Sie wollen ihrer Wut Luft machen und die Flughafen-Ausbau-Parteien zur Rechenschaft ziehen, und Dachziegel regnen lassen: Am Sonntag jährt sich die Einweihung der Nordwestlandebahn am Frankfurter Flughafen zum siebten Mal. Für die Bürgerinitiativen, die seither gegen Fluglärm kämpfen, ist es ein bitteres Jubiläum: Von Fluglärm-Entlastung keine Spur, im vergangenen Jahr stieg der Fluglärm rund um den Flughafen vor allem in den Nachtstunden massiv an – ausgerechnet unter einem grünen Verkehrsminister. Das Bündnis der Bürgerinitiativen ruft deshalb für Sonntag, den 21. Oktober, ab 12.05 Uhr unter dem Titel „5 nach 12“ zu einer großen Protestdemonstration am Frankfurter Flughafen auf.
„5 nach 12“ lautet das Motto, Umsteuern bei der Luftverkehrspolitik die Forderung. Der Luftverkehr entwickele sich mit einem Anteil von 22 Prozent zum weltweiten Klimakiller Nummer 1, der Luftverkehr als einer der Hauptverursacher müsse eingeschränkt werden, heißt es im Demonstrationsaufruf. Die Auswirkungen wie die gesundheitlichen Folgen des Lärms dürften nicht länger verharmlost werden. „Es ist fünf nach Zwölf – für unsere Gesundheit und das Klima“, betont die Mainzer Initiative gegen Fluglärm. Seit der Einweihung der Nordwestlandebahn lägen weite Teile des Rhein-Main-Gebiets „unter einem Lärm und Schadstoffteppich, der schwere Gesundheitsschäden bei den Flughafenanwohnern verursacht.“ Und es kämen immer mehr Risikofaktoren des Luftverkehrs – wie Ultrafeinstaub und die Folgen des Klimawandels – ans Licht.
Die Mainzer Initiative gegen Fluglärm will am Sonntag auch Dachziegel im Terminal regnen lassen, zur Erinnerung an die immer noch ungelöste Problematik der Wirbelschleppen. Noch immer funktioniere das Programm zum Klammern von Dächern nicht, es drohe weiter ein tödlicher Unfall, betont die Mainzer BI.
„Wir alle merken: es ist fünf nach zwölf, entschlossenes Handeln ist jetzt geboten“, sagte BBI-Sprecher Thomas Scheffler im Vorfeld: „Es darf keine Zeit mehr verloren werden, andernfalls hinterlassen wir den nachfolgenden Generationen eine Katastrophe.“ Und so wollen die Fluglärmgegner auch mit der Politik abrechnen. „Die Flughafenausbau- und Regierungsparteien in Hessen werden nicht ungeschoren davonkommen“, warnt Scheffler: „Wir erinnern uns an ihre Versprechen und messen sie an ihren Taten.“
CDU, SPD und FDP stünden für eine jahrzehntelange „Scheuklappenpolitik“, die davon ausgehe, dass alles was für den Flughafen gut sei auch für die Region und ihre Menschen gut sei, klagen die Fluglärmgegner. Und dem hätten sich nun auch die Grünen angeschlossen. Viele sind von den Grünen tief enttäuscht, weil Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) die Ansiedlung von Billigfliegern ermöglichte und das Terminal 3 nicht verhinderte. Die Grünen hätten „nichts aus ihrer ungeheuren Machtfülle für die Flughafenanwohner gemacht“, kritisieren die Fluglärmgegner: „Sie hören nix, sie sehen nix, sie wollen aber wiedergewählt werden.“
Am Freitag beschloss der Bundesrat auf Initiative der hessischen Landesregierung, dass künftig auch Fluglinien für die nächtlichen Verspätungslandungen belangt werden können sollen, und nicht mehr allein die Piloten. Mit dem Gesetz will Al-Wazir eine bessere Handhabe gegen nächtliche Verspätungslandungen bekommen, die Mainzer Initiative gegen Fluglärm wirft dem Minister dagegen Versagen vor: Durch sein Ja zur Ansiedlung von Billigfliegern in Farnkfurt habe Al-Wazir dafür gesorgt, dass „das mühsam erkämpfte und dennoch viel zu kurze ‚Nachtflugverbot‘ sogar faktisch auf 5 Stunden verkürzt wird“. Damit habe sich unter grüner Regierungsbeteiligung die Belastung der Menschen mit Fluglärm sogar noch erhöht.
Dabei hätten alle Parteien nach Eröffnung der Landebahn Nordwest und vor der Landtagswahl 2013 erklärt, dass der Fluglärm und die Belastung der Flughafenanwohner reduziert werden müsse, betont die BI. Diese Aussagen hätten sich inzwischen „als wahltaktische Lügen erwiesen.“ Wer gewählt werden wolle, solle sich „für die betroffene Menschen einsetzen und helfen, Fraport zu stoppen.“ Denn das ungebremste Wachstum von Fraport „gefährdet die Gesundheit der Menschen mit Fluglärm, Ultrafeinstaub, Dachziegeln und mehr.“ Das hessische Gesetz muss nun noch durch den Bundestag – eine Verschärfung des Nachtflugverbots, wie es sich die Bürgerinitiativen wünschen, sieht es nicht vor.
Auch Mainzer Stadtspittze ruft unterdessen zur Sonntagsdemo am 21. Oktober auf: Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) und Bürgermeister Günter Beck (Grüne) sprachen von einem „bitteren Geburtstag für die Region“. Die Einladugn für die Billigflieger sei „die künstliche Schaffung von Flugverbindungen“ gewesen, „für die es zuvor keinerlei Nachfrage in Frankfurt gab – mit all ihren Begleiterscheinungen und massiven Belastungen.“ Mit den Flügen habe Fraport „die klaffende Lücke der Prognose zur Realität“, also zwischen Vor-Ausbau-Proggnosen und dem dann nicht eingetretenen Boom füllen wollen, sagten Ebling und Beck.
Nun habe die Region einen Sommer der Flugausfälle und zahllosen Verspätungen mit vielen Flügen bis tief in die Nachtstunden hinein erlebt. „Fraport hat sich die Region durch dieses Verhalten nicht zum Freund gemacht“, kritisierten die beiden Mainzer, das Unternehmen handele nach dem Motto: „Nach uns der Sinkflug. Vor Ort werden enorme Gewinne eingefahren, der Schaden wird an die Region weitergereicht: Gesundheitsschäden, Luftbelastungen und Schlafstörungen sind die Folge.“ Fraport müsse „die Schraube zurückdrehen“, heißt es weiter: „Es kann kein stetes Höher-Schneller-Weiter mehr geben.“
Info& auf Mainz&: Die Demonstration „5 nach 12 – Demo für Gesundheit und das Klima und gegen den Fluglärm“, findet am Sonntag, 21. Oktober, ab 12.05 Uhr im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens statt. Informationen unter www.flughafen-bi.de