das Thema Streik vom Tisch wäre.“

Wie viele Kitas nun am Mittwoch erneut ihre Türen geschlossen haben, will die Stadt Mainz am Dienstag abfragen und dann – sofern bekannt – den Eltern mitteilen.

Info& auf Mainz&: Den ganzen Offenen Brief des Kita-Fachkräfteverbandes an die Eltern in Ludwigshafen könnt Ihr hier im Internet nachlesen. Mehr zum Kita-Streik vergangene Woche gibt es noch einmal hier bei Mainz&:

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