Das Coronavirus scheint mittlerweile für viele Menschen ganz weit weg, die Normalität kehrt derzeit mit Macht zurück: Die Coronazahlen sinken deutlich, Quarantäneregeln sind gelockert – das Coronavirus hat seinen Schrecken verloren. Doch vorbei ist die Pandemie damit noch lange nicht: Die aktuellen Zahlen geben nur noch einen Teil des tatsächlichen Geschehens wieder, die Dunkelziffer bei den Infektionen ist hoch – auch, weil es PCR-Tests nur noch mit positivem Corona-Schnelltest kostenlos gibt. Bleibt die Frage: Kommt das Virus noch einmal mit Macht zurück?
Die gute Nachricht: Die Coronazahlen sinken derzeit drastisch. Nach den Osterferien waren war die Zahl der Infektionen Ende April noch einmal deutlich auf eine Inzidenz von mehr als 1100 angestiegen, inzwischen haben sich die Zahlen nahezu halbiert. Am Mittwoch meldete das Gesundheitsamt Mainz-Bingen eine Sieben-Tage-Inzidenz von gerade einmal noch 617,9 im Landkreis Mainz-Bingen, in der Stadt Mainz sank sie gar auf 466. Rheinland-Pfalz weit liegt der Wert derzeit noch bei 513,3.
Experten wie die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek gehen derweil davon aus, dass die Infektionszahlen längst nicht mehr vollständig sind: Die Dunkelziffer sei vermutlich hoch, sagte Ciesek gerade gegenüber ZDF Heute. Das liegt gleich an mehreren Faktoren: So werden längst nicht mehr alle Corona-Fälle vollständig erfasst, die Menschen auch nicht unbedingt mehr per Test überprüft – wer Symptome hat, und lediglich einen Schnelltest macht, taucht in den amtlichen Statistiken gar nicht mehr auf.
Auch die Hürde zum PCR-Test ist höher geworden: Bezahlt wird der nur noch denjenigen, die einen positiven Schnelltest vorweisen können, doch bei manchen Erkrankten schlagen die Schnelltest einfach nicht an. In die Statistiken und amtlichen Meldungen fließt aber nur ein, wer einen positiven PCR-Test hat, doch deren Zahl sinkt seit Wochen: Zuletzt wurden noch rund eine Million PCR-Tests pro Woche durchgeführt, vor sechs Wochen waren es noch rund 2,35 Millionen pro Woche.
Dazu kommt: Die Bundesländer melden längst nicht mehr an jedem Tag alle Zahlen ans Robert-Koch-Institut (RKI) nach Berlin, Rheinland-Pfalz und Hessen etwa hatten Ende April beschlossen, an Wochenenden und Feiertagen keine aktuellen Corona-Zahlen mehr zu melden – seither schwanken die Zahlen in der Woche stark. So wurden Anfang der Woche erstmals seit September 2021 kein einziger Todesfall mehr im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung gemeldet – eine höchst irreführende Entwicklung: Am Folgetag, dem Dienstag, waren es wieder 240 Todesfälle.
Auch das RKI berichtet zunehmend von einer „geringeren Testaktivität“, der Mathematiker Kristan Schneider sagte deshalb gegenüber Heute.de: „Man sieht an den Zahlen, dass es sich hier nicht um eine Veränderung der Lage, sondern um Meldeverzüge handelt. Die Todeszahlen werden weiterhin hoch bleiben.“ Die Corona-Zahlen seien insgesamt „eine Katastrophe“, sagte Schneider weiter, Prognosen für den Herbst kaum abzuschätzen – er habe „großes Bauchweh“ beim Blick in die Zukunft.
Tatsächlich sind sich die Virologen einig: Das Virus wird zurückkommen, mit weiteren Coronawelle muss definitiv gerechnet werden – wie schlimm sie ausfallen, hängt davon ab, ob das Virus weiter mutiert, und ob sich aggressivere oder schwächere Varianten durchsetzen. Mit der Omikron-Variante mussten zwar weniger Menschen auf Intensivstationen behandelt werden, wirklich harmlos war aber auch diese Corona-Mutation nicht, wie die anhaltend hohen Todeszahlen zeigen.