Die Erleichterung war mit Händen zu greifen: „Wir können es in wenige Worte packen: Wir können weiter machen“, sagte Filialgeschäftsleiter Torsten Außem am Freitagmittag. Nach Wochen des Hoffens und Bangens steht es jetzt fest: Der Mainzer Kaufhof ist tatsächlich gerettet. In intensiven Verhandlungen war es gelungen, den Mietzins für das Gebäude an der Schusterstraße einzufrieren und einen neuen Mietvertrag zustande zu bringen, bis 2028 gilt nun eine Übergangszeit. Die Mainzer Stadtspitze hatte massiv mitgemischt, über einen Kauf der Immobilie durch eine städtische Gesellschaft wird weiter verhandelt. Der Kaufhof will sich nun neu aufstellen.
Ende April hatte die Hiobsbotschaft von der neuerliche Insolvenz der Warenhauskette Galeria Kaufhof Mainz erschüttert, den völlig überraschend sollte auch der Mainzer Kaufhof Ende August geschlossen werden. Es wäre ein Riesenverlust für die Einkaufsstadt Mainz gewesen: Der Kaufhof in der Schusterstraße gilt als hoher Frequenzbringer für den gesamten Handel im Viertel, ein Leerstand hätte womöglich verheerende Folgen gehabt – schon jetzt finden sich im Umfeld des Kaufhofs knapp ein halbes Dutzend leer stehender Geschäfte.
Bislang hatte der Mainzer Kaufhof zudem als profitabel gegolten, nun aber sollte den Mainzer das Konstrukt mit der ebenfalls insolventen Eigentümergesellschaft Signa zum Verhängnis werden: Die Signa rief offenbar eine viel zu hohen Mietzins für das Gebäude auf. Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) und Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) gaben jedoch nicht auf: In intensiven Verhandlungen mit den Insolvenzverwaltern gelang es offenbar, eine neue Perspektive zu entwickeln.
Neuer Mietvertrag für Mainzer Kaufhof bis 2028
„Wir haben von Anfang an ganz klar zu dem Standort hier bekannt“, betonte Oberbürgermeister Haase am Freitag denn auch. Der Stadt sei klar gewesen: „Wir dürfen es uns nicht erlauben, hier einen Leerstand zu produzieren und auch nicht, die Belegschaft im Unsicheren zu lassen.“ Ende Mai hatte Haase dann trotz anderslautender überregionaler Meldungen berichtet, er führe gemeinsam mit Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) intensive Gespräche – und betont: „Etwas Hoffnung bleibt.“
Inzwischen hatte der Immobilien-Investor RFR Management GmbH mehrere der insolventen Warenhäuser von Signa gekauft, darunter auch das Haus in Mainz – das eröffnete neue Möglichkeiten. Und die wurden genutzt: „Jetzt ist klar: es gibt eine tolle Perspektive, einen Mietvertrag bis 2028“, verkündete Haase am Freitagmittag, und betonte: „Ich freue mich riesig, denn zu „Weck, Worscht und Woi“ in Mainz gehört eben auch Shoppen. Und dazu gehört auch ein starker Standort hier.“
„Wir freuen und gerade sehr, und sind sehr bewegt, dass wir die gute Nachricht bekommen haben, dass wir nicht schließen, dass wir eine Fortführungsperspektive haben“, sagte ein sichtlich erleichterter Filialgeschäftsleiter Torsten Außem. Die neue Perspektive „gehen wir jetzt mit neuer Kraft und großen Emotionen an, und wir freuen uns drauf.“ Seit über 130 Jahren sei die Galeria an diesem Standort als Warenhaus vertreten, „da sind wir stolz drauf, und wir freuen uns in ganz großem Maße, diese Geschichte hier weiter fortschreiben zu dürfen“, betonte Außem.
Rund 25.000 Unterschriften von Kunden forderten Erhalt
Der Filialleiter dankte zudem ausdrücklich für die große Unterstützung, die sein Haus von Seiten der Stadt Mainz, aber auch durch das Land Rheinland-Pfalz erfahren habe – aber auch durch die Kunden. „Wir haben seit Bekanntgabe der Schließung Ende April ein unglaubliche Solidarität erfahren“, berichtete Außem. 25.000 Unterschriften von Kunden seien für den Erhalt des Warenhauses zusammengekommen, es habe Hunderte Gespräche mit besorgten Kunden gegeben, „das ist eine unglaubliche Solidarität.“
„Wir freuen uns so sehr, dass wir weitermachen können“, sagte Außem und berichtete, als er die Durchsage habe machen können, seien „von beiden Seiten bei Kunden und Mitarbeitern Tränen geflossen.“ Auch der Stadt sei wichtig gewesen, „dass diese Botschaft so schnell wie möglich klargemacht werden kann, damit die Leute hier auch eine Perspektive haben, und dass klar ist, dass das Personal an dem Standort bleibt“, betonte auch Haase. Der Mainzer Kaufhof hatte wegen der drohenden Schließung insgesamt 90 Kündigungen aussprechen müssen, die sollen nun zurückgenommen werden, kündigte Außem an.
„Das ist ein guter Tag für die Stadt Mainz und ein wichtiger Tag für die Einkaufsstadt Mainz, und ganz besonders natürlich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, freute sich auch Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU). Das Warenhaus habe an dieser Stelle eine lange Tradition, „und jetzt haben wir eine Zukunftsperspektive“, unterstrich Matz – die müsse nun aber auch weiter entwickelt werden. „Wir haben jetzt die Beinfreiheit in den nächsten Jahren dafür zu sorgen, dass die Tradition jetzt auch noch weiter bestehen kann“, fügte Matz hinzu.
Modernisierung und Gastronomie: „Wollen die Mainzer Galeria sein“
„Beinfreiheit“ erhielt der Mainzer Kaufhof durch einen neuen Mietvertrag mit dem neuen Eigentümer RFR, der einen deutlich reduzierten und zudem für die nächsten Jahre eingefrorenen Mietzins enthält. Bis 2028 hat der Kaufhof nun Zeit, sich neu aufzustellen – Haase ließ durchblicken: Die Verhandlungen auch mit der Stadt über einen möglichen Kauf der Immobilie laufen weiter.
Eine Modernisierung werde man nun umgehend angehen, versprach Außem: „Wir wollen nicht den Status Quo fortschreiben.“ Durch die neuerliche Insolvenz habe der Kaufhof die Pläne, die da waren, gar nicht umsetzen können. Es seien „ganz konkrete Themen in der Bearbeitung“, betonte Außem, dabei gehe es auch „um die Hülle“: Das gehe „bei Boden und Licht los, über Wegeführungen und zeitgemäße Möbel, um die Ware entsprechend zu präsentieren“, zählte er Beispiele auf. Auf die Frage, ob auch angedacht sei, zusätzliche Partner ins Haus zu holen, sagte Außem: „Es ist denkbar, dass neue Partner mit auf die Fläche gehen“, aber konkrete Pläne gebe es da noch nicht.
Im Zuge der mittlerweile drei Insolvenzverfahren hatte unter anderem Matz mehrere Ideen für eine zusätzliche Nutzung des Gebäudekomplexes entwickelt – darunter auch eine Weinerlebniswelt. Außem betonte nun, eine Idee drehe sich „um gastronomische Inhalte“, da wolle man aber schauen, welche Partner aus der Region sich anböten. „Wir wollen hier nicht eine Galeria aus einer Galeria Schablone sein, wie es sie in jeder Stadt gibt – sondern wir wollen die Mainzer Galeria sein“, unterstrich der Filialleiter.
Appell an Mainzer: Kommt in die City, unterstützt die Geschäfte
Haase betonte, die Stadt werde dabei auch gerne weiter unterstützen: „Wir können Sie mit regionaler Kreativität aus Mainz unterstützen, da gibt es viele, viele Ideen und Ansätze“, sagte der OB. Die Stadt habe ja auch schon gute Erfahrungen mit Konzepten wie der LuLu im alten Karstadtgebäude gemacht. „Kaufhof in Mainz hat jetzt die Perspektive, die wir uns alle gewünscht haben“, sagte Haase: „Wir haben in Mainz eine hohe Kaufkraft, es lohnt sich, um unsere schöne Innenstadt und den Einkaufsstandort zu kämpfen.“
Haase verwies dabei auch auf das ebenfalls am Freitag verkündete neue Angebot des 0-Euro-Samstag, bei dem an jedem ersten Samstag im Monat ab Juli der ÖPNV in Mainz kostenlos sein wird. Das setze „einen wertvollen Impuls für die Belebung unserer Innenstadt“, freute sich Haase. Auch Matz appellierte an die Mainzer: „Kommen Sie in die Innenstadt, gehen Sie in die Geschäft, kaufen Sie ein – denn nur, wenn der Einzelhandel Kunden hat, kann er auch überleben.“
Auch die Mainzer Parteien begrüßten die Nachricht: Die Entscheidung sei „gut für die Beschäftigten, gut für die Kundinnen und Kunden, gut für Mainz als Einkaufsstadt“, sagten die SPD-Kreischefs Jana Schmöller und Ata Delbasteh, und betonten: „Unser gemeinsamer Einsatz hat sich gelohnt.“ Die Beschäftigten, die Gewerkschaft Verdi und die Politik hätten sich für das Haus stark gemacht, dass dies nun Erfolg gehabt habe, sei „ein Grund zur Freude.“
Auch die Mainzer CDU unterstrich, der Fortbestand des Kaufhofs sei enorm wichtig für die Stadt. „Das ist eine tolle und wichtige Nachricht für unsere Innenstadt und die gesamte Einkaufsstadt Mainz“, freute sich CDU-Fraktionschef Ludwig Holle, der vor allem Haase und Matz für ihren Einsatz dankte. Der Erfolg zeige, „dass man mit vernünftiger und beharrlicher Politik gute Impulse setzen und die Attraktivität der Stadt steigern kann“, fügte CDU-Stadtrat Torsten Rohe hinzu.
Info& auf Mainz&: Mehr zum Bangen um den Mainzer Kaufhof könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen. Die gesamte Pressekonferenz vom Freitag könnt Ihr hier auf unserem Facebook-Kanal selbst noch einmal nachhören.